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Kreis Bautzen: Drehen sich Windräder bald vor der Haustür?

In Sachsen soll sich die Fläche für Windräder verzehnfachen. Ein geringerer Abstand zu Wohnhäusern ist möglich. Was folgt daraus für den Landkreis Bautzen?

Von David Berndt
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Diese Windräder stehen am Ortsrand von Großhänchen, südlich der A4 zwischen Burkau und Bautzen. Werden im Landkreis Bautzen nun neue hinzukommen?
Diese Windräder stehen am Ortsrand von Großhänchen, südlich der A4 zwischen Burkau und Bautzen. Werden im Landkreis Bautzen nun neue hinzukommen? © © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Der Freistaat Sachsen hat Ende 2022 beschlossen, bis 2027 mehr Flächen für neue Windräder auszuweisen. Diese dürfen nun unter bestimmten Voraussetzungen den bisher festgelegten Abstand zu Wohngebäuden von 1.000 Metern unterschreiten. Was bedeutet das für den Landkreis Bautzen? Sächsische.de hat nachgefragt.

Was ist 2023 in Sachsen neu beim Thema Windenergie?

Im Dezember 2022 hat der Sächsische Landtag das Haushaltsbegleitgesetz verabschiedet, das enthält auch eine Klausel zum Thema Windkraftanlagen. Damit soll nach Bundesvorgabe erreicht werden, dass bis Ende 2027 zwei Prozent der Landesfläche für Windenergieanlagen ausgewiesen werden. Das wären zehnmal so viel wie bisher.

Die sogenannte Flexibilisierungsklausel besagt, dass Windräder näher an Wohngebäuden gebaut werden dürfen. Der bisherige Mindestabstand von 1.000 Metern fällt weg. Allerdings ist das immer nur möglich, wenn die jeweilige Kommune dem zustimmt.

Zuständig für die Ausweisung neuer Flächen sind die regionalen Planungsverbände. Diese erhalten dafür nun bis 2027 jährlich jeweils 350.000 Euro aus dem sächsischen Haushalt. Für die Landkreise Bautzen und Görlitz ist das der regionale Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien (RPVON).

Was bedeuten diese Änderungen nun?

Prof. Dr. Martin Maslaton erklärt es so: „Die Annahme, dass jetzt Windkraftanlagen 300 Meter vor der Tür stehen, ist falsch.“ Martin Maslaton hat eine Professur für Recht der erneuerbaren Energien an der TU Chemnitz inne, befasst sich als Fachanwalt für Verwaltungsrecht mit seiner Kanzlei in Leipzig mit demselben Thema und steht dem sächsischen Landesverband für Windenergie vor.

Bei der Ausweisung von Flächen für Windkraftanlagen gehe es um zwei Aspekte: Mit dem Planungsrecht werde geregelt, ob es überhaupt Flächen gibt, auf denen gebaut werden darf. Dafür sei die Zustimmung der Gemeinde nötig, egal, ob es nun um 1.000 oder 800 Meter Abstand zu Wohngebäuden gehe. „Dazu kommt der Schutz der Bevölkerung. Der wird nicht über einen Abstand von 1.000 Metern, sondern über den Emissionsschutz hergestellt“, sagt Martin Maslaton. Dazu prüfe das Landratsamt als zuständige Behörde, ob die Vorgaben hinsichtlich Schall und Schattenwurf eingehalten werden.

Prinzipiell sehe er viele potenzielle neue Flächen für Windenergie, er empfehle solche in der Nähe von Industrie- und Gewerbegebieten. Denn dort gebe es die nötige Infrastruktur mit Straßen, Gleisen oder Starkstromleitungen.

Wie viele Windräder gibt es im Landkreis Bautzen?

Im Moment gibt es 92 Windenergieanlagen im Kreis Bautzen. Laut Landratsamt beträgt deren „installierte Leistung insgesamt 145 Megawatt“. Zum Ertrag lägen allerdings keine Daten vor. Kleinwindräder mit weniger als 50 Metern Gesamthöhe seien hier nicht berücksichtigt.

Wie viel Fläche des Landkreises diese Anlagen einnehmen, ist ebenfalls unklar. RPVON-Leiter Wolfgang Zettwitz kann lediglich Aussagen zum gesamten Planungsgebiet machen, also für die Kreise Bautzen und Görlitz zusammen. „Die Anlagen selbst nehmen natürlich nur eine kleine Fläche ein.“ Die bisher ausgewiesenen Vorrang- und Eignungsgebiete würden 0,22 Prozent der Gesamtfläche beider Kreise ausmachen.

Wie geht es im Kreis Bautzen mit der Windenergie weiter?

Der RPVON soll sich nun um neue Flächen für Windenergie in der Oberlausitz kümmern. „Unsere Aufgabe ist es, Flächen auszuweisen oder vorzubereiten, auf denen Windkraftanlagen realistisch errichtet werden können“, sagt Wolfgang Zettwitz. Bis überhaupt mal ein neues Windrad gebaut wird, könnten noch Jahre vergehen. Die Flächen dafür müssen bestimmte Kriterien erfüllen.

Welche das sind, klärt sich laut Zettwitz Ende Januar. Dann will der Verband mit einem Satzungsbeschluss den Regionalplan inklusive der Kriterien für die Windenergie fortschreiben. „Wir wollen ein Oberlausitzer Konzept, das unsere regionalen Besonderheiten wie den Naturschutz berücksichtigt“, sagt Wolfgang Zettwitz. Es gehe um eine Verteilung sowohl von Lasten als auch von Chancen im ganzen Raum.

Mit dem für Windenergie zweckgebundenen Geld aus dem sächsischen Haushalt will Zettwitz neue Stellen im Planungsverband finanzieren. Bis zu vier Stellen seien möglich. Die bisherigen Mitarbeiter seien überlastet, und es brauche vor allem eine Spezialisierung. Schließlich ist der Verband auch für die Braunkohleplanung und Klimakonzepte zuständig.

Wie stehen Kommunen im Kreis zur Windenergie?

Auf dem Gebiet der Stadt Bautzen gibt es bisher keine Windkraftanlagen. Und es sind laut Auskunft der Stadtverwaltung auch keine Flächen für Windenergie durch den Planungsverband ausgewiesen. Wie der Stadtrat zu dem Thema stehe, werde sich zeigen, wenn entsprechende Anträge vorliegen.

Der Kamenzer Stadtrat hat laut Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos) bislang zurückhaltend auf Anfragen zu Windkraftanlagen reagiert. „Wir vertreten den Standpunkt, dass es Aufgabe des Regionalen Planungsverbandes sein wird, besonders in Bereichen der sogenannten Bergbaufolgelandschaften Flächenpotenziale auszuweisen, sodass die Erzeugung von erneuerbaren Energien landschafts- und möglichst umweltschonend erfolgen kann.“

Die Stadt selbst setze eher auf Fotovoltaikanlagen. Neue sollen etwa auf Hallendächern im geplanten Produktions- und Logistikpark zwischen Kamenz und dem Ortsteil Zschornau entstehen.