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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Neue Details zu Sachsens Reichsbürger-Szene + Razzia bei "Letzte Generation" + CDU stimmt für AfD-Antrag + Sachsen-Koalition will Impfziele festlegen

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Sachsens Innenminister Armin Schuster hat neue Details zur Reichsbürger-Razzia in der vergangenen Woche genannt. Gegen ein Gerücht wehrt er sich.
Sachsens Innenminister Armin Schuster hat neue Details zur Reichsbürger-Razzia in der vergangenen Woche genannt. Gegen ein Gerücht wehrt er sich. © dpa

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Guten Morgen,

es gibt so Tage im Leben von landespolitischen Beobachtern, die mit einem Largo beginnen, sich zum Adagio entwickeln, dann ganz geschwind bis zum Nachmittag zu einem Fortissimo aufbrechen und am Abend dann doch müde-erschöpft ausklingen.

So war es auch gestern morgen, als eine kleine Abstimmung im Bautzener Kreistag – nicht wegen des Inhalts, sondern wegen der der Zusammensetzung der Zustimmenden – zunächst sanft nach Dresden herüberschwappte und anschließend sogar bundesweit Wellen schlug.

Doch genug der Sprach-Bilder: Es ging um einen Antrag der AfD im Bautzener Kreistag, der vorsah, freiwillige Integrationsleistungen des Kreises für "ausländische Staatsangehörige" zu kürzen, die "im Bundesgebiet kein Aufenthaltsrecht haben und vollziehbar zur Ausreise verpflichtet sind". Das Wort Asylbewerber wurde wohl extra gemieden, auch das Wort Flüchtlinge kam nicht vor. Stattdessen drehte sich alles darum, wer denn nun künftig ausgeschlossen werden sollte.

Die CDU-Fraktion im Kreistag stimmte dem Antrag nahezu geschlossen zu. Früher hätte man das einen "Dammbruch" genannt – Jahre später ist man ratlos, wie man die politische "Dauerkuschelei" zwischen CDU und AfD im Kreis noch bezeichnen soll.

Die bedenklichen politischen Missklänge im demokratischen Miteinander in der Region Bautzen konnte auch eine kleiner "Warn-Tusch" aus Richtung CDU-Landesverband am Abend nicht übertönen. Erst auf Nachfrage von sächsische.de reagierte CDU-Generalsekretär Alexander Dierks auf die schwarz-blaue Gemeinschaftsaktion im Kreis Bautzen. Eine "Zusammenarbeit mit der AfD steht für die Sächsische Union nicht zur Debatte und ist ausgeschlossen", teilte Dierks mit. Nun – beides wurde durch eine regionale CDU-Gruppe widerlegt. Wieder einmal. Und wieder einmal ohne allzu große Konsequenzen. Oder kurzum: Wo ein Damm längst weg ist, kann künftig auch nichts mehr brechen.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

Reichsbürger: 23 Objekte in Sachsen durchsucht

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) hat weitere Details zur Reichsbürger-Razzia bekanntgegeben. Allein in Sachsen seien am vergangenen Mittwoch 550 Beamte im Einsatz gewesen, 300 davon vom Landeskriminalamt. Es seien im Freistaat 23 Objekte durchsucht worden. Zumindest drei davon liegen im erzgebirgischen Olbernhau. Nach Informationen von saechsische.de tauchten die Beamten auch in Adorf/Vogtland, in Freiberg sowie in den Kreisen Leipziger Land und Nordsachsen auf. Laut Schuster gibt es insgesamt acht Beschuldigte. Er könne nicht bestätigten, was über soziale Netzwerke wie Twitter verbreitet worden sei, dass nur ein, zwei Waffen gefunden worden sind. "Das ist alles Mumpitz", sagt Schuster.

"Letzte Generation": Razzia auch in Sachsen

Mit Durchsuchungen in mindestens sieben Bundesländern sind Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstag gegen Klimaschutz-Demonstranten der Gruppe "Letzte Generation" vorgegangen. Betroffen seien Wohnungen und andere Räume in Bayern, Baden Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen, teilten die Klimaschützer am Dienstag mit. Außer Leipzig wollte die Gruppe zunächst keine konkreten Orte nennen. Auch in Cottbus soll es eine Durchsuchung gegeben haben, hieß es jedoch aus Ermittlerkreisen. Wie die Leipziger Volkszeitung berichtet, soll wie bereits im November die Wohnung des Klimaschützers Jakob Beyer durchsucht worden sein. Konkreter Anlass für die Razzia sind mehrere Attacken von Klimaaktivisten auf Anlagen der Raffinerie PCK Schwedt.

Derweil haben Klimaprotestler der Gruppe "End Fossil: Occupy!" die Besetzung des größten Hörsaals der Universität Leipzig fortgesetzt. Sie fordern unter anderem, dass die Hochschule bis 2030 klimaneutral wird. Im Interview mit saechsische.de stellt auch Roman Behrends von der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) Forderungen an die sächsischen Hochschulen auf. "Es fehlt an konkreten Maßnahmen und Selbstverpflichtungen", sagt er.

Kreistag Bautzen: CDU stimmt für AfD-Antrag

Nach einem gemeinsamen Beschluss von AfD und CDU im Kreistag Bautzen gibt es Kritik vor allem aus den Reihen der Grünen. Die AfD hatte in der Sitzung am Montagabend beantragt, dass Flüchtlinge, die sich trotz ihrer Ausreisepflicht weiterhin im Land befinden und kein Aufenthaltsrecht haben, künftig von Integrationsleistungen ausgeschlossen werden. Einzig der ehemalige Bischofswerdaer Bürgermeister Andreas Erler stimmte aus der CDU-Fraktion gegen den Antrag, fünf weitere enthielten sich. Sachsens CDU-Generalsekretär Alexander Dierks kritisierte den gemeinsamen Beschluss. Der Kreistag stimmte ebenso gegen die Einrichtung eines Flüchtlingsheims in Hoyerswerda, weswegen Landrat Udo Witschas (CDU) nun in Nöte kommt.

Grünen-Kreisrat Jonas Löschau bezeichnete es als "Dammbruch", dass ein AfD-Antrag durch ein geschlossenes Votum der CDU zum Erfolg führt. Grüne-Landeschefin Marie Müser äußerte sich am Dienstag ähnlich. "CDU-Chef Friedrich Merz hat eine Brandmauer gegen die AfD verkündet und mit Parteiausschlüssen im Fall einer Zusammenarbeit gedroht. In der Realität sehen wir in an verschiedenen Stellen in Sachsen die Verbandelung von AfD und CDU - wie jetzt in Bautzen." Löschau findet den Antrag auch inhaltlich falsch. In der Praxis würden viele abschiebepflichtige Geflüchtete eben weiterhin in Deutschland leben. "Sollen die dann ohne soziale Kontakte hier leben? Das kann nicht der Wunsch sein."

Sachsen-Koalition will Impfziele festlegen

Die drei sächsischen Regierungsfraktionen CDU, Grünen und SPD wollen für den Freistaat Impfziele festlegen. In einem Antrag, der am Freitag im Landtag voraussichtlich beschlossen wird, verweisen sie auf das benachbarte Bundesland Sachsen-Anhalt. Das habe für sich definiert, "dass 90 Prozent der Bevölkerung über einen altersgerechten Impfstatus verfügen sollen". Die drei Landtagsfraktionen verlangen unter anderem von der Landesregierung, bis Ende Juni kommenden Jahres den "Runden Tisch Impfen" einzuberufen. Er soll regelmäßig beraten, "wie die Impfquoten gesteigert und welche Impfziele vereinbart werden können". Wichtig ist den Fraktionen: Es soll dabei um Freiwilligkeit gehen.


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