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Dynamo-Kapitän Kutschke: "Wir brauchen jetzt keine Jubelarien anzustimmen"

Der Kapitän von Dynamo Dresden ordnet den Sieg über 1860 München ein, erklärt, warum er so wichtig war. Und Stefan Kutschke fordert, in den kommenden Wochen demütig zu bleiben.

Von Daniel Klein
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Stefan Kutschke (r.) ballt die Fäuste und jubelt über sein Tor zur 1:0-Führung.
Stefan Kutschke (r.) ballt die Fäuste und jubelt über sein Tor zur 1:0-Führung. © dpa/Robert Michael

Dresden. Mit seinem zehnten Saisontor leitete der Kapitän den 2:1-Heimsieg gegen 1860 München ein. Der war nicht nur wichtig für die Tabelle, sondern auch für die Stimmung in der Mannschaft, im Verein und dem Umfeld, wie Stefan Kutschke im Interview verrät. Dabei spricht der 35-Jährige auch über die Rückschläge in den vergangenen Wochen.

Stefan Kutschke, Sie mussten die letzten Minuten auf der Bank zittern, dass der so wichtige Sieg nicht doch noch in letzter Sekunde aus der Hand gegeben wird. War es beim Zuschauen besonders schlimm?

Ja, weil ich nicht mehr eingreifen konnte. Es war ja eine sehr turbulente Woche, es wurde viel geschrieben und es gab zu Recht Kritik, weil wir in den vergangenen drei Auswärtsspielen nicht unser eigentliches Gesicht gezeigt haben. Einige Spieler hatten nach der Niederlage in Halle etwas gesagt. Mir ist immer wichtig, dass nach den Worten Taten folgen, dass man vornweg geht. Und das kann nicht einer alleine, das kein Stefan Kutschke oder Paul Will (Vize-Kapitän/Anm. d. A.) alleine, dazu braucht man alle. Deshalb zeigt für mich die Art und Weise, wie wir dieses Spiel gewonnen haben, dass der Kern der Mannschaft sauber ist.

Hatten Sie das Gefühl, dass wegen der schlechten Ergebnisse zuletzt daran gezweifelt wurde?

Natürlich kann man darüber reden, dass wir einen Zehn-Punkte-Vorsprung verspielt haben. Und dass die Auftritte in Aue und in Halle miserabel waren. Da haben wir nicht ansatzweise gezeigt, was wir können. Es fühlte sich dann so an, als wenn wir gleich auf Platz neun abgerutscht wären. Aber dieser Kritik müssen wir uns stellen. Und deshalb ziehe ich vor der Reaktion der Mannschaft meinen Hut. So wollen wir uns präsentieren. Es fällt viel ab, wenn man so ein Spiel gewinnt. Vor allem nach dem Ausgleich war es nicht einfach, weil man ja weiß, was so ein Gegentor mit uns Spielern macht. Da stecken immer Menschen dahinter. Klar kann man sagen, dass das Fußball-Profis sind, die damit umgehen müssen, schließlich werden sie dafür auch adelig honoriert. Aber so einfach ist das nicht.

Ihre erste Aktion gegen 1860 war gleich ein Foul. Wollten Sie bewusst ein Zechen setzen?

Das ist mir gar nicht aufgefallen. Aber natürlich will man von Anfang an zeigen, dass man da ist - und dem Gegenspieler, dass es heute unangenehm wird.

Nach Ihrem frühen Führungstor sah es zunächst so aus, als könnte es ähnlich laufen wie beim 7:2-Heimsieg gegen den VfB Lübeck vor einem Monat.

Wir sollten auch da realistisch bleiben. Wenn man sich das Spiel gegen Lübeck noch mal genau anschaut, dann kann man es schon richtig einordnen. Ich hatte das Gefühl, dass es in der Öffentlichkeit ein bisschen zu hoch gehangen wurde.

Die von Ihnen angesprochenen schlechten Leistungen - das waren allesamt Auswärtsspiele. Im eigenen Stadion hat die Mannschaft die Gegner dominiert, auch wenn die Ergebnisse nicht immer stimmten. Ist es also gut, dass nun gegen Ulm das nächste Heimspiel folgt?

Wir hatten uns diese Woche auch gefragt, warum wir diese Power in fremden Stadien nicht auf den Platz bekommen. Da müssen wir kritisch mit uns selbst umgehen - und auswärts das zeigen können, was uns zuhause stark macht.

Dynamo ist zumindest für einen Tag wieder Tabellenführer. Ist jetzt alles gut?

Nein, wir brauchen jetzt keine Jubelarien anzustimmen. Wichtig war, dass wir es geschafft haben, ein ausverkauftes Stadion wieder hinter uns zu bringen. In diesem Jahr wurden die Fans, die uns hinterher gereist sind, nur selten belohnt. Das sollten wir nicht vergessen. Das war jetzt ein Schritt von vielen, die noch folgen müssen. Deshalb sind wir jetzt nicht gleich wieder die Größten der Welt, sondern müssen uns die Dinge weiter mit Demut und Bescheidenheit erarbeiten. Wir waren in der Winterpause ja gefühlt schon aufgestiegen, aber so einfach ist es eben doch nicht.

Wie gut tut es Ihnen selbst, dass Sie als Kapitän nicht schon wieder eine Niederlage erklären müssen?

Ich muss mich schon meiner Verantwortung stellen. Ich sage meine Meinung immer gerade raus. Das hat mir in meiner Karriere zwar nicht immer geholfen, doch so konnte ich wenigstens mit einem ruhigen Gewissen einschlafen. Bei meinen kritischen Worten nach dem Halle-Spiel beziehe ich mich selbst mit ein. Ich bin Teil dieser Mannschaft und war genauso unzufrieden mit meiner Leistung, weil das nicht ansatzweise der Stefan war, den ich selber kenne. Aber natürlich macht es mehr Spaß, über einen Sieg zu reden als darüber, was wieder alles nicht geklappt hat. Meinetwegen könnte es solche Interviews öfter geben.

Notiert in der Mixed-Zone direkt nach dem Spiel