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Syrer eröffnen orientalischen Imbiss in Görlitz

Auf der oberen Berliner Straße starten Ahmad Albittar und Abier Ajaib ein neues Angebot. Ab 9 Uhr gibt es sogar Frühstück. Meistens jedenfalls.

Von Ingo Kramer
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Köchin Abier Ajaib und Inhaber Ahmad Albittar stehen im neuen orientalischen Imbiss auf der Berliner Straße 38 A.
Köchin Abier Ajaib und Inhaber Ahmad Albittar stehen im neuen orientalischen Imbiss auf der Berliner Straße 38 A. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Pizza zum Frühstück? Ahmad Albittar lacht. Klar, warum denn nicht? „In Syrien haben wir sehr oft Pizza zum Frühstück gegessen“, sagt er. Allerdings nicht die italienische Variante mit vielen Belägen und einer dicken Schicht Käse obendrauf, sondern arabische Pizza. „Mit Thymian zum Beispiel oder mit weißem Käse“, sagt der 28-Jährige und fängt auch gleich an, ein Stück Teig auszurollen. Weißer Käse drauf, Gewürze, und ab in den Ofen. Gefühlte zwei Minuten später ist die Pizza auch schon fertig: „Schmeckt gut, oder?“

Lokal war früher Döner-Imbiss

Vorige Woche hat Ahmad Albittar seinen ersten eigenen Imbiss eröffnet. „Orientalisch Essen“ heißt das Geschäft in der Berliner Straße 38 A, gleich neben der Konditorei Kretschmer. Früher war hier ein Döner-Imbiss zu finden, doch der ist auf die andere Straßenseite gezogen, hat sich im früheren Nachtclub deutlich vergrößert.

Das frei werdende Lokal war für Ahmad Albittar eine gute Gelegenheit, es mit der Selbstständigkeit zu versuchen. Bei ihm gibt es keinen Döner, sondern ausschließlich Speisen aus seiner Heimat – mit Rezepten von seiner Mutter, die noch in Syrien lebt. Bei Ahmad Albittar arbeiten zwei Frauen in der Küche, beide ebenfalls aus Syrien. „Wir sind keine Familie, aber wir verstehen uns gut, wie Familie“, sagt er. Zu dritt wollen sie den Imbiss schmeißen – täglich von 9 bis 20 Uhr, sogar am Sonntag. Meistens jedenfalls. Wenn mal jemand krank ist, dann geht es später los. Aber in der Regel will das Trio eben auch Frühstück anbieten – für arabische Kunden genauso wie für deutsche.

Speisen variieren jeden Tag

Es gibt eine Speisekarte mit acht Vorspeisen, sieben Hauptgerichten, sieben arabischen Pizzen und einigem mehr. „Aber es gibt nicht jeden Tag alles, wir variieren immer“, sagt der Inhaber. Draußen soll stets angeschrieben sein, was die Frauen gekocht haben. „Arabische Pizza gibt es aber jeden Tag, Falafel und Hummus auch“, sagt Ahmad Albittar. Diese drei Speisen seien zum Frühstück und zu anderen Mahlzeiten beliebt. Zudem sind auch einige Süßspeisen im Angebot. Rein vegetarisch ist der Imbiss aber nicht: Es gibt auch verschiedene Speisen mit Hühnchen und Lamm.

Ahmad Albittar hat Abitur und ist gelernter Goldschmied. In Syrien hat er im Winter als Lehrer, im Sommer als Goldschmied gearbeitet. Vor fünf Jahren ist er aus dem Bürgerkriegsland geflohen, kam zuerst nach Meißen. Weil seine Schwester in Görlitz lebte, zog er vor vier Jahren an die Neiße um, machte einen Sprachkurs, fuhr Pakete aus. Zuletzt arbeitete er für anderthalb Jahre in einem Döner-Restaurant.

Neue Einrichtung, alte Deko

Davon aber gibt es seiner Meinung nach in Görlitz zu viele. Orientalisches Essen aus seiner Heimat hingegen zu wenig. Das war ihm Motivation genug, es selbst zu probieren. Anderthalb Monate hat er gebraucht, den Laden einzurichten. „Die Vitrinen und die ganze Einrichtung sind neu“, sagt er. Der frühere Pächter habe ja alles in sein neues Restaurant mitgenommen. Die Dekoration hingegen hat er übernommen. Auch sonst ist noch nicht alles fertig, vor allem die Tafeln mit den Speisen. Die eine ist noch vom Vorbesitzer, die anderen zeigen die Preise noch nicht korrekt an. „Nicht so schlimm, auf den Papierkarten sind alle Preise zu finden“, sagt der Inhaber.

Abier Ajaib kommt derweil aus der Küche. Immer wieder trägt die junge Frau neue Speisen ins Lokal. Auch sie stammt aus Syrien, auch sie hat Abitur. „Danach habe ich Krankenschwester gelernt“, sagt sie. Sie liebt den Beruf, würde ihn gern auch in Deutschland ausüben. „Aber erst einmal muss ich weiter Deutsch lernen“, sagt sie. Momentan sei der Kurs wegen Corona unterbrochen. Wenn es irgendwann geschafft ist und sie ihre Ausbildung anerkannt bekommen oder ein zweites Mal absolviert hat, will sie in einem Krankenhaus oder in der Altenpflege arbeiten. Weil es noch nicht so weit ist, kocht sie jetzt erst einmal.

Es muss sich herumsprechen

In den ersten Tagen seit der Eröffnung sei der Laden schon ganz gut angenommen worden, sagt Ahmad Albittar. 50 bis 70 Prozent der Kunden seien Araber, die anderen Deutsche. Er hofft, dass es sich noch mehr herumspricht, die Deutschen Interesse haben, die orientalische Küche kennenzulernen. Wenn es klappt, will auch er sich später ein größeres Lokal suchen. Aber zunächst ist der kleine Imbiss ein guter Start.

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