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Feiern die Frauen bei Dynamo ein Comeback?

Nach dem Aus einer Kooperation mit dem Frauen-Verein Fortuna vor elf Jahren gibt es nun einen zweiten Anlauf. Mädchen-Fußball bei Dynamo - das würde gut zur EM-Euphorie und zum Länderspiel in Dresden passen.

Von Daniel Klein
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Zwei Logos, ein Verein: Von 2009 bis 2011 spielten die Frauen von Fortuna Rähnitz mit einem Dynamo-Aufnäher auf dem Ärmel.
Zwei Logos, ein Verein: Von 2009 bis 2011 spielten die Frauen von Fortuna Rähnitz mit einem Dynamo-Aufnäher auf dem Ärmel. © Archiv: Kairospress/Thomas Kretschel

Dresden. Es ist die Neuauflage des EM-Halbfinals. Wenn am 7. Oktober Vize-Europameister Deutschland im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion auf Frankreich trifft, kann man auf den Rängen ablesen, ob die Euphorie rund ums Frauen-Nationalteam zwei Monate nach dem Endspiel von Wembley, das bundesweit knapp 18 Millionen vorm Fernseher verfolgten, wieder abgeebbt ist oder nicht. Der Kartenvorverkauf hat begonnen.

Unabhängig davon, wie viele Tickets letztlich verkauft werden – ein Höhepunkt für den Frauen-Fußball in der Region wird die Partie auf jeden Fall. Der Alltag in Ostsachsen ist dagegen eher ein trister, der Bischofswerdaer FV der einzige Vertreter in der drittklassigen Regionalliga. Dort dürfte auch der 1. FFC Fortuna Dresden, der bis 2013 unter dem Namen Fortuna Rähnitz spielte, antreten. Doch der Landesligameister der vergangenen Saison verzichtete nach einigen Abgängen auf den Aufstieg in die Regionalliga. Der ist nun für die neue Spielzeit das große Ziel.

Von 2009 an zehn Jahre lang waren die Fortuna-Frauen ein Regionalligist. In diese Zeit fiel auch eine bisher einmalige Kooperation. Von 2009 bis 2011 lief die Mannschaft mit zwei Logos auf dem Trikot auf – dem von Rähnitz und Dynamo. Die Zusammenarbeit hatte das Ziel, dass die Rähnitzer Frauen-Abteilung als „Verein im Verein“ geschlossen bei Dynamo eintritt. „Wir versprechen uns von der Kooperation in erster Linie, dass wir unser Image nachhaltig verbessern“, erklärte der damalige Geschäftsführer der Schwarz-Gelben, Sven Bohne. Und die Frauen erhofften sich mehr Aufmerksamkeit. Die Kooperation wurde jedoch jäh beendet, weil sich eine Mehrheit bei Dynamos Mitgliederversammlung im November 2011 gegen eine Frauen-Abteilung aussprach.

Stadtrat knüpft Millionen-Förderung an Bedingung

Nun aber könnte das Projekt ein Comeback feiern, wobei der Auslöser nicht die EM in England ist, sondern der Dresdner Stadtrat. Der hatte im Juni 2021 eine Vier-Millionen-Förderung für den Bau von Dynamos Trainingszentrum und als Zuschuss zur Stadionmiete an die Bedingung oder die dringende Empfehlung geknüpft, dass sich der Verein künftig auch um kickende Mädchen kümmern soll.

Geschäftsführer Jürgen Wehlend erklärte damals, dass man „einen Prozess anstoßen, etwas anschieben“ wolle. Inzwischen wurde eine Projektgruppe gegründet, an der von Dynamo der Koordinator Sport, Christian Knoll, mitarbeitet. „Wir treffen uns in der Regel einmal im Quartal, das letzte Mal in der vorigen Woche“, erklärt Roland Hönisch, Vorstand des 1. FFC Fortuna Dresden. „Wir sprechen dabei über Möglichkeiten der Zusammenarbeit und wollen in dieser Saison die Rahmenbedingungen ausarbeiten, um mittelfristig eine Lösung zu finden, wie wir uns an Dynamo angliedern können.“

Dabei sei man schon erheblich vorangekommen. So können die Fortuna-Frauen und die Nachwuchsteams zu bestimmten Zeiten in Dynamos modernem Trainingszentrum ihre Einheiten absolvieren. Und die rein ehrenamtlich arbeitenden Übungsleiter des 1.FFC tauschen sich regelmäßig mit den Kollegen der Jungen- und Männerteams aus. Als mögliche Kooperationspartner für Dynamo kämen auch die ebenfalls in der Landesliga spielenden SV Johannstadt und Heidenauer SV infrage.

Ist Sachsen ist RB Leipzig auch bei den Frauen spitze

Insgesamt gibt es in Sachsen 33 Vereine, bei denen Frauen- oder Juniorinnenteams gemeldet sind, teilt der Fußball-Landesverband (SFV) auf Anfrage von Sächsische.de mit. Und 4.678 Spielerinnen in 128 Mannschaften. „Nach der Frauen-WM 2011 in Deutschland gab es einen kleinen Boom“, erklärt SFV-Sprecher Alexander Rabe. „In den vergangenen Jahren war der Trend eher ein rückläufiger – aber nicht nur bei den Frauen. Der wurde jetzt erst einmal gebremst.“ Ob nun nach der EM die Mitgliederzahlen steigen, und das vor allem nachhaltig, ist die spannende Frage.

Sachsenweit einsame Spitze ist – wie bei den Männern – RB Leipzig. 2016 gegründet, spielen die Rasenball-Frauen seit zwei Jahren in der 2. Bundesliga, wurden zweimal Dritte, verpassten den Aufstieg jeweils knapp. Im Oberhaus spielen mit Ausnahme der SGS Essen und Turbine Potsdam inzwischen ausschließlich Teams, die höherklassigen Männervereinen angehören. Dieser Trend wird vom Deutschen Fußballbund (DFB) unterstützt, erhofft man sich so eine größere finanzielle Unterstützung für die Frauen.

In Sachsen ist dieser Trend jedoch noch nicht so richtig angekommen. Neben Dynamo hat auch Drittliga-Konkurrent FSV Zwickau keine eigene Abteilung für Mädchen und Frauen. Erzgebirge Aue betreibt zwar eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit, die erste Frauen-Mannschaft spielt aber wie Fortuna Dresden und der Chemnitzer FC lediglich in der Landesliga.

Der sächsische Verband betreibt zusammen mit RB das Landesleistungszentrum seit Jahren in Leipzig. „Dorthin gehen meist auch die größten Talente“, erklärt Rabe. Sollen sie künftig auch in Dresden bleiben, müssten die Dynamo-Mitglieder ihren Beschluss wohl rückgängig machen.