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Braucht Sachsens Wald Buchen statt Kiefern?

Der Borkenkäfer erwacht jetzt aus der Winterruhe. Sachsens Waldbesitzer wissen, was zu tun ist – aber nicht alle.

Von Georg Moeritz
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Waldbesitzer vor kahlen Kiefern: Werner Puppe (links) und Sachsens Landesforstpräsident Utz Hempfling wissen, dass Käferholz rasch aus dem Wald muss. Doch wie geht es dann weiter?
Waldbesitzer vor kahlen Kiefern: Werner Puppe (links) und Sachsens Landesforstpräsident Utz Hempfling wissen, dass Käferholz rasch aus dem Wald muss. Doch wie geht es dann weiter? © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild

Belgern-Schildau. Werner Puppe hat viele Feinde. Noch mit 71 Jahren muss der Rentner aus Nordsachsen die Borkenkäferplage abwehren. In seinem Kiefernwald auf Sand- und Tonboden hat sich der Schädling eingenistet. Weil es jetzt wärmer wird, werden die Insekten bald ausschwärmen und neue Brutplätze suchen. Bei etwa 15 Grad sind sie aktiv.

Doch nicht nur der Käfer stört Werner Puppe. Wer mit ihm durch seine 35 Hektar Wald bei Belgern streift, bleibt in Brombeergestrüpp hängen, daneben stößt die Spätblühende Traubenkirsche vor. „Damit werden wir gar nicht fertig“, sagt der ehrenamtliche Leiter der Forstbetriebsgemeinschaft Neußen. Die unerwünschten Pflanzen stören Puppe beim Aufforsten und beim Waldumbau.

Nach den Stürmen, der Dürre und dem Käfer- und Pilzbefall der vergangenen Jahre hat Werner Puppe neue Bäume in seinen Wald geholt. Am Freitag zeigte er das Gebiet in der Dahlener Heide dem Landesforstpräsidenten Utz Hempfling. Buchen wurden dort gepflanzt, Roteichen und Stieleichen, auch Hainbuchen und Vogelkirschen „zur Auflockerung“.

Neue Bäume gesucht - passend zum Klima

Damit verhält sich der Waldbesitzer so, wie es Forstpräsident Hempfling und Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) empfehlen: Klimastabilere Mischwälder sollen an die Stelle von gefährdeten Monokulturen treten. Wo von Natur aus keine angepassten Baumarten nachkommen, sollen neue Bäume gepflanzt werden, „die für künftige Herausforderungen geeignet sind“.

Das Fichtensterben hat laut Hempfling vor allem dort um sich gegriffen, wo die Nadelbäume „über ihr natürliches Verbreitungsgebiet hinaus“ in Massen angepflanzt worden waren. In den Wäldern Nordwestsachsens ist die Kiefer die Hauptbaumart. Bei Kiefern und Laubbäumen hat der Käferbefall nun zugenommen.

Dass nun alle Waldbesitzer ihre Bäume austauschen, ist aber nicht zu erwarten. Reinhard Müller-Schönau, Vorsitzender des Sächsischen Waldbesitzerverbandes, ärgert sich über überzogene Erwartungen. Auch er lasse jetzt Küstentannen, Douglasien und Roteichen pflanzen. „Wer streut, rutscht nicht“, sagt Müller-Schönau. Man solle nicht alles auf eine Karte setzen.

Doch manches Saatgut sei derzeit gar nicht zu bekommen, etwa die zweijährige Traubeneiche. Außerdem seien die Einkaufspreise gestiegen – während das Überangebot an Nadelholz die Holzpreise fallen ließ.

Es gibt verschiedene Borkenkäfer, die Sachsens Bäumen zusetzen. Das Foto zeigt konservierte Kiefernborkenkäfer, zur Anschauung auf der Rinde einer Kiefer.
Es gibt verschiedene Borkenkäfer, die Sachsens Bäumen zusetzen. Das Foto zeigt konservierte Kiefernborkenkäfer, zur Anschauung auf der Rinde einer Kiefer. © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild

Laubholz hat nicht nur Vorteile

Müller-Schönau macht klar, dass die Bäume auch Ertrag bringen müssen. Deshalb wurden ja so viele Fichten nach dem Krieg gepflanzt. Buchenholz sei nicht so vielseitig verwendbar. Die Nadelbäume werden schneller dick.

Das Kiefernholz von Werner Puppe kommt meistens ins große Sägewerk der HIT Holzindustrie Torgau. Das zahlt ihm derzeit sechs Euro pro Kubikmeter für Palettenholz und einen Euro für Industrieholz – daraus lassen sich auch Spanplatten machen oder Zellstoff gewinnen. Die Einnahmen reichen nicht fürs Wiederaufforsten, sagt Puppe. „Im Moment geht’s den Waldbesitzern richtig dreckig“, sagt Müller-Schönau. In Süddeutschland gebe es etwas mehr Geld fürs Holz, Sachsen habe nur wenige Sägewerke als Abnehmer.

Doch die Waldbesitzer bekommen Unterstützung, und auch der Chef des Sächsischen Waldbesitzerverbandes lobt das sächsische Förderprogramm zur Borkenkäferbekämpfung und Wiederbewaldung. 38 Millionen Euro stehen für vier Jahre zur Verfügung.

Staatsbetrieb unterstützt private Waldbesitzer

Landesforstpräsident Hempfling berichtet, dass im Staatswald rund 96 Prozent der erkannten Schäden im vorigen Jahr beseitigt wurden, in den übrigen Wäldern mindestens drei Viertel. Der Staatsbetrieb unterstütze die privaten Waldbesitzer, im Internet informiert er über ein Waldbesitzer-Portal. Hempfling fordert sie auf, ihre Wälder zu kontrollieren: „auch wenn Sie im Dezember schon einmal dort waren“. Bei frischem Befall müssten die Stämme so schnell wie möglich aus dem Wald geschafft werden. Sonst griffen die Käfer auch auf gesunde Bäume über.

Nach dem Rekordschaden des Jahres 2019 mit 2,2 Millionen Kubikmeter Schadholz fielen voriges Jahr noch einmal 1.8 Millionen an. Nach drei Jahren Dürre fehlt laut Hempfling trotz des nassen Winters noch Reserve in tieferen Schichten, aus denen die Bäume Wasser ziehen. Doch wenigstens habe es keine schweren Stürme oder Schneebruch mehr gegeben.

Forstbetriebsgemeinschaft erleichtert die Arbeit

Werner Puppe hat es beim Sägen und Aufforsten leichter als manche Kleinwaldbesitzer, weil er zu einer Forstbetriebsgemeinschaft gehört. Die 69 Mitglieder können ihr Holz gebündelt verkaufen und finden auch leichter einen Dienstleister als jemand mit wenigen Hektar Wald. Doch Puppes Forstbetriebsgemeinschaft ist im Kreis Nordsachsen die einzige. In Sachsen gibt es 22.

Nur 1.650 von 85.000 privaten Waldbesitzern in Sachsen sind Mitglied einer solchen Forstbetriebsgemeinschaft. In Süddeutschland sind sie stärker verbreitet. Laut Puppe gab es nach der Wende in Sachsen oft Vorbehalte gegen Zusammenschlüsse, wegen schlechter Erfahrungen mit Kollektivierung in der DDR. Zudem seien viele Waldbesitzer Erben oder Erbengemeinschaften, die wenig mit ihren Bäumen zu tun hätten. Doch nun meldeten sich häufiger Interessenten bei ihm – eine Folge der Waldschäden.