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Energiepreise: Was Verbraucher jetzt tun sollten

Die Preisexplosion bei Gas und Strom beschert zwei Brüdern aus Walddorf viel Arbeit. Sie erfahren jetzt täglich, wie prekär die Lage ist - und haben zwei wichtige Tipps.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Mirko (links) und Patrick Waldstein arbeiten in Walddorf als Energieberater.
Mirko (links) und Patrick Waldstein arbeiten in Walddorf als Energieberater. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Kunden rennen Mirko und Patrick Waldstein derzeit förmlich die Türe ein. Was die beiden Brüder und Unternehmer aus Walddorf eigentlich freuen müsste, hat allerdings einen bitteren Hintergrund. Waldsteins arbeiten als Energieberater, Mirko Waldstein gründete vor bald zehn Jahren seine Firma "Experten-Point" und berät Verbraucher, wenn es um günstige Tarife bei Energieanbietern geht.

Und Energiepreise sind aktuell das Aufregerthema schlechthin. In den vergangenen Monaten sind die Preise für Strom und Gas enorm gestiegen. Ab Herbst 2021 sieht Mirko Waldstein rückblickend den Anstieg. "Beim Gas hatten wir im Dezember noch Preise von acht Cent pro Kilowattstunde, jetzt sind wir bei 16 Cent", hat er beobachtet. Pro Monat, sagt er, steige der Gaspreis um circa zwei Cent.

Als er 2013 eine Ausbildung zum Energiemanager absolvierte und sich selbstständig machte, bestand seine Arbeit hauptsächlich darin, im Tarifdschungel der vielen Anbieter für Verbraucher den günstigsten Strom- und Gasanbieter zu finden und Ersparnisse für die Familien zu erzielen. Das konnten schon einmal mehrere Hundert Euro pro Jahr sein. Bei Gewerbekunden gingen die Einsparungen gar in die Tausende. Mit solchen Erfolgsmeldungen kann der Energieberater derzeit nicht mehr seine Kunden erfreuen.

Prognose: Preise werden weiter steigen

Im Gegenteil - meist drohen nun Nachzahlungen oder immens hohe Abschläge. "Ich habe einen Kunden, der soll jetzt 750 Euro Abschlag im Monat für Gas bezahlen, für einen Drei-Personen-Haushalt", schildert Mirko Waldstein. Das sei für viele kaum mehr leistbar. Vor allem ältere Leute, die nur eine Rente beziehen, stünden oft kopflos vor einem großen Problem.

Inzwischen liegt der Fokus seiner Arbeit deshalb darauf, Langzeit-Verträge mit Preisgarantie bei möglichst stabilen Anbietern zu vermitteln. "Damit haben die Kunden wenigstens etwas Planungssicherheit, zumindest etwa für die nächsten zwei Jahre", so Waldstein. Dazu rät er Verbrauchern nun in der aktuellen Situation dringend. Jeder sollte versuchen, sich jetzt noch Verträge zu vernünftigen Konditionen zu sichern, so Mirko Waldstein. Denn der Energieberater geht davon aus, dass die Preise zum Herbst/Winter, wenn die neue Heizsaison beginnt, noch einmal kräftig steigen werden. Wenn sich die Verbraucher jetzt nicht damit beschäftigen und sich die Energie für die nächste Zeit sichern, drohe eine Volksarmut, so seine Prognose.

Auch Betrüger machen sich breit

Inzwischen betreut er rund 800 Kunden - vorrangig in der Region, aber auch deutschlandweit. Mit der Energieberatung habe er eine Nische entdeckt - schon vor zehn Jahren, als an die aktuelle Situation noch gar nicht zu denken war. Die Ukraine-Krise ist dabei nur die Spitze des Eisbergs, so Waldstein. "Das befeuert die Sache aber noch mal."

In den neun Jahren seiner Selbstständigkeit hat er einiges erlebt. So gebe es auch Betrügerfirmen, die Kunden am Telefon überrumpeln und Verträge mit vermeintlich günstigen Tarifen abschließen. Das stellt sich im Nachhinein als Fass ohne Boden heraus. Zwei Firmen aus Berlin seien da bekannt in der Branche, erzählt er. "Mit denen schlage ich mich regelmäßig herum, um für die Kunden wieder die Kohlen aus dem Feuer zu holen." In etlichen Fällen sei das auch gelungen.

Immer mehr betroffene Kunden

Ende des letzten Jahres häuften sich dann auch noch Insolvenzen von Energieanbietern - und ließen Kunden ratlos zurück. Weil für den Walddorfer Energieberater die Arbeit immer mehr wurde, stieg sein Bruder Patrick mit in den Experten-Point ein. Er befasst sich schon seit Jahren vor allem mit regenerativen Energien.

Auf diesem Gebiet wollen Waldsteins sich nun erweitern. Denn das sieht Mirko Waldstein als zweiten wichtigen Punkt, den Verbraucher jetzt angehen sollten: "Wer es sich leisten kann und möchte, sollte überlegen, in erneuerbare Energien zu investieren." Wenn man bedenkt, wie viel man derzeit und auch in Zukunft für Gas und Strom bezahlen wird, rentiere sich eine solche Investition schon über die Jahre gesehen. "Zumindest bis zu einem gewissen Alter." Man mache sich damit unabhängiger von den Preisen und dem Angebot am Markt.

Künftig Beratung zu alternativer Energie

Ein Vorteil in der Region sei in der jetzigen Situation immerhin, so die beiden Energieberater, dass viele Heizungsanlagen nach der Wende erneuert wurden. Sie haben inzwischen um die 30 Jahre auf dem Buckel und müssen wieder ersetzt werden. Da würde es sich anbieten, so Waldsteins, über Alternativen zum Gas nachzudenken.

In Zukunft wollen sie daher mit Beratung im Hinblick auf regenerative Energien ein weiteres Standbein aufbauen. So planen sie zum Beispiel Infoveranstaltungen an ihrem Standort in Walddorf in der ehemaligen Gaststätte "Friedenseiche" zu verschiedenen Themen, wie Erdwärme oder Fotovoltaik. Dieser Tage bilden sie sich auf einer Messe in Nürnberg zum Thema weiter. Auch regionale Handwerksfirmen wollen sie mit ins Boot holen, um nicht nur theoretische Infos anzubieten, sondern auch gleich Firmen vermitteln zu können, die das Ganze dann bauen können.