Besuch des belgischen Königspaars: Der Tag, an dem der König nach Dresden kam
Ungewöhnliches geht vor sich auf dem historischen Weihnachtsmarkt an der Frauenkirche. Zwischen Grillküche und Krippe werden rote Absperrbänder aus silbernen Ständern gezogen. Polizisten patrouillieren durch die engen Gassen. Kamerateams bringen sich in Stellung. Niederländisch und Französisch sind zu hören. Die meisten Marktbesucher haben Fragezeichen im Gesicht. „Entschuldigung, worauf warten Sie hier?“, fragt ein Herr mit Stock und bereitwillig geben die Eingeweihten Auskunft.
Das belgische Königspaar ist am Donnerstag zu Gast in Dresden. Es ist der Abschluss ihres dreitägigen Besuchs in Deutschland. Begleitet werden König Philippe und seine Frau Mathilde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dessen Frau Elke Büdenbender sowie Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und seiner Frau Annett Hofmann.
Bevor sie am späten Nachmittag auf dem Weihnachtsmarkt Biowinzerglühwein und Stollen verkosten dürfen, haben sie ein straffes Programm vor sich. Es beginnt am Vormittag mit einem Besuch des Mikrochipunternehmens X-Fab. Konzernchef Rudi De Winter begrüßt das Königspaar in der Fabrik im Dresdner Norden. Bei dieser Gelegenheit hebt Kretschmer die Rolle Belgiens für die europäische Chipproduktion hervor. „Ohne Belgien, ohne Imec würde es in Europa keine Mikroelektronik geben“, sagte er. Hinter Imec verbirgt sich ein belgisches Forschungszentrum für Nano- und Mikroelektronik. Den Vorträgen zur Zukunft der Chipbranche lauscht das Königspaar von der ersten Reihe aus. Vor dem Hinausgehen drehen sich die beiden zum Publikum um, sodass sie jeder zumindest kurz sehen kann.
Bessere Chancen sollten sich anschließend jedoch in der Dresdner Altstadt ergeben. Hier steht zunächst die Eintragung ins Gästebuch im Blockhaus an der Augustusbrücke auf dem Programm. Obwohl es einer dieser trüben Tage ist, an denen die Sonne gar nicht erst aufgehen mag, haben sich schon früh erste Schaulustige versammelt. Neben dem Fußweg ist auch die Brücke gesperrt, über die die prominenten Gäste gleich spazieren sollen. Für kurze Zeit kreist ein Hubschrauber über dem Platz.
Gegen 13.30 Uhr bringt dann Königin Mathildes leuchtend roter Mantel einen Farbtupfer ins graue Panorama. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Dirk Hilbert läuft das Königspaar in Richtung Altstadt. Verglichen mit anderen hohen Besuchen hält sich das Interesse der Dresdner und Touristen in Grenzen, was wohl auch daran liegt, dass die Routen zunächst weiträumig abgesperrt sind.
„Wir dachten erst, es ist eine Bombendrohung“, sagt ein Rentner auf dem Weg zum Weihnachtsmarkt. „Aber das ist ja ein erfreulicher Zufall.“
Zu den wenigen echten Bewunderern der Königsfamilie gehört Camilla Mauersberger. Die 23-Jährige ist mit ihrer Familie extra aus dem Erzgebirge angereist und wartet geduldig zwei Stunden an der Augustusbrücke. „Ich bin ein großer Fan von europäischen Königshäusern“, sagt sie. „Das belgische gefällt mir besonders, weil Mathilde ihren Mann so menschlich und zugetan macht. Es ist mein erstes Königspaar, das ich zu Gesicht bekomme.“ Wenige Minuten später ist ihre Euphorie ein wenig gedämpft. „Ich bin etwas enttäuscht, dass sie so weit weg waren. Man hat es unglaublich weit abgesperrt, das hätte nicht sein müssen.“
Doch so schnell will Camilla nicht aufgeben. Eine Chance bleibt ihr noch. Nach Abstechern in die Gemäldegalerie Alte Meister und die Frauenkirche lässt das Protokoll auf dem Weihnachtsmarkt ein kurzes Bad in der Menge zu. Viele Besucher zücken ihre Smartphones und machen Bilder, wenngleich die wenigsten wissen, wer ihnen da überhaupt so freundlich zuwinkt. Wichtig müssen die aber sein, das steht fest. Einige glauben, gelesen zu haben, dass es sich um die niederländische Königin Máxima handele. Knapp daneben.
Eine ältere Dame mit grüner Filzkappe isst ein gefülltes Handbrot und versteht die ganze Aufregung nicht. "Wen interessiert denn das?", fragt sie. „Da könnte der Kaiser von China kommen, und es wäre mir egal.“
Die Gäste sind derweil bester Laune. Staunend lassen sie sich am Glashütte-Stand die Kunst der Glasbläserei vorführen, bevor sie sich mit herzlichen Umarmungen und vielen „Thanks Yous“ von ihren Gastgebern verabschieden.
Und Camilla? Die erlebt am Ende doch noch ihren großen Moment, kämpft sich durch die Menschenmassen bis zur Königin vor und überreicht ihr einen Weihnachtswichtel. "Dieser Moment bleibt mir für immer in Erinnerung", so der überglückliche Fan.