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Ist eine Abschussquote für den Wolf sinnvoll oder nicht?

In Sachsen wird über Pläne zur Begrenzung des Wolfsbestandes diskutiert. CDU-Politiker Georg-Ludwig von Breitenbuch sieht Gründe dafür, Nabu-Wolfsexpertin Marie Neuwald dagegen.

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Die Population hat sich erholt. Sollte der Bestand von Wölfen deshalb jetzt aktiv begrenzt werden? In Sachsen läuft dazu die Diskussion.
Die Population hat sich erholt. Sollte der Bestand von Wölfen deshalb jetzt aktiv begrenzt werden? In Sachsen läuft dazu die Diskussion. © Ingo Wagner/dpa (Symbolfoto)

Dresden. In Sachsen gibt es nach aktuellem Wolfsbericht 31 Rudel, vier Paare und ein territoriales Einzeltier. 1996, also vor 27 Jahren, hat im Freistaat nachweislich nur ein einziges Tier gelebt. Eine logische Folge des Anwachsens der Population: Berichte von Begegnungen, Sichtungen aber auch von unliebsamen Erfahrungen mehren sich. Sollte der Bestand deshalb künftig aktiv begrenzt werden? Zwei Menschen, zwei Meinungen.

Pro: Regulierung wäre eine Entscheidung der Vernunft

Georg-Ludwig von Breitenbuch (CDU) sagt:

Sachsen ist inzwischen das Gebiet mit der größten Wolfsdichte weltweit. Der Wolf hat in unserer Kulturlandschaft seinen selbstverständlichen Platz wiedergefunden, steigende Bestände sind ein Beleg für den nach wie vor gelingenden Artenschutz. Damit muss jedoch auch realitätsnah umgangen werden, denn gleichwohl nehmen mit der Ausbreitung des wilden Tieres auch die Sorgen und Schäden zu - vornehmlich im ländlichen Raum im Rahmen der Nutztierhaltung.

Bereits jetzt wird für den Herdenschutz großer Aufwand betrieben. Um allerdings Schäden in vernünftigem Maße zu begrenzen, sollte ein Bestandsmanagement ähnlich wie bei anderen Wildtieren Anwendung finden. Dafür bietet das sächsische Jagdrecht die Grundlage, um auch regional und in Abstimmung mit den Betroffenen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es ist ein großes Ärgernis, dass die Bundesregierung bisher nicht den entscheidenden Antrag Richtung EU stellt, der die Jagd des Wolfes ermöglichen würde.

Eine Quote, das ist klar, dürfte nicht aus der Luft gegriffen sein und müsste einer ständigen Kontrolle unterliegen. Aktuell liegt der jährliche Zuwachs bei circa 30 Prozent. Wenn der Bestand gleich bleiben soll, müssen folglich 30 Prozent geschossen werden. Fest steht: Wir in Sachsen leiden auch unter dem Wolf und wir brauchen endlich eine Entscheidung der Vernunft.

Georg-Ludwig von Breitenbuch ist Vizefraktionschef der CDU in Sachsen. Die Fraktion hat kürzlich in einem Positionspapier einen Wandel im Umgang mit dem Wolf gefordert und setzt sich für die Einführung einer Jagdquote ein.
Georg-Ludwig von Breitenbuch ist Vizefraktionschef der CDU in Sachsen. Die Fraktion hat kürzlich in einem Positionspapier einen Wandel im Umgang mit dem Wolf gefordert und setzt sich für die Einführung einer Jagdquote ein. © Fabian Deicke

Contra: Jagdquote macht Herdenschutz nicht überflüssig

Marie Neuwald (NABU) sagt:

Der Zuwachs an Wolfsterritorien in Sachsen beträgt im Schnitt 17 Prozent im Jahr. Es ist rein biologisch jedoch nicht zu erwarten, dass folglich auf einer kleinen Fläche massenhaft Wölfe leben. Denn der Wolf ist ein territoriales Tier. Ein Rudel besteht durchschnittlich aus acht Tieren; zwei Elterntiere, plus Nachwuchs des aktuellen sowie vorherigen Jahres. Diese acht Wölfe besetzen ein Territorium von 200 bis 250 Quadratkilometer, was etwa der Fläche der Stadt Chemnitz entspricht.

Weil sich in einem Territorium in der Regel keine rudelfremden Wölfe ansiedeln, unterliegt das Tier bereits einer natürlichen Regulation. Und das ist ein Unterschied zu vielen anderen Wildarten. Eine pauschale Abschussquote könnte Risse nicht verhindern. Man würde bei einer Quote von 30 Prozent lediglich zwei bis drei Tiere entnehmen, die übrigen eines Rudels könnten jedoch immer noch Schaden stiften. Das eigentliche Ziel einer Jagdquote wäre damit verfehlt. Um das Leid von Weidetierhaltern zu schmälern, bliebe auch bei Einführung einer Jagdquote ein funktionierender Herdenschutz das einzig wirksame Mittel.

Anders sieht es jedoch in Fällen aus, wo Wölfe wiederholt und nachweislich einen guten Herdenschutz überwinden. Es ist eine Sache der Fairness, dass man nicht immer höheren Herdenschutz fordert, sondern auch hier einmal sagt: Der betreffende Wolf muss entnommen werden. Das ist über das heutige Bundesnaturschutzgesetz schon möglich.

Marie Neuwald ist Referentin für Wölfe und Beweidung beim Naturschutzbund NABU in Berlin und ist bundesweit Ansprechpartnerin für die Koexistenz von Wolf, Mensch und Weidetier. Insbesondere Sachsen liegt aufgrund der hohen Wolfspopulation im Fokus des NAB
Marie Neuwald ist Referentin für Wölfe und Beweidung beim Naturschutzbund NABU in Berlin und ist bundesweit Ansprechpartnerin für die Koexistenz von Wolf, Mensch und Weidetier. Insbesondere Sachsen liegt aufgrund der hohen Wolfspopulation im Fokus des NAB © NABU/Klemens Karkow

Die ganze Diskussion zum künftigen Umgang mit Wölfen

Grundlage dieses Pro-Contra-Stücks sind Gespräche mit dem CDU-Politiker Georg-Ludwig von Breitenbuch und der Wolfsexpertin Marie Neuwald vom Naturschutzbund NABU im Podcast "Thema in Sachsen". In der Folge mit dem Titel "Der Wolf zum Abschuss frei?" haben beide jeweils ihre Sicht auf den künftigen Umgang mit Wölfen in Sachsen und Deutschland erklärt und begründet. Die ganze Folge hören Sie über diesen Player.

"Thema in Sachsen" erscheint alle 14 Tage bei Sächsische.de und den gängigen Plattformen für Podcasts. Das Format greift die wichtigsten Ereignisse und Nachrichten, Stimmungen und Hintergründe aus Sachsen auf. Über das jeweils aktuelle "Thema in Sachsen" sprechen Experten, politisch Aktive, Wissenschaftler, Betroffene und Journalisten.