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Wandelbots Dresden steigt aus Robotik-Hardware aus

Das Dresdner Robotik-Unternehmen musste über ein Drittel der Belegschaft entlassen. Nun ist ein Neustart als Software-Schmiede geplant.

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Anfang des Jahres 2023 übergab Wandelbots-CEO Christian Piechnick Robotertechnik an die BSZ Elektrotechnik. Im Laufe des Jahres musste sich das Startup  strategisch neu aufstellen.
Anfang des Jahres 2023 übergab Wandelbots-CEO Christian Piechnick Robotertechnik an die BSZ Elektrotechnik. Im Laufe des Jahres musste sich das Startup strategisch neu aufstellen. © ronaldbonss.com

Von Heiko Weckbrodt

Wandelbots Dresden gibt sein Geschäft mit Anlernstiften („Tracepens“), Sensorjacken sowie anderer Roboter-„Hardware“ auf und konzentriert sich auf einfach nutzbare Roboter-Software. Das hat Wandelbots-Stabschef Martin Wanitschke auf Anfrage mitgeteilt. In diesem Zuge habe das Robotikunternehmen rund 60 seiner zeitweise bis zu 160 Beschäftigten entlassen oder abfinden müssen.

Die Führungsriege sieht diesen Strategiewandel als Chance für einen Neuanfang. Geplant ist, so rasch wie möglich ins ehemalige Kupplungswerk in Dresden-Löbtau umzuziehen – dorthin, wo zuvor das „Theater in der Fabrik“ (TiF) und das „Kino in der Fabrik“ (KiF) aufgespielt hatten. Derzeit sucht das Unternehmen deshalb einen Nachmieter für die Villa an der Rayskistraße, in der Wandelbots derzeit sitzt.

Ein Blick zurück: Software-Technologen der TU Dresden hatten Wandelbots Anfang 2018 gegründet, um die „Robotik zu demokratisieren“: Roboter zu schulen und einzusetzen sollte so kinderleicht werden, dass jeder Bäcker, Fräser oder Tischler damit klarkommt – ganz ohne Programmierkenntnisse, nur durch sogenannte „No-Code-Robotik“. Möglich machen sollte dies ein Gespann aus einfach bedienbaren Roboter-Steuerprogrammen sowie aus Sensorjacken und -stiften, mit denen sich Roboter binnen Stunden durch bloßes „Vormachen“ anlernen lassen.

Dieses Konzept sorgte überregional für Schlagzeilen, beispielsweise durch einen Bäcker, der seine Brötchen in aller Frühe mit Wandelbots-Hilfe durch angelernte Roboter backen ließ, weil er nicht mehr genug menschliche Frühaufsteher fand. Doch in Industrie und Handwerk konnte sich die Wandelbots-Technologie nicht so recht durchsetzen. Die Experten in den potenziellen Kundenbetrieben mochten sich nicht mit den Tracepens anfreunden.

Zudem war es schwerer als gedacht, einmal gefundene Automatisierungslösungen ohne Weiteres von Branche zu Branche und von Betrieb zu Betrieb zu übertragen. „Wir haben die Komplexität unseres Vorhabens unterschätzt“, räumt Martin Wanitschke ein.

Mietvertrag für Villa in Dresden läuft 2024 aus

Derweil hatte Wandelbots allerdings immer mehr Leute eingestellt. Der ursprüngliche Firmensitz an der Tiergartenstraße war bereits im Jahr 2021 zu klein. Daher mietete das Unternehmen in der Ausbauphase zwei Erweiterungsstandorte an: Die Roboter-Probeinstallationen wurden in eine Xenon-Halle in Coschütz-Gittersee verlagert. Die Belegschaft zog schrittweise an die Rayskistraße um. Bald wurde aber klar, dass das keine Dauerlösung sein konnte.

Einerseits machen drei verschiedene Standorte die tägliche Arbeit in einem Team nicht gerade leichter. Andererseits schrumpften Belegschaft und Platzbedarf nach dem Aus für die Hardware-Sparte. Wandelbots will daher im Januar 2024 den Mietvertrag für die Villa an der Tiergartenstraße auslaufen lassen. Außerdem hat sich die Villa in Reick – einst als Sanatorium, zu DDR-Zeiten dann als Kita genutzt – letztlich als zu verwinkelt erwiesen. Roboter testen kann das Wandelbots-Team hier nur in der einstigen Kinder-Schlafhalle im Garten.

Was heißt: Der nächste Umzug steht an. Als Vorzugsvariante gilt das ehemalige Kupplungswerk an der Löbtauer Straße. Inzwischen sind dort alle Kino-Einbauten verschwunden. Übrig blieb die ursprüngliche Fabrikhalle mit Portalkran und Fabrik-Ambiente. Ganz sicher ist der Wechsel nach Löbtau indes noch nicht: Aus dem Mietvertrag an der Rayskistraße kommt Wandelbots erst im Sommer 2025 heraus. Wenn das Unternehmen nicht vorher einen Nachmieter für die Villa in Reick findet, könnte das ehemalige KiF dann womöglich schon andere Mieter gefunden haben.

Parallel zu diesen Immobilien-Rochaden setzt die Führungsriege den Umbau der Firma zur reinen Softwareschmiede fort. Als Kernprodukt will sie die Wandelbots-Software weiterentwickeln, mit der sich Roboter ganz verschiedener Hersteller und Typen ohne Spezial-Programmierkenntnisse für neue Aufgaben anlernen lassen.

Diese eigene Software wollen die Dresdner mit der virtuellen Fabrik-Simulation „Omniverse“ des Grafikchip-Konzerns „Nvidia“ koppeln. Damit könnte Wandelbots seinen Kunden virtuell durchgeprüfte Lösungen für Automatisierungslücken anbieten und dann dafür die Roboter programmieren.

Die „Hardware“ selbst sollen dann aber andere Partner liefern. Als Zielgruppen dafür gelten Maschinenbauer, Systemintegratoren sowie Industrie- und Handwerksbetriebe, die bereits einen Basis-Roboterpark haben und den Automatisierungs-Pfad weitergehen möchten – vor allem im deutschsprachigen Raum und in den USA. Spätestens 2028 – also ein Jahrzehnt nach der Gründung – möchten die Wandelboter dann auch endlich eigene Gewinne schreiben. Bis dahin, so schätzt Wanitschke, wird das Unternehmen wohl noch eine Finanzierungsrunde brauchen.