Pirna/Dresden. Seit Mitte Oktober werden Einreisen nach Deutschland an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz mit stationären Kontrollen überwacht. Die Maßnahme hat das Ziel, illegale Migration zu bremsen und gegen kriminelle Schleuser vorzugehen. In der neuen Folge des Podcasts "Thema in Sachsen" bei Sächsische.de wird analysiert, wie die Kontrollen ablaufen, welche Erfolge es bereits gibt und ob der hohe Aufwand auch nachhaltig sein kann.
Axel Bernhardt, Polizeihauptkommissar und Sprecher der Bundespolizeiinspektion Pirna, berichtet eindrücklich von den Erlebnissen, die seine Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen Monaten im grenznahen Raum gemacht haben. Menschen würden wie Waren transportiert, erzählt er. "Wir haben erlebt, dass Dichtungen aus Türen herausgerissen wurden, um im Innenraum von Transportern an Frischluft zu kommen." Oftmals zeige sich beim Aufdecken einer Schleusung, auf welche "perfide Art und Weise" die dahinter steckenden Organisationen vorgingen.
Die Kontrollen würden bereits Wirkung entfalten, berichtet Bernhardt. Genau Zahlen lägen noch nicht vor. Aber dass Schleuser aktuell die üblichen Routen meiden, also entsprechend riskante Transporte weniger durchführen, sei ein Ergebnis.
Außerdem erklärt der Bundespolizist, wie die Grenzbeamten neben den Kontrollen agieren. Präzise schildert Bernhardt, wie die sogenannte Schleierfahndung funktioniert und so bis weit ins Landesinnere noch Feststellungen erfolgten.
Betreibt die CDU in Sachsen mit den Kontrollen Wahlkampf?
Dass Handeln nötig sei, um derart gefährliche Einwanderungsversuche zu unterbinden, findet auch Sven Hüber. Allerdings ist er, Vizechef der Polizeigewerkschaft GdP und Hauptpersonalrat der Bundespolizei, ein großer Kritiker der Grenzkontrollen. Zwei Dinge stören ihn daran besonders: die Umsetzung und der Nutzen.
"Die Vorbereitung der Maßnahme lief desolat", urteilt er. Es habe in den ersten Tagen große Probleme mit der Ausrüstung gegeben. Für den bevorstehenden Winter sieht er Nachholbedarf. Viel größer wiegt für Hüber allerdings, dass der immense Aufwand wenig nütze. "Es ist nach wie vor so, dass jeder Schutzsuchende zur Prüfung im Land aufgenommen werden muss. Die Kontrollen bewirken dadurch sogar mehr Aufnahmen in sächsischen Erstaufnahmeeinrichtung." Hüber hält die mit den Kontrollen verbunden Hoffnungen für leere Versprechen.
Dass Sachsen bereits im Vorfeld der Kontrollen eben diese lange gefordert habe, hält er für Wahlkampfgetöse der Union um das von Armin Schuster (CDU) geführte Innenministerium. "Eine seriöse Politik hätte die Bürger von vornherein ganz klar aufklären müssen, dass das EU-Recht und das Völkerrecht eine Zurückweisung von Flüchtlingen in Nachbarstaaten nicht zulässt und deshalb Grenzkontrollen nicht dazu führen können."
Schuster: Wünsche mir Verlängerung der Kontrollen um sechs Monate
Armin Schuster, der ebenfalls in dem Podcast spricht, hält dagegen. "Ich glaube, dass der Vorbehalt von Herrn Hüber, das sei Wahlkampf, an den Haaren herbeigezogen ist, weil ich mit der Bundesinnenministerin über solche Themen seit Sommer letzten Jahres verhandle." Die laufenden Kontrolle bewertet er bereits als Erfolg. Damit der Effekt aber nachhaltig werde, hat er eine klare Vorstellung: "Ich wünsche mir, dass die dass die Grenzkontrollen auf sechs Monate verlängert werden." Gegenwärtig geplant ist, dass die Kontrollen bis Mitte November laufen.
Gäste in dieser Folge
Polizeihauptkommissar Axel Bernhardt ist Sprecher der Bundespolizeiinspektion Pirna. Das Zuständigkeitsgebiet dieser Inspektion erstreckt sich über die Bundesländer Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Kontrollen finden entlang der sächsischen Grenzen zu Polen und Tschechien statt. Im Podcast berichtet Bernhardt von den bisherigen Erfahrungen damit.
Sven Hüber, stellvertretender Vorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP und Hauptpersonalrat der Bundespolizei, kritisiert die Grenzkontrollen scharf. Im Podcast bezweifelt er die Maßnahme und hält Investitionen in Personal und Ausrüstung langfristig für sinnvoller, um gegen kriminelle Schleuser vorzugehen.
Armin Schuster (CDU), Innenminister von Sachsen, wehrt sich gegen die Kritik der GdP und begründet, wieso Grenzkontrollen als Teil eines Bündels an Maßnahmen aktuell nötig seien.
Ergänzende Links zum Thema der Podcastfolge:
- Kretschmer zur Asylpolitik: „Können nicht immer sagen, wir sind machtlos“
- Sachsens Innenminister Schuster sieht Wirkungen von Grenzkontrollen
- Grenzkontrollen: Flüchtlinge weichen auf Bahnbrücken über Neiße aus
- Erste Bilanz nach stationären Grenzkontrollen
- Faeser verlängert stationäre Grenzkontrollen um weitere 20 Tage
- Der Tag, als die Grenzkontrolle wieder kam
- Die Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels
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