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Wie abhängig sind sächsische Spitzenklubs von einzelnen Firmen?

Mit einem Sponsor allein kann kein Verein überleben. Doch bei manchen Klubs aus Sachsen stemmen sehr wenige Unternehmen den Großteil des Etats. Wie gefährlich ist das?

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Nicht nur RB Leipzig ist von einem einzelnen Sponsor abhängig. In Sachsen gibt es weitere Beispiele.
Nicht nur RB Leipzig ist von einem einzelnen Sponsor abhängig. In Sachsen gibt es weitere Beispiele. © dpa

Von Daniel Klein, Alexander Hiller, Michaela Widder und Ullrich Wolf

Wer beim HC Elbflorenz den Großteil des Etats stemmt, ist nicht zu übersehen. Auf den Trikots des Handball-Zweitligisten werben die Firmen Saegeling Medizintechnik und Cordamed. Ihre Heimspiele tragen die Dresdner in der Ballsport-Arena aus, die der Sportbertriebsgesellschaft Saegeling GmbH gehört. Auf der Homepage des Vereins sind diese drei Firmen die Hauptpartner, also die wichtigsten Geldgeber. Alle drei gehören dem Präsidenten des Vereins, Uwe Saegeling.

Eine solche Abhängigkeit von einer Person ist einmalig unter den 21 sächsischen Erst- und Zweitligisten in den Sportarten Fußball, Handball, Basketball, Volleyball, Eishockey und American Football, wie eine umfangreiche SZ-Analyse ergab. Saegeling selbst verweist jedoch darauf, dass der HC Elbflorenz nicht nur ihn, sondern insgesamt 80 Sponsoren habe. „Ob meine Leistungen beträchtlich sind, weiß ich nicht – das ist ein relativer Begriff“, findet der Unternehmer. Wie hoch der Anteil seiner Firmen am Gesamt-Etat ist, möchte er nicht verraten.

Eins ist Saegeling jedoch wichtig: „Der HC Elbflorenz ist ein Verein, der noch nie jemanden um Hilfe bitten musste – beispielsweise die Stadt. Er hat seine Dinge immer selbst geregelt und ist damit einer der ganz wenigen Klubs in der Stadt, die das geschafft haben“, betont er. Gemeint sein könnten damit die Volleyball-Frauen des Dresdner SC. Unter den vier größten Sponsoren des Erstligisten sind mit der Ostsächsischen Sparkasse, der Sachsenenergie AG und der Verkehrsverbund Oberelbe GmbH drei Firmen der öffentlichen Hand, die also im Besitz von Städten und Landkreisen sind. Am Beginn dieser Saison mussten die Geldgeber eine Finanzlücke in sechsstellige Höhe schließen. Wird da also mit Steuergeldern einem Profiverein geholfen? Nein, betont Cornelia Leser vom Sächsischen Städte- und Gemeindetag. „Es handelt sich hierbei um Erträge aus der wirtschaftlichen Tätigkeit der Unternehmen.“

Die Volleyball-Frauen werden zudem noch von Sachsen-Lotto und der Initiative „So geht sächsisch“ unterstützt, auch dahinter steckt die öffentliche Hand. Diese Konzentration ist unter den Erst- und Zweitligisten im Freistaat einmalig. Aber warum ist die Unterstützung von diesen Unternehmen überhaupt notwendig? „Zu bedenken ist, dass das Sponsoring unmittelbar aus der Privatwirtschaft noch nicht das vergleichbare finanzielle Niveau einnimmt wie in den alten Bundesländern“, erklärt André Jacob, Geschäftsführer des Sächsischen Landkreistages. DSC-Geschäftsführerin Sandra Zimmermann betont auf die Frage, ob die Spielbetriebs-GmbH des DSC von öffentlichen Geldgebern abhängig sei, dass man „nicht nach Branchen unterscheidet“. Das Engagement jedes einzelnen Sponsors sei existenziell und „ein breites Netzwerk“ wichtig.

Sachsen-Lotto und die Ostsächsische Sparkasse gehören zu den Sponsoren der Volleyball-Frauen des Dresdner SC - beide sind in öffentlicher Hand, wie noch weitere.
Sachsen-Lotto und die Ostsächsische Sparkasse gehören zu den Sponsoren der Volleyball-Frauen des Dresdner SC - beide sind in öffentlicher Hand, wie noch weitere. © Matthias Rietschel

Abhängigkeit – egal ob von einem Mäzen oder von Unternehmen in kommunaler Trägerschaft – birgt immer die Gefahr, dass dem Rückzug des Geldgebers fast automatisch der sportliche Absturz folgt. Nicht selten führt das sogar in die Insolvenz. Für den HC Elbflorenz sieht Saegeling diese Gefahr nicht. „Ich bin seit 2008 Sponsor und schon lange Präsident, das zeigt doch, dass ich mich langfristig engagiere“, findet er. „Außerdem habe ich die Ballsport-Arena gebaut, damit der HC Elbflorenz eine Heimat hat. Wenn ich nun plötzlich sagen würde: Das interessiert mich alles nicht, würde ich mich ins eigene Fleisch schneiden, das wäre unsinnig.“

Bei den kommunalen Firmen könnten die Städte oder Landkreise die Reißleine ziehen. DSC-Geschäftsführerin Zimmermann verweist darauf, dass „den Sponsoren ein Mehrwert entstehen“ muss und darauf, dass die Volleyballerinnen „der einzige Erstligist im Frauen-Teamsport ist, der auch international für Dresden und Sachsen strahlt. Wir erzielen 90 Prozent Hallenauslastung zu unseren Heimspielen.“

Eine der Firmen von Präsident Uwe Saegeling (l.) wirbt auch sehr präsent auf den Trikots der Zweitliga-Handballer des HC Elbflorenz Dresden.
Eine der Firmen von Präsident Uwe Saegeling (l.) wirbt auch sehr präsent auf den Trikots der Zweitliga-Handballer des HC Elbflorenz Dresden. © Lutz Hentschel

Bei den Lausitzer Füchsen gehören zwar auch kommunale Wohnungsunternehmen zum Kreis der Hauptgeldgeber, doch beim Eishockey-Zweitligisten geht man einen eigenen, einen anderen Weg. „Wir haben insgesamt 220 Sponsoren, diese große Anzahl dürfte wohl kaum ein anderer Verein vorweisen“, erklärt Geschäftsführer Dirk Rohrbach. Die Füchse spielen in der 15.000-Einwohner-Stadt Weißwasser, die im ländlichen Raum und einer strukturschwachen Region liegt. „Die Summen, die unsere Sponsoren geben, sind vielleicht nicht so hoch wie andernorts, dafür haben wir aber mehr und sehr treue. Und sie kommen – genauso wie unsere Fans – aus der gesamten Region.“

Das ist ein Unterschied zu Vereinen in Zentren wie Leipzig und Dresden. Dort kämpfen viele Profivereine um die gleichen Sponsoren, oder wie es Rohrbach formuliert: „Alle diese Klubs fischen in einem kleinen Teich.“ Bei den Lausitzer Füchsen steuern die 220 Firmen 60 Prozent des Etats bei, 30 Prozent kommen vom Ticketverkauf und zehn Prozent vom Merchandising. Bricht da ein Sponsor weg, kann das ohne größere Probleme wieder aufgefangen werden.

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