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Kann ich auf Homeoffice bestehen?

Arbeitgeber können Mitarbeiter wieder ins Büro holen. Wer sich dort um seine Gesundheit sorgt, dem bietet das Arbeitsrecht aber gewisse Schutzmöglichkeiten.

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Eine Frau sitzt mit Laptop an einem Tisch im Homeoffice.
Eine Frau sitzt mit Laptop an einem Tisch im Homeoffice. ©  Symbolbild: dpa/Fabian Strauch

Die meisten Corona-Schutzmaßnahmen sind weggefallen – darunter auch die Homeoffice-Pflicht und der 3G-Nachweis in Betrieben. Arbeitgeber schätzen die Gefährdung durch das Virus seither wieder selbst ein und legen ein betriebliches Hygienekonzept zum Infektionsschutz fest. Für die Umsetzung sind die Betriebe ebenfalls selbst verantwortlich.

Droht nun Willkür vonseiten des Arbeitgebers?

Nein. Aufgrund der hohen Infektionszahlen gelten weiterhin gewisse Mindestanforderungen für Betriebe, die die Bundesregierung bis 25. Mai als Übergangsphase verordnet hat. Der Arbeitgeber müsse weiterhin Schutzmaßnahmen treffen, um die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter zu gewährleisten, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Dazu gehören: 1,5 Meter Abstand, etwa durch Einzelbüros oder ausreichend Platz zwischen den Schreibtischen. Falls das nicht möglich ist, kann die Führungskraft die Beschäftigten im Wechsel vor Ort arbeiten lassen. Hinzu kommen Lüftung, Maskenpflicht dort, wo der Schutz nicht möglich ist, und wöchentliche Testangebote. Setzt der Arbeitgeber die Vorgaben nicht um, muss er dies laut Schipp gegenüber den Beschäftigten begründen können.

Können Beschäftigte auf Homeoffice bestehen?

Davon rät Johannes Schipp ab. Arbeitnehmer haben kein Recht mehr auf Homeoffice. Covid-19 gilt nun als ein Gesundheitsrisiko unter vielen. Damit haben Beschäftigte nicht mehr die Möglichkeit, sich auf die strengen Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes zu berufen. Es gilt regulär wieder das Arbeitsschutzgesetz.

Ob Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten dürfen, ist aber grundsätzlich im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt. Ohne eine entsprechende Klausel, so Schipp, dürfe der Arbeitgeber auf eine Rückkehr ins Büro bestehen. Wer trotzdem zu Hause bleibt, muss entweder mit einer Kündigung rechnen oder in Kauf nehmen, dass der Vorgesetzte kein Gehalt mehr zahlt.

Was ist aber, wenn ich am Arbeitsplatz um meine Gesundheit fürchte?

Johannes Schipp rät, im Vorfeld gut abzuwägen, ob ein Anspruch auf Homeoffice rechtlich umsetzbar ist. „Nur in Extremfällen können Arbeitnehmer darauf bestehen“, sagt er. Das könne nur bezogen auf den konkreten Einzelfall geklärt werden.

Als Maßstab gelte: Die Arbeit im Büro darf dem Arbeitnehmer nicht mehr zuzumuten sein, weil das Gesundheitsrisiko überwiegt. Für den Arbeitsrechtler fallen beispielsweise Risikopatienten nach einer Organtransplantation darunter, für die eine Ansteckung auch mit vollständiger Impfung lebensgefährlich sein kann.

Mein Arbeitgeber hat keine Schutzmaßnahmen mehr. Was nun?

Lassen die hygienischen Schutzmaßnahmen darauf schließen, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, etwa weil nicht regelmäßig gelüftet oder der Abstand nicht eingehalten wird, empfiehlt Schipp im ersten Schritt, den Arbeitgeber auf die Unzulänglichkeiten anzusprechen. Erst wenn sich an der Situation nichts ändert, können Arbeitnehmer sich auf das Arbeitsschutzgesetz (Paragraf 17) berufen und sich bei der Gesundheitsbehörde beschweren und im äußersten Fall den Vorgesetzten anzeigen. Auch wenn durch diesen Schritt im Unternehmen schlechte Stimmung drohen könne, dürfe dem Arbeitnehmer laut Schipp dadurch kein Nachteil entstehen.

Wie kann ich mich schützen, wenn der Chef Corona generell leugnet?

Wenn der Chef jegliche Vorgaben ignoriert, sollten Mitarbeiter sich von Beginn an rechtlichen Beistand holen, sagt Schipp. Es stünde immer die Frage der Recht- und Verhältnismäßigkeit im Raum, die von Laien schwer einzuschätzen sei. Besteht – egal, ob man als Risikopatient gilt – eine besondere Gefahr, sich im Betrieb anzustecken und gesundheitlich schweren Schaden zu erleiden, können Beschäftigte gegebenenfalls auch ein Zurückhaltungsrecht geltend machen und zu Hause bleiben. Jegliche Beschwerden sollten jedoch schriftlich erfolgen, um vor Gericht notfalls erforderliche Nachweise erbringen zu können.

Steckt der Arbeitgeber durch sein Fehlverhalten einen Mitarbeiter an, könne man wegen fahrlässiger Körperverletzung klagen und Schadenersatz verlangen. (dpa)