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Dynamos besonderer Relegationsspezialist

Sebastian Schuppan hat zweimal mit Dynamo die Relegation gewonnen. Und zweimal fehlte er dabei im Hinspiel gesperrt. Doch er hat gute Erinnerungen.

Von Timotheus Eimert
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Dresden am frühen Morgen des 25. Mai 2011: Dynamos Aufstiegsmannschaft um Sebastian Schuppan wird am Flughafen in Klotzsche von Tausenden Fans empfangen. Nicht nur für Schuppan unvergesslich.
Dresden am frühen Morgen des 25. Mai 2011: Dynamos Aufstiegsmannschaft um Sebastian Schuppan wird am Flughafen in Klotzsche von Tausenden Fans empfangen. Nicht nur für Schuppan unvergesslich. © Archiv: Robert Michael

Dresden. Als Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer 22.55 Uhr das Relegationsrückspiel 2011 zwischen dem VfL Osnabrück und Dynamo Dresden abpfeift, stürmen die Dresdner Fans den Rasen in Osnabrück. Dynamos damaliger Trainer Ralf Loose wird mit Bier übergossen. Die Dresdner Spieler liegen sich in den Armen. Linksverteidiger Sebastian Schuppan freut sich so sehr über den Dresdner Zweitliga-Aufstieg, dass er dem damaligen Pressesprecher und heutigen Präsidenten Holger Scholze ein blaues Auge verpasst.

"Es war nicht mit Absicht. Ich war etwas unachtsam. Wir lachen heute darüber. Diese Geschichte wird uns für immer verbinden", sagt Schuppan, der so etwas wie Dynamos Relegationsspezialist ist. Zweimal haben die Dresdner bisher in der Relegation zwischen Liga zwei und drei gestanden, beide Male hieß der Gegner Osnabrück. Zweimal hat Dynamo gewonnen – und Schuppan mittendrin.

"Mir sind beide Relegationen in guter Erinnerungen geblieben", meint der 35-Jährige. "2011 hatten wir nicht unbedingt vor aufzusteigen, aber die anderen wollten irgendwie nicht, und wir hatten am Ende eine sehr gute Serie", erinnert er sich.

2011 ein guter Mix in der Mannschaft

Mit fünf Siegen und einem Unentschieden holte Dynamo in den letzten sechs Spielen 16 von 18 möglichen Punkten und sicherte sich noch Platz drei. Dieser Endspurt sei ohne Trainer Loose, der das Amt sechs Spiele vor dem Saisonende von Matthias Maucksch übernommen hatte, nicht möglich gewesen. "Bei seinem Amtsantritt ist er in die Kabine gekommen und hat uns gefragt, ob wir noch aufsteigen wollen", berichtet Schuppan. "Er hatte eine Art, die uns sehr gutgetan hat. Er hat uns das Vertrauen eingeimpft und eine Überzeugung vermittelt, dass wir von nichts anderem ausgingen, als dass wir den Aufstieg noch schaffen."

Doch nach dem letzten Saisonspiel und dem 3:2-Erfolg in Offenbach bricht Schuppan, trotz seines Treffers zum 2:0 und dem Erreichen der Relegation, in Tränen aus. "Ich hatte meine fünfte Gelbe gesehen und fehlte somit im Relegationshinspiel. Das hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich war wirklich gut drauf und habe gut gespielt", erzählt der damals 24-Jährige.

Er habe das 1:1 im Hinspiel dann auf der Tribüne im Rudolf-Harbig-Stadion verfolgt. "Es ist fürchterlich, wenn man zuschauen muss. Im Rückspiel habe ich aber auch gemerkt, wie viel Druck auf einem in so einem Spiel lastet", sagt Schuppan. Doch er und Dynamo halten stand, gewinnen in Osnabrück mit 3:1 nach Verlängerung und steigen in die zweite Liga auf. "Uns hat ausgezeichnet, dass wir einen guten Mix aus Arbeitern, Individualisten, Teamspielern und Führungsspielern hatten. Das war der Schlüssel zum Erfolg", meint der heutige Sportfunktionär, der zuletzt bei den Würzburger Kickers als Sportvorstand gearbeitet hat und sich derzeit auf einen neuen Klub vorbereitet.

An die Party danach könne er sich nicht nur wegen Scholzes blauen Auges gut erinnern. Es ist auch das erste größere Fußballerlebnis seiner Frau gewesen. "Sie ist nach dem Spiel mit zurückgeflogen. Was da am Flughafen Dresden los war, das werden wir nicht vergessen. Ich wusste, weil ich aus der Gegend komme, was Dresden für ein besonderer Verein ist, aber da hat man es noch einmal richtig an der eigenen Haut gespürt", erzählt Schuppan, der in Lauchhammer geboren ist und in Hohenbocka aufwuchs. "Die Leute mussten am nächsten Tag eigentlich arbeiten, aber vielleicht haben sich danach auch einige krankgemeldet", mutmaßt er.

Dynamo hat auch 2022 einen Benny Kirsten

Auch an die Relegation 2013 erinnert sich Schuppan gut. Wie zwei Jahre zuvor fehlt er im Hinspiel gelbgesperrt. "Dieses Mal musste ich von zu Hause zuschauen. Benny hat uns im Spiel gehalten mit dem gehaltenen Elfmeter. Wenn wir mit 0:2 nach Hause gekommen wären, das wäre fatal gewesen", sagt er und bedankt sich noch einmal nachträglich bei Torhüter Benjamin Kirsten, der in dieser Spielzeit fünf von sieben Elfmetern abwehrte und vom Fachmagazin Kicker mit 2,83 den besten Notenschnitt aller Zweitliga-Spieler erhielt. "Benny war in dieser Saison unser Rückhalt. Er war sehr stark. Wir konnten uns immer wieder auf ihn verlassen. Das ist ein Faustpfand, wenn du einen guten Torwart hast. Das ist auch jetzt mit Kevin Broll so", meint Schuppan.

Das Rückspiel in Dresden gewinnt Dynamo durch die Tore von Cristian Fiel und Idir Ouali mit 2:0 und schafft so den Klassenerhalt in der zweiten Liga. "Wir hatten damals Selbstvertrauen und haben nicht gedacht, hoffentlich lassen uns die Osnabrücker in Ruhe, hoffentlich sind die nicht so gut", meint Schuppan. Er zieht damit auch den Vergleich zur aktuellen Situation, wenn Dynamo am Freitagabend gegen den 1. FC Kaiserslautern in der Relegation antritt.

"Es gibt verschiedene Wege, wie man in die Relegation kommt. So wie jetzt die Mannschaft in der Gegenwart durch lange Misserfolgsserien oder wie wir 2013." Die Mannschaft damals habe zum Ende der Saison noch einige Spiele gewonnen. "Aber es hat nicht gereicht, weil die anderen eben auch gepunktet haben", sagt Schuppan, und er gibt auch zu: "Wir waren eine Mannschaft, die ihre Probleme hatte, aber wir haben es geschafft, diese beiseitezulegen." Ein Jahr später gelingt das dann nicht mehr, Dynamo steigt ab.

So weit soll es diesmal nicht kommen, wobei Schuppan Bedenkliches feststellt: Zwei seiner Ex-Vereine sind in dieser Saison schon abgestiegen, Bielefeld in der ersten und Würzburg in der 3. Liga. Dynamo könnte nun der dritte Ex … Zumal die Vorzeichen nicht gut stehen. "Wenn du in der Rückrunde kein einziges Spiel gewinnst, nagt das an den Spielern, den Zuschauern und dem Umfeld", sagt Schuppan.

Trotzdem hofft er natürlich auf Dynamo – genauso wie Präsident Scholze. "Ich wünsche ihm nicht, dass er noch einmal ein blaues Auge bekommt, aber wenn es nötig wäre, um den Klassenerhalt zu schaffen, dann würde er das wahrscheinlich in Kauf nehmen", meint Dynamos Relegationsspezialist.