SZ + Sport
Merken

So geht der Moritzburger Schlosstriathlon mit dem Thema Sicherheit um

Der tödliche Unfall beim Ironman in Hamburg schockt auch die Veranstalter des Moritzburger Schlosstriathlons. Und sie ziehen Konsequenzen. Die Sicherheit ist ohnehin das Thema - ein Jahr nach dem Tod eines 19-jährigen Teilnehmers.

Von Michaela Widder
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Radstrecke für den Triathlon in Moritzburg ist komplett abgesperrt. Es ist ein Rundkurs - ohne Wendepunkte und Gegenverkehr.
Die Radstrecke für den Triathlon in Moritzburg ist komplett abgesperrt. Es ist ein Rundkurs - ohne Wendepunkte und Gegenverkehr. © ronaldbonss.com

Moritzburg. Es sind Bilder, die man am liebsten sofort wieder aus seinem Gedächtnis löschen würde. Geht aber nicht, wie auch der Cheforganisator des Moritzburger Schlosstriathlons nach dem Todesfall beim Ironman in Hamburg feststellt. "Ich habe das Rennen live am Fernsehen geschaut und war total schockiert. Ich habe einen Knall gehört und dann gesehen, wie der Sportler nach dem Zusammenprall über die Straße geflogen ist", sagt Jens Kafka. Seit zwei Jahren kümmert er sich in hauptverantwortlicher Position um den Triathlon in Moritzburg, der an diesem Wochenende die 21. Auflage erlebt. Und der nun erst recht auch von einer Sicherheitsdebatte begleitet wird.

Bei einem Zusammenstoß auf der Radstrecke des Hamburger Ironman waren der 70 Jahre alte Motorradfahrer am Unfallort gestorben und der 26-jährige Amateursportler schwer verletzt worden. Ein Kameramann auf dem Motorrad erlitt einen Schock und wurde wie der Triathlet in ein Krankenhaus gebracht.

Weltklasse-Athleten wie Olympiasieger Jan Frodeno, der selbst am Start war, kritisierten anschließend den Strecken- und Rennverlauf. "Die Motorräder waren viel zu nah dran. Es war eine Farce. Mit dem Gegenverkehr war es so unfassbar eng. Da dürfen keine Motorräder sein", sagte Frodeno. Das Unglück in Hamburg ereignete sich an einer Stelle, an der die Strecke gegenläufig ist, sich also die Teilnehmer auf dem Rad - jeder auf seiner Straßenseite - entgegenkommen. Und damit auch die Begleit-Motorräder.

"Wir sind erschüttert und unfassbar traurig"

Mit Kritik an den Veranstalterkollegen halten sich die Organisatoren in Moritzburg zurück. Und doch melden sie sich öffentlich zu Wort - am Tag danach mit einem Beileids-Post bei Facebook. "Auch wir haben gestern das Rennen in Hamburg verfolgt und sind erschüttert und unfassbar traurig über die Geschehnisse. Unsere Gedanken sind bei den Betroffenen und ihren Familien sowie Freunden", heißt es in dem Statement, in dem auch die wichtigsten Punkte des eigenen Sicherheitskonzepts für die Radstrecke aufgeführt sind.

"Wir haben ein gutes Konzept", betont Kafka auf Nachfrage von Sächsische.de, und er ergänzt: "Aber natürlich ist das jetzt besonders noch mal ein Thema." Fakt ist: Die Radstrecke des Schlosstriathlons ist komplett für den öffentlichen Verkehr gesperrt, zudem handelt es sich um einen Rundkurs ohne Wendepunkte, also so gut wie ohne Gegenverkehr. Lediglich auf zwei kurzen Abschnitten in den Orten Ebersbach und Naunhof könnten jeweils für wenige hundert Meter auf der Gegenfahrbahn Autos entgegenkommen. An diesen Stellen wird die Straße durch Verkehrsbaken halbiert und abgesichert.

Sowohl bei den langen Distanzen am Samstag also auch bei den Sprint- und Jedermannrennen am Sonntag werden rund um Moritzburg maximal fünf Begleitmotorräder im Einsatz sein. "Größtenteils sitzen darauf Kampfrichter, die das Windschattenverbot kontrollieren. Wir haben eine sehr erfahrene Motorradstaffel im Einsatz", so Kafka. Dennoch bleibe immer ein Rest-Risiko.

Kafkas erster Anruf nach dem Unfall in Hamburg ging an seinen Einsatzleiter der Motorräder - und einen Fotografen mit 20 Jahren Triathlon-Erfahrung. Petko Beier, der am Wochenende die offiziellen Bilder vom Wettkampf in Moritzburg machen wird, war auch in Hamburg als Sozius im Einsatz. Allerdings hatte er schon lange vor dem Unfall die Arbeit im Profifeld eingestellt und wollte in der zweiten Runde sogar vom Motorrad steigen, weil ihm die Gefahr auf dieser Strecke zu groß schien.

Herzmuskelentzündung führte zum plötzlichen Tod

Dass schwere Unfälle bei großen Sportveranstaltungen nicht vermeidbar sind, wissen Veranstalter. Triathlon macht da keine Ausnahme, unabhängig von der Größe und Besetzung des Teilnehmerfeldes, ganz egal ob Allgäu Triathlon, Challenge Mallorca, dem Kultrennen in Roth bis zum Ironman Frankfurt. Und seit vergangenem Jahr wissen das aus eigener Erfahrung auch die Moritzburger. Die 20. Auflage des in der Szene nicht aufgrund der professionellen Organisation verbunden mit einem dennoch familiären Charakter hoch geschätzten Schlosstriathlons wurde vom Tod eines 19 Jahre alten Hobbysportlers überschattet.

Er war über die Mitteldistanz – das sind 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren und 21 Kilometer Laufen – gestartet und nicht ins Ziel gekommen. Nach einer groß angelegten Suchaktion mit Hubschrauber wurde er schließlich kurz vor Mitternacht im Wald in der Nähe des Hochseilgartens von einem Spürhund tot aufgefunden - einige Meter von der offiziellen Laufstrecke entfernt.

Nach Informationen von Sächsische.de soll eine Herzmuskelentzündung zum plötzlichen Tod geführt haben. Kafka war bei der Trauerfeier des jungen Mannes in Kroppen, einem kleinen Dorf im Süden Brandenburgs, dabei. Auch zur Familie hat der Organisationschef weiter Kontakt. Rund vier Wochen nach dem Unglücksfall nahmen rund 20 Helfer und Offizielle, die bis tief in die Nacht mit geholfen hatten, das Angebot zur psychologischen Aufarbeitung durch das Deutsche Roten Kreuz (DRK) wahr.

Mehr Streckenposten und ein Sani auf dem Rad

"Wir haben als Veranstalter die Verpflichtung, daraus Lehren zu ziehen", betont Kafka. Das Sicherheitskonzept sei einmal mehr gründlich kontrolliert und überarbeitet worden, zudem habe man die Meldeketten innerhalb Organisationsteams und zum DRK neu abgesprochen. Jeder Helfer erhält diesmal auch eine Telefonliste, die oberste Nummer ist der DRK-Notruf vor Ort.

Weiterhin wird zum ersten Mal ein Sanitäter auf einem Mountainbike im Waldstück rund um das Moritzburger Schloss unterwegs sein, auf der Laufstrecke sind mehr Streckenposten im Einsatz. "Und an den Verpflegungsstellen sind die Helfer gebrieft, sich die Athleten genau anzuschauen", bekräftigt Kafka. Zusätzlich werden kleine Wege, die von der offiziellen Strecke wegführen, abgesperrt. "Sodass sich dahin keiner verirrt", meint Kafka und hofft auf einen reibungslosen Ablauf.

Die Nachfrage ist so groß wie vor Corona-Zeiten. Insgesamt 1.650 Teilnehmer stehen in der Startliste, für den Samstag kann noch kurzfristig auf der Lang- und Halbdistanz gemeldet werden, der Sonntag mit der Olympischen Distanz und dem Jedermann-Rennen ist seit Monaten restlos ausgebucht.