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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Bund will mehr Platz für Flüchtlinge schaffen + Energiekrise: Freistaat drängt auf schnelle Entlastungen + Demos: Aufregung nach Pöbeleien und Tweet

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Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) mahnt den Bund, die geplanten Entlastungen schnell umzusetzen. Reicht das?
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) mahnt den Bund, die geplanten Entlastungen schnell umzusetzen. Reicht das? © dpa

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Guten Morgen,

in einem Land, dessen politische Führungsspitze gerne mit dem Finger auf fehlende Entscheidungen im fernen Berlin zeigt, anstatt anzupacken und das absehbar Notwendige auch selbst anzugehen, lebt es sich scheinbar leichter. Denn das "Versagen" wohnt ja eben in der Ferne. Doch politisches Vertrauen geht meist in der Nähe am schnellsten verloren. Und das leider meist erschreckend nachhaltig.

So betonte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gestern bei den Gesprächen seiner Ministerriege mit Bundesministern in Berlin erneut, dass er erstmal auf Lösungen dort warten müsse, bevor Sachsen sich quasi darauf einstellen und darauf reagieren könne – leicht verkürzt, aber sinngemäß sehr deutlich. Es war der Tag, an dem Bayern beschloss, seinen geplanten "Härtetefall-Fonds" für mittelständische Unternehmen, Vereine, Sozialeinrichtungen und Privatschulen von einer halben Milliarde voraussichtlich auf bis zu eine Milliarde aufzustocken. Keine Symbolpolitik, vielmehr ein auch beruhigend wirkendes Signal ins Land hinein. Die Details sollen Anfang November geklärt sein. Andere Bundesländer haben schon vor Wochen bereits ähnliche "Sicherheitsnetze" gespannt. Niemand soll ins Bodenlose stürzen, so lautet das Versprechen – leicht verkürzt, aber sinngemäß ganz klar.

Und da reden wir mal noch gar nicht von einem Beispiel wie Freiberg. Die Stadt schafft jetzt einen eigenen "Nothilfe-Fonds". Wer seine Energie-Rechnungen nicht mehr bezahlen kann und auch keine staatliche Hilfe erhält, soll mit diesem kommunalen Netz quasi aufgefangen werden. Geht doch.

Wie gut, dass manche nicht warten, bis andere in Berlin etwas regeln, um dann drauf reagieren zu können.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen:

Flüchtlinge: Bund will zusätzlich Platz schaffen

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen, von denen auch Sachsen stark betroffen ist, will der Bund eigene Immobilien für die Unterbringung von 4.000 Geflüchteten zur Verfügung stellen, zum Beispiel Kasernen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte nach einem Spitzengespräch mit Vertretern von Ländern und Kommunen am Dienstag zudem eine Verlängerung der Kontrollen an der Grenze zwischen Bayern und Österreich über den November hinaus an. Faeser forderte die serbische Regierung im Namen der Bundesregierung auf, die visumsfreie Einreise für Staatsangehörige vieler Drittstaaten, die zu einer Zunahme der unerlaubten Einreisen in die EU geführt habe, zu stoppen. Um die Finanzen zwischen Bund und Ländern soll es Anfang November gehen.

Um illegale Einreisen nach Deutschland zu verhindern und vor allem Schleuser zu fassen, gehen deutsche und tschechische Polizisten im Dreiländereck bei Zittau - dem Ende der Balkan-Route - nun gemeinsam vor. Am Dienstag hatte das sogenannte Schengen-Team seine erste große Bewährungsprobe: In einem zehnstündigen Großeinsatz kontrollierten gemeinsame Streifen sämtliche grenzüberschreitende Straßenverbindungen im Raum Zittau und im Zittauer Gebirge. Saechsische.de war dabei.

Entlastungen: Freistaat drängt auf Umsetzung

Sachsen drängt nach einer gemeinsamen Sitzung mit Ministern der Bundesregierung auf eine rasche Entlastung bei den Energiepreisen. "Die Menschen in Deutschland brauchen schnell Klarheit, welche Entlastung es geben wird", sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin. Man sei jetzt auf einem richtigen Weg. Auch in Sachsen werde es Unterstützungsmaßnahmen geben. Je eher man Klarheit habe, welche konkreten Entlastungsschritte es vom Bund geben werde, desto eher könne auch Sachsen Entscheidungen treffen. Zur langfristigen Lösung der Energiekrise will Kretschmer eine fachübergreifende Kommission - ähnlich wie beim Kohleausstieg. Das Wichtigste zur Energiekrise gibt es in unserem Newsblog.

Bei dem Treffen gab es auch Annäherungen in weiteren Punkten, wenn auch keine Entscheidungen. So sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zu, dass der Planungsstart für die ICE-Strecke Berlin-Görlitz schnellstmöglich geklärt werden soll. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) versprach, sich für eine Flexibilisierung der Fördermittel für den Strukturwandel in den Kohlerevieren einzusetzen.

Jung und Kretschmer verurteilen Pöbeleien

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) haben Pöbeleien gegen Ukrainer während einer Demonstration am Montagabend in Leipzig verurteilt. Aus einem "seltsamen Gemisch von Rechtsradikalität, Feinden der Demokratie, seltsamer freundschaftlicher Anmutung, Putin zu verstehen, und Reichsbürgern" entlade sich Wut gegenüber Geflüchteten, die er unerträglich finde, sagt der SPD-Politiker Jung. Kretschmer nennt die Beschimpfungen "unmöglich und nicht akzeptabel". "Wir sind an so vielen Stellen auf wunderbare Weise Zeugen geworden, wie hier Nächstenliebe praktiziert wird. Von daher verurteilen wir das. Es widert uns an und wir wehren uns dagegen."

Derweil sorgt ein Vorfall am Rande einer Pro-Ukraine-Demo am Montag in Dresden für Empörung. Eine russische Gastwirtin aus Mittweida hat bei Tiktok ein Video von dem Protest veröffentlicht. Eine Sprecherin im Video spricht Putin dabei mit seinen zwei Vornamen an. "Wladimir Wladimirowitsch, das war heute wenig", sagt sie auf Russisch. "Hier bei uns in Dresden kann man das gut auch einmal machen." Auf Twitter wird unterstellt, die Sprecherin meine, Russland hätte die Ukraine an diesem Montag mit noch mehr Raketen beschießen sollen und könne das auch in Dresden tun. Die Polizei hat das Material gesichert. Auch die Leipziger Volkszeitung und die Freie Presse berichtet. Gegenüber dem "Tagesspiegel" äußert sich die Gastwirtin zum Video. "Ich realisiere, dass es falsch war und es tut mir sehr leid."

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