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Elbflorenz-Coach findet: „So unsexy sind wir nicht mehr“

Rico Göde erklärt als Coach des Handball-Zweitligisten HC Elbflorenz die vergangene Saison und was die für die neue Spielzeit bedeutet.

Von Alexander Hiller
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Nachdenklich blickt Trainer Rico Göde auf die gerade abgeschlossene Saison des HC Elbflorenz in der 2. Handball-Bundesliga. Foto: Ronald Bonß
Nachdenklich blickt Trainer Rico Göde auf die gerade abgeschlossene Saison des HC Elbflorenz in der 2. Handball-Bundesliga. Foto: Ronald Bonß © Ronald Bonß

Dresden. Der HC Elbflorenz ist als Überraschungs-Vierter der Vorsaison in diesem Jahr auf Rang neun in der 2. Handball-Bundesliga gelandet. Wie Trainer Rico Göde das einschätzt und wie eng seine Verbindung zu Dynamo Dresden ist, erklärt der 40-Jährige im SZ-Interview.

Rico Göde, nach Rang vier in der Vorsaison landete Ihr Team diesmal auf Platz neun. Das kann Sie nicht zufriedenstellen – oder?

Das ist so. Man wird halt bei vielen Dingen am Tabellenstand abgerechnet. Damit können wir nicht zufrieden sein, auch wenn wir wissen müssen, dass vier Teams mit der identischen Punktzahl auf den Rängen sechs bis neun gelandet sind. Wir hatten gefühlt vier Vorbereitungen, weil viele Spieler mal weg waren (Göde spielt auf die Corona-Erkrankungen an/Anm. d. A.), da waren schon viel Unwägbarkeiten dabei.

Anders gefragt: Ist Ihre Mannschaft besser geworden?

Diese Frage zu beantworten, fiel mir nach der Vorsaison viel leichter. Diese Saison haben wir Spieler dabei, die sich individuell stark verbessert haben, etwa Philip Jungemann im Angriff. Unser großer Punkt war: Wir haben zu viele Bälle verworfen und zu viele Gegentore bekommen. Für den Angriff kann ich sagen: So ein Tempo sind wir noch nie gegangen, so viele Angriffe noch nie gelaufen. Das freut mich, das wollen wir. Die Fehleranzahl ist bei uns geringer geworden, was angesichts des Tempos auch nicht normal ist. Aber wir werfen zu schlecht. Individuell sind einige besser geworden. Philip, Oskar Emanuel, Mindaugas Dumcius oder Basti Greß und Nils Kretschmer. Bei sehr, sehr vielen Spielern kann man aber keine Konstanz messen, weil sie lange und oft ausgefallen sind.

War der Druck auf die Mannschaft zu groß, das Ergebnis aus dem Vorjahr zu wiederholen?

Vor dem ersten Saisonspiel gegen Emsdetten war sehr, sehr viel Druck da. Das haben wir uns ja alles etwas anders vorgestellt. (29:30-Niederlage/Anm. d. A.). Den Druck haben wir uns aber auch verdient. Es war die Meinung der Jungs, dass wir uns an dem vierten Platz messen lassen wollen. Es wäre auch falsch, wenn wir das nicht sagen würden. Wir sind ambitioniert und wollen nach vorn schauen und können uns jetzt auch nicht hinstellen und sagen: Das war eine schöne Saison. Wir und ich wollen uns an Platz vier messen lassen.

Hat Corona noch Einfluss auf die Saison genommen?

Ja, das ist so. Aber für alle Mannschaften. Da gab es sicher regionale Unterschiede. Gummersbach und Hamm sind da gut durch gekommen, die stehen zu recht dort, wo sie stehen. Das ist keine Ausrede, wir haben beim Thema Corona für uns das Bestmögliche getan.

Keiner Ihrer vier Neuzugänge – René Zobel, Michael Schulz, Christoph Neuhold und Vincent Klepp – hat so richtig gezündet. Weshalb nicht?

Dafür gibt es unterschiedliche Ursachen. Vincent ist ein junger Mann mit Perspektive, er hat eine Ausbildung angefangen, kam an einen neuen Standort. Er hat zum Halbjahr einen Sprung gemacht. Schulle hatte ein absolutes Seuchenjahr. Ich hoffe für ihn, dass es bei dem einen Seuchenjahr bleibt und dass er mit der Vorbereitung längere Zeit fit bleibt – das haben wir bei ihm in dieser Saison selten erlebt. Bei Christoph Neuhold haben sich das beide Seiten sicher anders vorgestellt. Da wurde nicht ganz geliefert, seine Positionskonkurrenz im Team hat aber auch gut gearbeitet. Bei René Zobel stimmt die Wurfquote aus dem Rückraum nicht, das weiß er auch. Er ist da selbst nicht zufrieden.

Für die Neuzugänge sind Sie und Karsten Wöhler als Manager verantwortlich. Ziehen Sie sich den Schuh an, da nicht alles richtig gemacht zu haben?

Der Leistungssport verzeiht nicht und gibt keine Zeit. Ja, wir müssen uns dem stellen, das hätten wir gern etwas besser gesehen.

Wie optimistisch sind Sie, dass das mit den beiden Neuzugängen für die kommende Saison – Torhüter Marino Mallwitz und dem griechischen Nationalspieler Christodoulos Mylonas nicht noch einmal passiert?

Wir holen mit Marino von der Fangquote den besten Torhüter der Liga – er muss sich gegen Max Mohs aber beweisen. Und mit Christodoulus kommt einen Spieler, der vergangene Saison mit AEK Athen Landesmeister und dieses Jahr Vizemeister wurde, der in der Finalserie zum MVP gewählt wurde, Europapokal gespielt hat und auf seiner Position die Nummer eins in seiner Nationalmannschaft ist. Wir haben uns das erarbeitet, dass wir solche Leute bekommen, so unsexy sind wir nicht mehr. Die Jungs kommen mit sehr viel Selbstvertrauen, wollen noch weiter, sind sehr ehrgeizig.

Sie verlieren mit Kapitän Mario Huhnstock und Henning Quade zwei Köpfe, Leistungsträger und Meinungsführer. Wie fangen Sie das auf?

Wo etwas zu Ende geht, fängt etwas Neues an – wie überall. Da müssen Typen reinwachsen. Das wird eine Aufgabe, das müssen wir gut verteilen. Ich finde schon, dass wir Typen haben, die das abfedern werden.

Sie sind immer noch der einzige gebürtige Dresdner im Team. Wann rückt ein Top-Talent aus Dresden ins Team?

Ich hoffe, dass das bald passiert. Aber wir müssen in unserer Struktur wachsen, damit wir nicht alle Talente verlieren. Zwei, drei richtig gute Jungs verlieren wir im Sommer an den SC DHfK, weil dort der Landesstützpunkt angesiedelt ist. Der Zugang zum Sportgymnasium und zum Internat fehlt uns noch. Wenn unsere Struktur stärker wird, werden wir es erleben, dass ein Dresdner für den HC Elbflorenz spielt.

Seit Sie 2017 nach dem Ende Ihrer Handballkarriere als Co-Trainer beim HC Elbflorenz anfingen, hat Dynamo Dresden mittlerweile den neunten Cheftrainer. Machen Sie sich Sorgen um den Verein, bei dem Sie seit Ihrer Kindheit Mitglied sind?

Schon länger, muss ich sagen. Der Zuschauerbonus, den der Klub hat, weil er Dynamo ist, der ist Freud und Leid zugleich. Die Entwicklung dieser Saison tut mir ein bisschen weh. Zu der Geschichte mit Markus Anfang muss ich sagen: Jeder hat eine zweite Chance verdient, und er auf der Pressekonferenz bei seiner Vorstellung gut gesprochen, denke ich. Aber es ist für den Verein und für ihn eine große Hypothek.

Haben Sie selbst Fußball gespielt?

Ja, früher als Kind beim ESV Dresden eine Zeit lang Fußball und Handball parallel. Beides ging dann irgendwann nicht mehr, die Schule hat auch etwas gelitten.

Das Interview führte Alexander Hiller.