SZ + Dynamo
Merken

Mit ihm soll es bei Dynamo weniger Verletzte geben

José Portela aus Uruguay hat eine Stelle, die es vorher nicht gab: Leiter Sportwissenschaft. Damit soll das Training besser werden.

Von Daniel Klein
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
José Portela steigt vom Nachwuchs zu den Profis auf und hat seit Kurzem einen Doktortitel.
José Portela steigt vom Nachwuchs zu den Profis auf und hat seit Kurzem einen Doktortitel. © SG Dynamo Dresden

Dresden. Dem Vereinsnamen macht Dynamo derzeit alle Ehre. Wer Augenzeuge des 1:1 gegen den Hamburger SV vorigen Freitag war, dem fällt zum Auftritt der Dresdner sofort ein Adjektiv ein: dynamisch. Knapp drei Kilometer war die Mannschaft von Alexander Schmidt mehr unterwegs als der Gegner. Dass es nicht zu einem Sieg reichte, lag vor allem daran, dass die Ballgewinne zu selten zu torgefährlichen Abschlüssen führten. Es mangelte an Effektivität.

„Da müssen wir noch ein bisschen fitter, noch ein bisschen athletischer werden“, hatte der Trainer nach dem Spiel erklärt. Dieser Anspruch ist eine Herausforderung – und seit dem 1. Januar eine Aufgabe von José Portela. Der gebürtige Uruguayer übernahm die neu geschaffene Stelle Leiter Sportwissenschaften.

Neu ist der 36-Jährige bei Dynamo allerdings nicht. 2013 fing er im Nachwuchs an, war Athletik- und Torwarttrainer bis hinauf zur U19 – und dort auch für die Leistungsdiagnostik zuständig. Bei den Profis gab es mit Jacob Wolf dafür einen Verantwortlichen, seit dessen Wechsel zu den Grashoppers in Zürich vergangenen Sommer war die Stelle jedoch nicht besetzt. Portelas Aufgaben sollen nun jedoch über die Leistungsdiagnostik hinausgehen. Die wichtigste sieht er darin, „das Athletiktraining mit den Rehabilitationsmaßnahmen zu koordinieren“. Aus einer Analyse heraus seien da „verschiedene Herausforderungen festgestellt worden“. Oder Probleme.

Enge Zusammenarbeit mit Grahé, Al-Sadi und Lange

Die kann man auch konkreter benennen: Dynamo hatte in der Hinrunde auffallend viele verletzte Spieler. Allein in der Saisonvorbereitung hatten sich mit Sebastian Mai, Patrick Weihrauch, Agyemang Diawusie und Kevin Ehlers vier Profis Muskelfaserrisse zugezogen. Tim Knipping, Patrick Wiegers und Panagiotis Vlachodimos kurieren derzeit Kreuzbandrisse aus – die Entstehungsgeschichten sind hier allerdings sehr verschieden. Über Gründe, was da in der Vergangenheit womöglich falsch gelaufen ist, möchte sich Portela nicht äußern. Nur so viel: „Mein Ziel ist es, in Zukunft möglichst Verletzungen vorzubeugen und dabei die physische Leistungsfähigkeit der Spieler zu steigern.“

Dazu arbeitet er eng mit Athletikcoach Matthias Grahé, Mannschaftsarzt Onays Al-Sadi und dem Chef-Physiotherapeuten Tobias Lange zusammen. „Der Ansatz ist, dass wir auf die individuelle Gesamtbelastung der Spieler noch mehr achten sowie die Leistungsvoraussetzungen und Anpassungsreserven jeder Spieler berücksichtigen“, erklärt Portela. „Das ist nicht nur eine Frage der Dosierung. Es soll Trainingsprogramme für einzelne Spieler geben – je nachdem, wo bei ihnen die Defizite liegen.“ In Planung ist zudem ein Umfragemodul zum subjektiven Belastungsempfinden. Die Profis sollen also selbst beurteilen, wie anstrengend sie die jeweiligen Einheiten empfanden.

Portela hatte bereits in seiner Heimat Uruguay ein Sportstudium abgeschlossen, das in Deutschland aber nur teilweise anerkannt wurde. Nach einer Ausbildung zum Leichtathletiktrainer in Mainz studierte er deshalb noch einmal an der Uni Leipzig. Nun ist dort auch sein Promotionsverfahren abgeschlossen, der Vater von drei Kindern trägt den Titel Doktor der Sportwissenschaften.

Für ihn sind die mehr als 120 gelaufenen Kilometer gegen den HSV nicht entscheidend. „Die sagen vor allem etwas über die Quantität aus. Wir wollen ebenfalls die Qualität verbessern, also in den intensiven Bereich kommen. Da werden die Zweikämpfe und die spielentscheidenden Situationen gewonnen“, erklärt er. Doch permanente Sprints und Richtungswechsel erhöhen auch das Verletzungsrisiko. Deshalb ist die Belastungssteuerung so wichtig. Um da besser dosieren zu können, gibt es viele technische Helferlein, die während der Einheiten alle möglichen Parameter aufzeichnen. In der Fachsprache heißt das Tracking.

„Die Daten werden da immer mehr und genauer“, sagt Portela. Diese auszuwerten und stark komprimiert dem Trainerteam zur Verfügung zu stellen, ist eine weitere seiner Aufgaben. Die Liste der Möglichkeiten und Anbieter wird immer größer. „Bestimmt gibt es eines Tages Drucksensoren in den Fußballschuhen“, vermutet er. „Wichtig ist es, den Überblick über die zahlreichen Angebote und die Studienlage zu behalten, um dann zu entscheiden: Was macht Sinn und was nicht.“ Damit Dynamo weiter dynamisch bleibt.