Ferdinand Adolph Lange hat Glashütte aus der Bedeutungslosigkeit geführt. Der Uhrmacher aus Dresden hat vor gut 175 Jahren die Initialzündung gegeben, dass aus dem alten Bergbaustädtchen Deutschlands bedeutendste Uhrenstadt wurde. Später wurde er Bürgermeister und Landtagsabgeordneter. Sein Urenkel Walter Lange wagte 1990 den Neustart der Feinuhrmacherei, indem er mit Unterstützung des Managers Günter Blümlein die Lange GmbH neu gründete. Wer die Grabstätte der beiden Langes auf dem Glashütter Friedhof besucht, staunt.
Für so bedeutende Unternehmer wirkt diese sehr bescheiden. "Das ist auch ein Statement", findet Glashüttes Bürgermeister Markus Dreßler (CDU). Auch der Gedenkstein für Rudolf Lange - Walter Langes Vater -, der von 1920 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs den Uhrenhersteller A. Lange & Söhne zusammen mit seinen Brüdern geführt hatte und 1954 in Pforzheim starb, ist alles andere als auffällig. Ein schlichtes Kreuz erinnert an den Unternehmer.
25 bedeutsame Grabstellen und Gedenksteine
Doch es gibt auch Grabstätten, denen man ansieht, dass hier ein bedeutender Mensch begraben wurde. Dazu gehört die des Unternehmers Arthur Burkhardt, der die ersten serienmäßig hergestellten Rechenmaschinen in Deutschland baute. Doch gerade dieses Familiengrab müsste dringend saniert werden. "Es drohte einstürzten", sagt Dreßler und zeigt auf die zwei Holzbalken, die das Grab stützen. "Die hat der Bauhof aufgestellt." Hier gibt es keinen mehr, der sich um das Grab kümmert.
Kein Einzelfall. Die Kirche als Besitzer des Friedhofs sieht sich nicht in der Lage, diese Gräber zu unterhalten. Deshalb bat sie die Stadt um Hilfe. Dreßler sah zwei Möglichkeiten, abbauen oder sanieren. Die Stadt hat sich für Letzteres entschieden.
Außerdem ließ das Rathaus die Gräber auf dem Gottesacker von Fachleuten des Dresdner Architekturbüros Kern begutachten. Diese ordneten 25 Grabstellen und Gedenksteine als bedeutsam ein. "Viele dieser Gräber erinnern an die interessante und wechselvolle Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner. Teils wurden einige Gräber bereits als Kulturdenkmäler eingestuft", begründet Dreßler das Vorgehen der Stadt.
Auch der Grenzsoldat Peter Göring wurde hier begraben
Unter den Grabstellen gibt es auch eine mit einer ganz besonderen Geschichte - die des Grenzsoldaten Peter Göring, der von der DDR 1962 ein Staatsbegräbnis erhielt. "Die DDR verklärte ihn", sagt Dreßler. Das, was auf dem Grabstein steht, entspricht nicht der Realität, deshalb habe man überlegt, das Grab zu beseitigen, so Dreßler. "Wir haben uns dagegen entschieden, auch das ist ein Teil der Geschichte."
Deshalb soll an diesem Grab eine Tafel errichtet werden, auf der man nachlesen kann, wie Göring zu Tode kam. "Der Tod von Peter Göring ist wie die anderen Maueropfer zu bedauern und die wirklichen Umstände der damaligen Ereignisse sind in unserer Erinnerung zu bewahren", heißt es dazu in der Broschüre.
Glashütte sieht sich in der Pflicht, die Erinnerungen an die Persönlichkeiten wach zu halten. Deshalb übernimmt die Stadt die Unterhaltung der Gräber, die bedeutsam sind und für die es keine Pflegeverträge mehr gibt, sagt Dreßler.
Die Stadt geht noch einen Schritt weiter. Sie beauftragte die Fachleute, einen Rundgang zu konzipieren. Neu ist die Idee nicht. Bereits der frühere und inzwischen verstorbene Diakon Edgar Rahm hatte zusammen mit der Kirchgemeinde ähnliches vor.
Die Arbeiten an der Konzeption der Stadt sind abgeschlossen. Es liegen Broschüre und ein Flyer vor. Wer sich für diesen Teil der Glashütter Geschichte interessiert, kann mit deren Hilfe die Grabstätten der hier ruhenden Unternehmer aufsuchen. Um sie zu finden, werden dort kleine Tafeln aus Edelstahl angebracht.
In der Broschüre kann jeder nachlesen, warum die dort Ruhenden für Glashütte bedeutsam sind. Verkauft wird das kleine Heft voraussichtlich im Deutschen Uhrenmuseum Glashütte und im Tourismusbüro. "Am Eingang des Friedhofs werden wir eine Informationstafel aufstellen. Hier werden wir auch die Flyer auslegen", sagt Dreßler.
Stadt will Kirche bei Instandhaltung helfen
Dreßler ist froh, dass dieses Vorhaben auch gefördert wird. Die Stadt konnte sich über den Kleinprojektefond der Leader-Region Silbernes Erzgebirge einen Zuschuss von rund 14.000 Euro sichern, um einen „Historischen Lehrpfad zu Gräber-Denkmälern von bedeutenden Persönlichkeiten auf dem Glashütter Friedhof" zu schaffen. Unterstützung kam von mehreren Partnern, sagt Dreßler. Neben dem Deutschen Uhrenmuseum Glashütte und der Kirchgemeinde waren es mehrere Bürger, die sich an dem Projekt beteiligten.
Die Verwaltung möchte in diesem Jahr auch Geld bereitstellen, um einige Grabstellen zu sichern. "Um eine Grabstelle zu sichern, braucht man 5.000 bis 10.000 Euro", so Dreßler. Zusammen mit der Kirchgemeinde will Dreßler, Fördermittel der Denkmalpflege beantragen, um andere Arbeiten auf dem fast 450 Jahre alten Friedhof zu ermöglichen. "Der Friedhof ist wichtiger Bestandteil unserer kulturellen Traditionen. Er widerspiegelt die Geschichte auf eigene, besondere Weise", begründet Dreßler das Engagement der Stadt, die vor mehr als 500 Jahren das Stadtrecht erhalten hat.
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