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So lief das Debüt von Dynamos Trainer

1:2 in Bremen. Guerino Capretti verliert seine erstes Partie als Dynamo-Trainer. Die Leistung der Mannschaft macht ihm Mut. Die Analyse zum Spiel.

Von Timotheus Eimert
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Ist nach einem guten Spiel seiner Mannschaft etwas ratlos: Dynamos neuer Cheftrainer Guerino Capretti.
Ist nach einem guten Spiel seiner Mannschaft etwas ratlos: Dynamos neuer Cheftrainer Guerino Capretti. © nordphoto/Kokenge

Bremen. Auch nach erst fünf Tagen im Amt weiß Guerino Capretti, wie wichtig ein gutes Verhältnis zu den eigenen Fans ist. So lobt Dynamos neuer Trainer die rund 1.000 mitgereisten Anhänger nach der 1:2-Niederlage beim Tabellenführer Werder Bremen besonders: „Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass ich mich für die Unterstützung der Fans bedanke. Sie sind so zahlreich erschienen und waren sehr lautstark. In gewissen Phasen habe ich nur unsere Fans gehört“, sagt der 40-Jährige.

Capretti ist ein Kommunikator, das haben die ersten Tage gezeigt und das betonen auch seine Spieler. „Er hat sehr viel mit uns gesprochen, auch bis kurz vor dem Spiel im Hotel noch“, sagt Tim Knipping, der nach seinem Kreuzband- und Innenbandriss im linken Knie und 197 Tagen Verletzungspause gegen Bremen ein gutes Comaback feiert. „Er hat uns sehr viel Selbstvertrauen eingeredet, dass wir mutig sein sollen.“ Das zeigt die Mannschaft, weshalb Capretti trotz der Niederlage nicht unzufrieden ist: „Wir spielen auswärts bei Werder Bremen, eine fast volle Hütte, da wollten wir mutig sein, frech auftreten. Wir wollten direkt zu Beginn eine Präsenz und eine Wucht haben. Wir waren am Drücker und haben den Gegner auch überrascht.“

In den ersten Minuten überrollt Dynamo das Zweitliga-Spitzenteam förmlich, erarbeitet sich mehrere Chancen. Zwei Minuten sind gespielt, als Oliver Batista Meier einen Eckball schlägt, Knipping mit dem Kopf verlängert, Ransford-Yeboah Königsdörffer sein rechtes Knie hinhält – und Dynamo mit 1:0 führt. „Wir sind sehr gut ins Spiel gestartet, haben dann aber schnell das Gegentor bekommen“, meinte der Torschütze anschließend.

Jene Situation zeigt, was Dynamo von einer Mannschaft wie Bremen trennt. Das wohl beste Team der Liga hat trotz eines so schnellen Rückstands das Selbstvertrauen, weiter mutigen Kombinations- und Angriffsfußball zu spielen. So dauert es lediglich eine Viertelstunde, bis Anthony Jung in die Spitze auf Niclas Füllkrug passt, dieser direkt weiter auf Sturmpartner Marvin Ducksch spielt, der im Doppelpass Füllkrug bedient und dieser aus neun Metern problemlos zum Ausgleich trifft. „Bremen hat offensiv eine wahnsinnige Qualität. Das 1:1 ist wahnsinnig gut gespielt. Das ist Einkontaktfußball. Da muss man einfach mal den Hut vorziehen“, sagt Knipping, der bei dem Gegentor nicht in den Zweikampf kommt, weil Bremen eben alles direkt spielt.

Es ist ein Foto mit den Protagonisten eines unterhaltsamen Spiels – und eines mit Symbolkraft: Bremens zweifacher Torschütze Niclas Füllkrug zieht Sebastian Mai (links) und Tim Knipping davon, die bei Dynamo ihr Startelf-Comeback gaben.
Es ist ein Foto mit den Protagonisten eines unterhaltsamen Spiels – und eines mit Symbolkraft: Bremens zweifacher Torschütze Niclas Füllkrug zieht Sebastian Mai (links) und Tim Knipping davon, die bei Dynamo ihr Startelf-Comeback gaben. © dpa/Carmen Jaspersen

Ähnlich läuft es beim zweiten Bremer Treffer kurz vor der Halbzeit. Nach einem Einwurf, den es wohl für Dynamo hätte geben müssen und der deshalb für viele Diskussionen sorgt, kombinieren sich die Gastgeber durch das Mittelfeld. Christian Groß flankt aus dem Halbfeld, Füllkrug hat viel zu viel Platz und erzielt per Kopfball das 2:1. Dynamos russischer Torwart Anton Mitryushkin, der vor dem Spiel wie alle anderen Spieler und die 25.000 Fans im Bremer Weserstadion mit einem einminütigen Beifall den Opfern des russischen Angriffskrieges in der Ukraine gedachte, hätte den Ball an einem guten Tag sicherlich halten können. „Es sieht ein bisschen unglücklich aus bei Anton, aber das muss ich mir noch mal auf dem Video anschauen“, sagt Capretti.

Feststellen wird er dann dabei außerdem die schlechte Chancenverwertung seiner Mannschaft. Schon kurz nach dem Bremer Führungstreffer hat Dynamo die Möglichkeit auszugleichen. Julius Kade scheitert mit seinem Kopfball aus drei Metern an Jiri Pavlenka. Der Ball geht danach noch an die Querlatte. „Wir hatten auf der Gegenseite mit Pavlenka jemanden gegen uns, der einen guten Tag erwischt hat“, sagt Capretti und betont: „Insgesamt ist das eine Leistung, die Mut macht, es ist eine Leistung, auf die man aufbauen kann.“

Knippings Erkenntnis: Probleme beim Spiel mit dem Ball

So viele Chancen wie diesmal gab es schließlich in den vergangenen Wochen nicht. „Unser Problem lag beim Spiel mit dem Ball. In den ersten drei, vier Tagen hat er daran gearbeitet“, verrät Abwehrchef Knipping, stellt aber auch fest: „Es war eine sehr kurze Zeit, und man kann dann auch keine Wunder erwarten. Wenn man aber gesehen hat, wie wir heute umgeschaltet haben, wie wir gespielt haben, dann war schon eine kleine Handschrift vom Trainer zu sehen. Ich bin davon überzeugt, dass er uns noch weiter verbessern wird.“

Die Handschrift des Trainers ist auch in der Aufstellung zu sehen. So hat außer Knipping auch Ex-Kapitän Sebastian Mai von Anfang an gespielt – und das im defensiven Mittelfeld, wo er den gelbgesperrten Kapitän Yannick Stark ersetzt. „Ich brauchte seine Wucht, seine Kopfballstärke. Darin haben ich eine Chance gesehen. Ich wusste, dass er gegen wendige Spieler wie Bittencourt nicht so schnell ist. Aber das habe ich in Kauf genommen. Er hat seine Sache gut gemacht“, lobt Capretti den gebürtigen Dresdner.

Doch trotz der guten Leistung von Mai und dessen Mitspielern kann Dynamo auch im achten Spiel in Folge nicht gewinnen und rutscht damit auf den Relegationsplatz ab. „Die Leistung war in Ordnung. Aber das Ergebnis ist natürlich ernüchternd. Es ist nicht das, was wir uns vorgenommen haben“, sagt Michael Sollbauer, der erstmals die Kapitänsbinde trug. Und der Trainer betont: „Es wartet noch Arbeit auf uns.“ Im nächsten Spiel trifft Dynamo dann im eigenen Stadion auf den FC St. Pauli. Dann können bis zu 16.000 Fans im Rudolf-Harbig-Stadion dabei sein. Capretti ahnt, wie wichtig diese Unterstützung gerade jetzt ist.