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Was die Bauern-Proteste und die "Letzte Generation" gemeinsam haben

Mit Straßenblockaden ist besonders die "Letzte Generation" aufgefallen - nun versperren Bauern in Sachsen die Autobahnen. Wie blicken sie auf die Klimaschützer - und andersherum?

Von Luisa Zenker & Moritz Schloms
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Was haben die Straßenblockaden der Bauern und der "Letzten Generation" gemeinsam?
Was haben die Straßenblockaden der Bauern und der "Letzten Generation" gemeinsam? © Bildmontage: Christoph Gollnow/dpa; Sebastian Kahnert/dpa

Dresden. Am Montagmorgen haben die Landwirte vom Verein "Land schafft Verbindung" mit über 100 angemeldeten Demonstrationen den Verkehr in Sachsen lahmgelegt. Die Blockadeaktionen werden in den sozialen Netzwerken immer wieder mit den Straßenblockaden der "Letzten Generation" verglichen. Auf die Straße kleben oder sie mit einem Traktor lahmlegen – gibt es einen Unterschied? Landwirt und Mit-Organisator der Blockaden Marc Bernhardt: "Ich möchte die Aktionen der Letzten Generation nicht kommentieren, das steht mir nicht zu."

Zu den eigenen Aktionen am Montag sagt der 37-Jährige: "Unsere Blockaden werden alle angemeldet und intensiv mit den Ordnungsbehörden durchgesprochen, das ist der große Unterschied zu denen, die sich einfach irgendwo festkleben und dann auf Aufforderung nicht weggehen." Die Bauern würden bei entsprechenden Hinweisen der Polizei sofort den Weg frei machen.

Landwirte blockieren mit ihren Traktoren die Autobahnauffahrt Dresden Wilder Mann. Links ist ein Schild mit der Aufschrift "Hütet euch vor Sturm und Wind und Bauern, die in Rage sind" angebracht.
Landwirte blockieren mit ihren Traktoren die Autobahnauffahrt Dresden Wilder Mann. Links ist ein Schild mit der Aufschrift "Hütet euch vor Sturm und Wind und Bauern, die in Rage sind" angebracht. © dpa/Sebastian Kahnert

Polizeisprecher Richard Baldeweg vom Innenministerium bestätigt, dass die Blockaden der Letzten Generation regelmäßig nicht angezeigt waren, "weshalb im Vorfeld kein Kooperationsgespräch stattfand und kein Beschränkungsbescheid durch die Behörden erstellt werden konnte." Den Protesten von Bauern und der "Letzten Generation" sei gemein, dass beide Demonstrationen unter das Versammlungsgesetz fallen. Außerdem: "Beide Protestformen tangieren unmittelbar die öffentliche Sicherheit, einschließlich Grundrechte anderer Personen."

Klimaschützer planen für Dienstag eigene Blockade

Der Dresdner Physiker und Klimaschützer Christian Bläul gilt als einer der Köpfe der "Letzten Generation". Er sagt: "Wir sehen Straßenblockaden als demokratisches Mittel, solange es friedlich bleibt und Rettungsgassen frei bleiben." Er findet die Bauernproteste legitim: "Das finanzielle Leid der Bauern ist real. Regionale Lebensmittelerzeugung muss fair, also deutlich besser als jetzt bezahlt werden."

Er sagt aber auch: "Die Kürzung von klimaschädlichen Subventionen ist wichtig für Bauern, die bereits heute unter den Folgen der Klimakrise leiden. Die Kürzung kam allerdings mit deutlich zu wenig Vorlaufzeit, um batterieelektrisch betriebene Geräte alltagstauglich verfügbar zu machen."

Aktivist Christian Bläul gilt als einer der Köpfe der "Letzten Generation"
Aktivist Christian Bläul gilt als einer der Köpfe der "Letzten Generation" © Sven Ellger

Die Letzte Generation plant nun zudem eine eigene Verkehrsblockade am Dienstagmorgen in Dresden. Sie protestieren einerseits für eine Verkehrswende, andererseits rücken sie auch den Bauernprotest ins Zentrum ihrer Aktion. Die Marktmacht großer Lebensmittelhändler auf die Lebensmittelpreise müsse ihnen zufolge reduziert werden. Die EU-Agrarpolitik müsse so aufgestellt sein, dass Bauern Klimaschutz und Klimaanpassung bezahlen können, fordert die Letzte Generation aus Dresden.

Beide Gruppen rechtfertigen ihren Protest ähnlich

Dass die Blockaden überhaupt notwendig seien, rechtfertigt Bauer Bernhardt so: Die Bauern hätten in den vergangenen Jahren den Kontakt in die Politik gesucht, hätten oft vor Landtagen oder dem Bundestag demonstriert, jedoch hätten sie nicht als warme Worte erhalten. Jetzt seien die Bauern in so einer existenziellen Schieflage geraten, dass die Bevölkerung aufgerüttelt werden müsse.

Ähnlich hatte sich auch Christian Bläul in einem Interview bei Sächsische.de geäußert. Er sagte im Mai 2023 über die Notwendigkeit von Straßenblockaden: "Wir haben zahlreiche andere Wege ausprobiert, aber nie genug Aufmerksamkeit generiert, um in den Köpfen zu bleiben." Aufregung sei momentan die wichtigste politische Währung.