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Dresden bangt um das fragile Produkt Volleyball-Bundesliga

Nach 13 Jahren gibt es im Volleyball wieder eine Zwischenrunde. Dahinter steckt ein ernstes Problem, das auch den DSC betrifft. Der greift nun verbal die Liga und einen Rivalen an.

Von Alexander Hiller
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Der Slogan eines DSC-Hauptsponsors bringt das Problem so ziemlich auf den Punkt: "Weil’s um mehr als Geld geht."
Der Slogan eines DSC-Hauptsponsors bringt das Problem so ziemlich auf den Punkt: "Weil’s um mehr als Geld geht." © Matthias Rietschel

Dresden. Es ist eine Art stummes Signal. Das erste Mal seit 2011 hat die Volleyball-Bundesliga der Frauen zwischen Hauptrunde und den Play-offs eine Zwischenrunde eingebaut, über deren sportlichen Wert selbst in der Liga gestritten wird.

Den von der Volleyball-Bundesliga (VBL) und den Vereinen abgesegnete Zusatzabschnitt gibt es letztlich ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen. Die erste Liga ist auf zehn Mannschaften geschrumpft, und selbst in der Zwischenrunde starten nur neun - weil Schlusslicht Neuwied Insolvenz angemeldet hat. Das heißt, jeder Klub hätte normalerweise nur neun garantierte Heimspiele bis zu den Play-offs, jetzt sind es mit der Zwischenrunde elf. Das generiert weitere Einnahmen. "Wir müssen diese Zwischenrunde spielen, damit die Vereine zu ihren Einnahmen kommen", erklärt DSC-Spielerin Sarah Straube, die jetzt ihren Vertrag in Dresden bis 2025 verlängert hat.

Doch selbst die zusätzlichen Einnahmen reichen offenbar nicht aus. Wegen Verstößen gegen die Lizenzierung wurden gleich drei Mannschaften Punkte abgezogen, Potsdam und Suhl je sechs sowie Wiesbaden drei. Das hat es in diesem Ausmaß noch nie gegeben. Auswirkungen haben diese Abzüge allerdings nicht. Die Punkte wurden nach der Hauptrunde entfernt, ohne das es die Platzierungen ändert. Denn vor Beginn der Zwischenrunde sind alle Punkte genullt worden.

Anhand der Platzierungen wurden stattdessen in Drei-Zähler-Schritten Bonuspunkte verteilt. Spitzenreiter Schwerin startet mit zwölf, Verfolger Stuttgart mit neun, der DSC mit sechs und Potsdam mit drei Punkten. "Nach dem Punktabzug hatten wir nach der Hauptrunde zehn Punkte Vorsprung auf Potsdam, jetzt sind es in der Zwischenrunde drei", verdeutlicht DSC-Trainer Alexander Waibl das skurrile Prozedere.

"Das ist ein Betrug gegenüber allen Klubs"

Potsdam und Suhl müssen zusätzlich finanzielle Strafen in unbekannter Höhe zahlen. DSC-Geschäftsführerin Sandra Zimmermann ist das zu wenig, besonders im Fall des SC Potsdam. Der deutsche Vizemeister soll mit seinem damaligen Geschäftsführer Toni Rieger rechtswidrige Profiverträge geschlossen und somit Steuer- und Sozialabgaben hinterzogen haben. Simpel formuliert: Der SC Potsdam ist mit einer Mannschaft angetreten, die er sich nicht leisten konnte.

Ein Finanzloch in dieser Saison von 380.000 Euro, das auch durch mittlerweile reguläre Verträge entstanden ist, konnte der Verein vor wenigen Tagen mit kommunaler Hilfe schließen. Die Strafe für Potsdam greift für Zimmermann dennoch zu kurz. Potsdam sei ein Klub, der "in der Vergangenheit nachweislich Verstöße begangen hat, die strafrechtliche Relevanz haben und so noch nie dagewesen sind", so Zimmermann. Für sie ist klar: "Das ist ein Betrug gegenüber allen anderen Klubs."

DSC-Geschäftsführerin Sandra Zimmermann spricht so deutlich wie selten über Ärger mit der VBL und einen Rivalen.
DSC-Geschäftsführerin Sandra Zimmermann spricht so deutlich wie selten über Ärger mit der VBL und einen Rivalen. © kairospress

Eine Lizenzverweigerung etwa aber scheint angesichts der Mini-Liga kaum möglich oder eben gewollt zu sein. "Dass Lizenzunterlagen nicht rechtzeitig oder nicht vollständig abgegeben wurden, ist kein gutes Signal. Das sollte man nicht schönreden", sagt Kim Renkema, Sportdirektorin des deutschen Meisters MTV Allianz Stuttgart auf Nachfrage von Sächsische.de.

Die Sorge bleibt, dass sich die finanziellen Probleme ausweiten. Auch der Dresdner SC legte im Sommer eine Etatlücke in Höhe von 250.000 Euro offen, die dann mithilfe von Sponsoren geschlossen werden konnte. Dennoch gab es auch für den DSC Auflagen. "Wir hatten Einnahme-Nachweise über die Erlöse, die wir im Bereich des Sponsorings planen, nachzureichen. Diese Hausaufgaben haben wir fristgemäß und vollständig erfüllt", betont Zimmermann.

Für DSC-Trainer Waibl ist das Problem ein noch größeres. "Im Grunde belegt das nur, dass in unserem Sport zu wenig Geld steckt", sagt der 55-Jährige und fordert von der VBL einen Namenssponsor für die Bundesliga. "Es ist die verdammte Aufgabe der Liga, Geld zu beschaffen, um dieses Thema hinzukriegen. Wenn sie das nicht können, sind sie fehl am Platz", sagt er rigoros.

Der DSC legt seine Zurückhaltung ab

Von diesem Geld könnten dann verstärkt leistungsschwächere Vereine oder aufstiegswillige Zweitligaklubs profitieren. Denn bisher – und das war bislang kaum bekannt – haben Spitzenklubs wie Schwerin oder auch Dresden in einen Fördertopf namens Aufstiegsprogramm eingezahlt. "Wir haben auf bestimme Ausschüttungen aus Medienrechten verzichtet oder zusätzlich Geld abgegeben. In dem vollen Bewusstsein, dass wir diesen Wettbewerb brauchen", bestätigt Zimmermann. Und Waibl fasst es vereinfacht so zusammen: "Klubs wie Suhl oder Erfurt haben von uns Geld bekommen."

In den Topf zahlt mittlerweile jeder Bundesligist ein, prozentual nach Budget und Einnahmen. "Jeder Euro, den wir abknapsen oder nicht ausgeschüttet bekommen, tut uns weh. Auf dieses Geld können wir künftig nicht mehr verzichten. Da ist sehr viel Solidarität passiert, das können wir so nicht aushalten. Aber es war genau richtig, dass wir das getan haben", stellt Zimmermann klar.

Für den DSC ist die Lage der Bundesliga mittlerweile so prekär, dass der Verein seine selbst auferlegte Zurückhaltung abgelegt hat. Zustimmung gibt es aus Stuttgart. "Wir brauchen eine starke Liga, die breiter ist als mit neun Mannschaften, am Ende muss über Sponsoren mehr Geld in das System Volleyball rein. Das geht nur, wenn die Sportart attraktiv ist – und das ist sie", bestätigt Renkema. Aus stummen Signalen werden offenbar immer lautere kritische Stimmen.