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Corona: Gastronomen müssen Staatshilfe zurückzahlen

Wirte und Barbetreiber im Landkreis Görlitz leiden unter den derzeitigen Corona-Schutzmaßnahmen. Nun kommt ein weiteres Problem hinzu.

Von Jan Lange
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Inhaber Heiko Winkler in seiner Zittauer Cocktailbar Café Filmriss.
Inhaber Heiko Winkler in seiner Zittauer Cocktailbar Café Filmriss. ©  Archivfoto: Matthias Weber

Eigentlich hat Heiko Winkler genug Probleme: Seine Filmriss Cocktailbar auf dem Zittauer Markt ist seit Wochen geschlossen, der Umsatz bei Null. Clubs und Bars dürfen in Sachsen auch nach der jüngsten Änderung der Corona-Schutzverordnung nicht öffnen. Bis zum 6. März soll die Regelung vorerst gelten. Für den Zittauer Gastronomen ist es eine finanzielle Extremlage.

In dieser drastischen Situation musste er nun auch noch einen Teil der erhaltenen staatlichen Corona-Hilfe zurückzahlen. "Das tut weh", meint er. Bei der Rückforderung handelt es sich um die Soforthilfe aus dem ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020. Rund zwei Drittel des seinerzeit erhaltenen Geldes muss Winkler zurückzahlen.

Der 64-Jährige schwankt zwischen Verärgerung und Verständnis. Verstimmt ist er, weil die Rückforderung in einer Zeit kam, in der seine Cocktailbar wieder zwangsweise geschlossen ist und er kämpfen muss, die weiterlaufenden Fixkosten aufzubringen. Verstehen kann er die Rückforderung aber. Weil keiner der Gastronomen wusste, wie lange der Lockdown dauert, sei die Hilfe ins Blaue beantragt worden. Sie wurde im Nachhinein auf die tatsächliche Schließung berechnet - was zu Rückforderungen führte.

Über 400 Antragsteller müssen Geld zurückzahlen

Nach Angaben der Sächsischen Aufbaubank (SAB) erhielten bisher 406 Antragsteller eine Rückforderung der im Frühjahr 2020 ausgereichten Soforthilfe. 399 Firmen müssen ihre Hilfe vollständig zurückzahlen, bei sieben handelt es sich um einen Teilbetrag. Bei den Teilrückzahlungen musste die Mehrzahl ein Drittel oder weniger zurückgeben.

Die Gründe für eine Ablehnung sind laut SAB-Pressesprecher Volker Stößel vielseitig. "Sie können unter anderem darin liegen, dass Voraussetzungen für die Gewährung einer Hilfsleistung nicht vorliegen." Bei der „Soforthilfe Zuschuss Bund“ bedeute das, dass eine existenzbedrohende Wirtschaftslage in Folge der Pandemie gegeben sein musste.

Betroffen von einer Rückforderung sind 59 Unternehmen der Branchen Gastronomie, Hotellerie und Übernachtungsbetriebe. Die meisten Rückforderungen (69) gingen an Betriebe des Grundstücks- und Wohnungswesen, wie Stößel mitteilt. An zweiter Stelle steht aber die Gastronomie und Hotellerie, gefolgt vom Handel mit 52 Rückforderungen. Unternehmen aus den Bereichen Kunst und Unterhaltung, Gesundheits- und Sozialwesen und des Baugewerbes mussten ebenso Gelder zurückzahlen.

Aus dem Landkreis Görlitz stammen 29 Betriebe, davon gehören fünf zur Gastronomie. Zu den Betroffenen gehört auch Elke Mäffert mit ihrem "Irish Pub" auf der Zittauer Neustadt. Sie soll die komplette, im Frühjahr 2020 erhaltene Soforthilfe zurückzahlen. Und weiß nicht, wie sie das in der momentanen Situation machen soll. Denn der Umsatz lag zuletzt bei zehn Prozent der normalen Höhe. Bei so geringen Einnahmen lohnt sich der Betrieb für sie nicht, sie hat ihre Kneipe vorerst geschlossen. Sie hatte sogar überlegt, den "Irish Pub" ganz zu schließen, will nun aber weitermachen, nachdem ihr Vermieter anbot, die Kaltmiete für April und Mai zu erlassen.

Von den staatlichen Hilfen, die im zweiten Lockdown ausgezahlt wurden, sind bisher 223 Rückforderungen von der SAB gestellt worden. Davon sind elf Unternehmen aus dem Landkreis Görlitz. Heiko Winkler geht davon aus, die im zweiten Lockdown erhaltene Hilfe nicht zurückzahlen zu müssen. Denn die beantragte Summe sei damals von seinem Steuerbüro nach den tatsächlichen Kosten berechnet worden. "Das dürfte es keine Rückforderung geben", glaubt Winkler.

38 Prozent der Anträge bewilligt

Von den Corona-Programmen des jüngsten Lockdowns sind laut SAB bislang rund 38 Prozent der Anträge bewilligt und knapp 33 Prozent ausgezahlt. Die Bearbeitungszeit sei laut Stößel je nach Programm unterschiedlich, zum Beispiel benötigen einfache Zuschüsse bis zur Bewilligung zwei bis drei Wochen, bis zur Auszahlung vier bis fünf Wochen. Komplexere Programme wie die Überbrückungshilfen benötigen demnach eine längere Bearbeitungszeit. "Ebenso haben erforderliche Rückfragen an die Antragsteller einen Einfluss auf die Bearbeitungszeiten", weist der SAB-Pressesprecher hin.

Heiko Winkler will für seine Cocktailbar wegen der aktuellen Zwangsschließung ebenfalls Hilfe beantragen. Dass die Beantragung etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt, kann er verstehen. Es mache keinen Sinn, alles ganz schnell zu machen und dann wieder einen Teil zurückzahlen zu müssen. "Damit ist keinem geholfen", meint er.

Eine Rückforderung der zweiten Corona-Hilfe könnte auf Firmen noch zukommen, wenn sie ihren Betrieb vor dem 30. Juni 2021 eingestellt haben, erklärt der SAB-Sprecher. Aber auch, wenn sie danach dicht gemacht haben und das Ende vor der Auszahlung des Zuschusses liegt.

Auch Heiko Winkler überlegte schon, seine Cocktailbar nicht mehr zu öffnen. Bei solchen Schwierigkeiten halte er nicht mehr lange durch. Er hofft, ab dem 6. März wieder seine Gäste bedienen zu können. Viele Stammgäste meldeten sich in den vergangenen Wochen bei ihm und bestärkten ihn, durchzuhalten. Dafür sei er dankbar.

Dass es nicht nur Versprechen sind, erlebte er im Sommer 2021. Der Betrieb sei da sehr gut gelaufen. Dieser Umsatz habe ihm geholfen, die jetzige Rückforderung bezahlen zu können und keinen Kredit aufnehmen zu müssen.