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Dresdner Jurist hält Querdenken-Klage für Unsinn

Die Querdenken-Bewegung will vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ziehen. Warum ein Dresdner Rechtsexperte darüber staunt.

Von Alexander Schneider
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Rund 5.000 Menschen protestierten im Oktober auf dem Theaterplatz
gegen die Coronapolitik der Bundesregierung.
Rund 5.000 Menschen protestierten im Oktober auf dem Theaterplatz gegen die Coronapolitik der Bundesregierung. © Archiv: René Meinig

Dresden. Sie wollen als Gesprächspartner mit den höchsten Politikern ernst genommen werden – aber wollen im gleichen Atemzug Unterschriften sammeln, um Richter verklagen zu können. Die effektheischenden Ankündigungen der Dresdner Initiative Querdenken 351 erinnert nicht nur zufällig an den Pegida-Populismus. Am vergangenen Montag haben die beiden Initiativen nacheinander am Dresdner Altmarkt demonstriert und sich einen Großteil ihres Publikums gleich weitergereicht.

"Querdenken"-Sprecher Marcus Fuchs sagte, die Unterschriftensammlung, die nun am Montag beginnen soll, werde sie in die Lage versetzen alle zu verklagen, „die uns nötigen, Masken zu tragen“. Konkret habe es die Initiative schon jetzt auf Richter des Oberverwaltungsgerichts Bautzen (OVG) abgesehen. Wenn es nach Querdenken 351 geht, sollen sich die Richter wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten.

Der Grund: Am 12. Dezember 2020 seien „alle regierungskritischen Demos“ verboten und alle Eilanträge abgelehnt worden. Man habe nun ein Konzept ausgearbeitet, den sechsten Senat des OVG „anzuklagen“ – in Den Haag. Es geht auch um die Maskenpflicht, nach Ansicht Fuchs sei „kein Nutzen nachgewiesen“ und das Tragen gefährde sogar die Gesundheit, wie er sagte: „Das will ich nicht verantworten, euch zu nötigen, eine Maske zu tragen“.

„Nötigung ist kein Völkerrechtsstraftatbestand“

Der Dresdner Anwalt und Hochschullehrer Willi Vock nennt das „ganz großen Unsinn“. Am Montagabend, ausgerechnet, hielt der Professor eine Online-Vorlesung über das Thema Völkerrecht vor Studenten der Verwaltungsakademie Sachsen. Am Dienstag habe er dann die Ankündigung in der SZ gelesen. „Nötigung ist kein Völkerrechtsstraftatbestand“, sagt Vock. Zudem seien für eine solche Strafanzeige zunächst die deutsche Staatsanwaltschaft zuständig.

Im Völkerstrafrecht gehe es um Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen der Aggression und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nötigung sei kein Verbrechen. Um Gerichtsentscheidungen anzufechten, empfiehlt Vock den Rechtsweg vor Verwaltungsgerichten. Strafrechtlich könne man nur einzelne Menschen anklagen, das sei bei Richtern schwierig, sie handelten als Amtspersonen. Zivilrechtlich etwa ließe sich auch der Freistaat als Herr über die Gerichte verklagen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags haben wir die Teilnehmerzahl der Querdenken-Demonstration auf dem Dresdner Theaterplatz am Sonnabend, 31. Oktober, irrtümlich mit 1.000 angegeben. Tatsächlich nahmen an der Kundgebung geschätzt rund 5.000 Menschen teil, wie wir es damals bereits berichtet hatten. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

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