SZ + Bischofswerda
Merken

Bischofswerda: Stadtrundfahrt für Behördenmitarbeiter

Die Landesuntersuchungsanstalt soll von Dresden nach Bischofswerda umziehen. Das stößt bei Mitarbeitern auf Kritik. Nun gibt's für sie besondere Werbetouren.

Von Miriam Schönbach
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Bischofswerdas Oberbürgermeister Holm Große (2.v.r.) erklärt die Pläne zum Bau des neuen LUA-Laborkomplexes. Das ist aber nur ein Tagesordnungspunkt auf der Stadtrundfahrt für die Behördenmitarbeiter.
Bischofswerdas Oberbürgermeister Holm Große (2.v.r.) erklärt die Pläne zum Bau des neuen LUA-Laborkomplexes. Das ist aber nur ein Tagesordnungspunkt auf der Stadtrundfahrt für die Behördenmitarbeiter. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Bischofswerda. Der Wind zerrt am Plan für den neuen Laborkomplex der Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA). Doch der Bautzener Niederlassungsleiter des Staatsbetriebs Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), Jaroslaw Golaszewski, ist es inzwischen gewöhnt, immer mal wieder Wogen bei der Millionen-Investition im Gewerbegebiet Nord in Bischofswerda zu glätten.

„Wir haben bisschen Respekt vor diesem großen Vorhaben, noch sind wir ja mit Ihnen in der Qualifizierung Ihres Bedarfs. Das ist die Voraussetzung, damit wir zügig in die Planung gehen können“, sagt er den Zuhörenden.

Jene Menschentraube wirkt wie eine Reisegruppe, und ein bisschen entspricht das auch der Praxis. Gut 30 LUA-Mitarbeiter sind an diesem Donnerstagvormittag auf Einladung von Oberbürgermeister Holm Große (parteilos) in Bischofswerda, ein zweiter Schwung ist für Freitag angesagt, weitere waren bereits Ende April da, um ein bisschen Gefühl für ihren künftigen Arbeitsort zu bekommen.

Denn die Entscheidung des Freistaats, die LUA aus Dresden nach Bischofswerda zu verlagern, ist auf viel Widerstand gestoßen. Die Landesregierung habe über die Köpfe der Mitarbeiter entschieden, hieß die vielfach geäußerte Kritik.

Freistaat will 260 Millionen Euro investieren

Ein bisschen Frust klingt immer noch aus dem Gemurmel der Reisegruppe heraus. Doch ein Zurück gibt es keineswegs, macht der neue Behördenchef Jens Albrecht auf dem windigen Acker in Bischofswerda klar. „Wir wissen, wie dringend unsere Bedarfe sind“, sagt er und verweist auf die verschiedenen Gebäudenutzungen in Dresden aus „Büdchen und Buden“.

Die Eckdaten dazu hat Jaroslaw Golaszewski: Im Moment gebe es in der Landeshauptstadt 8.000 bis 9.000 Quadratmeter für die LUA-Arbeit, gebraucht würden schon jetzt 17.000 Quadratmeter. Rund 260 Millionen Euro will der Freistaat nach aktuellen Planungen in die „modernste Landesuntersuchungsanstalt in ganz Deutschland“ investieren, 90 Prozent der Kosten sollen über das Investitionsgesetz für die Kohleregionen fließen.

Aufgrund der derzeit dynamischen Entwicklung im Bausektor drängt Jaroslaw Golaszewski auf eine zügige Umsetzung des Projektes. „Die Fertigstellung 2026 ist jetzt schon Geschichte. Ich rechne nach Architektenwettbewerb, Entwurf- und Ausführungsplanung frühestens 2028 mit einer Inbetriebnahme“, sagt er. Dann wird für die gut 350 Mitarbeiter der neue Arbeitsort Bischofswerda sein.

Mitarbeiter fürchten längere Arbeitswege

Die aufgemachte Zeitschiene lässt einige der Zuhörer durchatmen, denn die Furcht vor langen Arbeitswegen ist groß. „Es wohnen nicht alle am Bahnhof, und für viele ändert sich eben die Entfernung zum jetzigen Wohnort“, sagt Kerstin Bumbel. Die 62-Jährige leitet die „Amtliche Lebensmitteluntersuchung“. In ihrer Abteilung gibt es 110 Stellen.

Kerstin Bumbel weiß, wie dringend notwendig der LUA-Neubau ist. „Es fehlt an Ausstattung und Räumen. Wir haben zum Teil Labore mit mehreren Geräten, die eigentlich separat stehen müssten. Da behelfen wir uns, dass wir erst die eine und dann die andere Untersuchung machen“, sagt sie.

Einen Überblick über die Zahl derer, die nach Bischofswerda umziehen wollen, habe sie noch nicht, Sorge bereite ihr die Altersgruppe zwischen 55 und 65, die sicher nicht umziehen möchte. „Ich habe aber die Hoffnung, dass junge Leute aufgeschlossener sind. Einige Signale gibt es auch schon“, sagt sie.

Auch in den aktuellen Stellenausschreibungen findet sich als künftiger Arbeitsort Bischofswerda. Und nach Aussagen der Stadt gibt es schon erste Interessenten für Wohnbauplätze.

Oberbürgermeister wird zum Reiseleiter

Respekt erhält OB Holm Große von seinen Besuchern, der an diesem Vormittag nicht nur den perfekten Reiseführer durch seine Heimatstadt gibt. Er versucht, den Großstädtern und Rand-Großstädtern die Angst vor der Provinz zu nehmen. Mit der Frage „Was hat jeder aus Bischofswerda immer dabei?“ ködert er seine Zuhörer. Die Auflösung ist einfach. Das Unternehmen Temedia stattet unzählige Automobilhersteller mit Verbandskästen aus.

Darüber hinaus verrät Große noch, was den Defa-Ober-Indianer Gojko Mitic mit Schiebock verbindet und was sich Musik- und Fernsehproduzent Stefan Raab in der Kleinstadt abgeguckt hat. Es gab nämlich erst das Schiebock-Rennen mit dem ungewöhnlichen Marktwagen und dann Formate wie die Wok-WM. Ob der Unterhalter die Idee vom Wettstreit mit ungewöhnlichen Sportgeräten tatsächlich abgekupfert hat, muss offenbleiben. Alle anderen Fragen beantwortet der Reiseleiter für einen Tag.

Bei der Stadtrundfahrt geht es vorbei an den großen Gewerbe- und Industriegebieten, an bunten Kitas, frischsanierten Grundschulen und neuen Wohnbaustandorten. Als sich der Bus am Goethe-Gymnasium vorbeischiebt, wird es kurz ganz still auf den Plätzen. „Ich denke, dieser Schulbau gehört zu den schönsten in Sachsen“, plaudert Holm Große ins Mikrofon. Ob sein Werben bei den LUA-Mitarbeitern aber zündet, wird sich erst noch zeigen müssen. Eins ist für ihn aber klar: Die neuen Schiebocker sind willkommen in der Provinz.