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Wie geht es jetzt weiter mit der BRN in Dresden?

Anfang Januar kam die Absage für das große Kiez-Fest "Bunte Republik Neustadt" im Juni. Gibt es nun die Chance auf eine Alternative?

Von Julia Vollmer
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So bunt feierte die Neustadt ihre BRN auf der Louisenstraße im Sommer 2017.
So bunt feierte die Neustadt ihre BRN auf der Louisenstraße im Sommer 2017. ©  Sven Ellger (Archiv)

Dresden. Lange schon waberten die Gerüchte durch den Kiez. Anfang Januar wurde dann klar: Es wird auch in diesem Sommer keine Bunte Republik Neustadt (BRN) geben. Die Stadt besteht auf einen Gesamtveranstalter für das kultige Stadtteilfest. Diesen gibt es aber nicht. "Einzelaktionen von Bürgern sind nicht genehmigungsfähig, da sie in ihrer Gesamtwirkung auf den öffentlichen Raum betrachtet werden müssen. Sie führen zu einem Fest ohne Veranstalter", urteilte das Rathaus.

Nun keimen erste Ideen im BRN-Büro auf, wie es im Sommer trotzdem Leben im Viertel geben könnte.

Was ist für dieses Jahr geplant?

Eine große BRN wird es nicht geben, aber vielleicht mehrere kleine Feste. Laut Ulla Wacker vom BRN-Büro gibt es "zaghafte Ansätze und es keimen erste Ideen". Die Akteure sammelten zurzeit Bereiche und Areale in der Neustadt, wo es möglich wäre, kleinere Veranstaltungen an mehreren Wochenenden im Juni stattfinden zu lassen. "Es wird aber voraussichtlich eher kleinformatig und dazu wollen wir ins Gespräch kommen", sagt Ulla Wacker. Details, auch zu den Akteuren, will sie noch nicht verraten.

Fragt man die Stadt, ob es nach der Absage schon Gespräche mit Akteuren aus dem Kiez gegeben hat, kommt als Antwort ein "Nein."

Einer, der seit vielen Jahren bei der BRN aktiv dabei ist als Veranstalter, ist Stefan Schulz, Betreiber von Downtown und von Katy's Garage. "Mein Herz hängt an der BRN, ums Geld verdienen geht es hier nicht", sagt er. Finanziell verdiene er mehr an einem "normalen" Abend in seinen Clubs als an einem BRN-Abend, wenn er den Martin-Luther-Platz mit Bands bespiele und Standmieten und Co. zahlen müsse. "Ich wünsche mir wieder mehr Seele hinter dem Fest und dazu müssen wir auch neue Ideen entwickeln, wie etwa mehrere kleine Balkonkonzerte."

Wird "Die Partei" jetzt Gesamtveranstalter?

Mitte Januar hatte die Satirepartei "Die Partei" um ihren Stadtrat Max Aschenbach bei Twitter angekündigt, die Rolle des Gesamtveranstalters übernehmen zu wollen. "Eigentlich ist ein Gesamtveranstalter Quatsch, der Zauber der BRN war es immer, dass sich die Anwohner selber organisieren. Aber natürlich können wir als Gesamtveranstalter die Vermittlerrolle zwischen Stadt und Anwohnern übernehmen", sagte Stadtrat Max Aschenbach. Und stellte auch klar: "Wir machen das, wir meinen das ernst."

Doch im Rathaus hat er sich offenbar bislang nicht gemeldet. "Die Partei hat bisher nur öffentlich erklärt, als Veranstalter der BRN auftreten zu wollen. Diese Absichtsbekundung stellt noch keine konkrete Veranstaltungsanmeldung dar", heißt es auf Sächsische.de-Anfrage dazu von der Stadt.

Das Rathaus erklärt, was es theoretisch von der Partei braucht, wenn diese als Gesamtveranstalter auftreten würde: "Nach Vorliegen eines Sicherheitskonzepts und aller erforderlichen Anträge für den öffentlichen Raum kann geprüft werden, ob die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Erlaubnisse für die Durchführung eines Festes erteilt werden können." Die Stadt will nun die "Die Partei" informieren, dass sie diesen formalen Antrag stellen muss und welche Unterlagen dazu eingereicht werden müssen.

Was wünschen sich die Anwohner für ihr Stadtteilfest?

Hier scheinen die Wünsche und der Bezug zur BRN je nach Generation weit auseinander zu gehen. Während sich viele ältere Kiezbewohner noch an die "guten alten Zeiten" mit handgemachter Musik und Ständen, an denen die Oma Gänseschmalzstullen verkauft hat, erinnern, ist für viele junge Menschen die BRN gar nicht mehr so präsent. "Unsere Jugendlichen unter 21 Jahren haben gar keinen Bezug mehr dazu oder sie haben sie eher negativ aufgrund der Stände der großen Brauereien als Kommerz in Erinnerung", sagt Streetworker Fabian Günther von der mobilen Jugendarbeit Neustadt der Diakonie. Sein Kollege Sascha König und er arbeiten mit jungen Menschen im Kiez.

So sieht das auch Anne Herpertz von den Neustadt-Piraten und Studierenden-Vertreterin an der TU Dresden. "Junge Menschen sind zuletzt nicht mehr zur BRN gegangen aufgrund des Kommerzes, wir müssen sie zurückerobern und ihnen Räume zurückgeben, wie etwa mit mehr autofreier Neustadt."

Junge Menschen sollten hier mehr in die Planung eines Festes mit einbezogen werden und die Gesellschaft auf deren Themen wie fehlende Freiräume und Treffpunkte aufmerksam gemacht werden, betont SPD-Stadtbezirksbeirat Christian Demuth. "Es wäre die Chance, ein Zeichen aus der Neustadt zu senden, dass Dresden eine junge, moderne Stadt sein möchte." Neustadt-Ortsvereinsvorsitzende Julia Hartl könnte sich vorstellen, zusammen mit den Anwohnern aus dem Kiez Ideen zu überlegen und ihnen beim Schreiben des Antrags zu helfen, welche Veranstaltungen sie anmelden könnten , etwa aus den Bereichen Musik oder Kunst.

So sieht das auch Linken-Neustadt-Stadtrat Christopher Colditz. "Von der Stadt wünsche ich mir, dass sie mit einem breiten Beteiligungsprozess der Anwohnerschaft sowohl personell aber auch finanziell unter die Arme greift, um ein neues tragfähiges Konzept nach deren Wünschen auf die Beine zu stellen und hier die Engagierten mit ihrem Erfahrungsschatz unterstützt."

Persönlich wünscht er sich: "Mehr Nachbarschaft und 'do it yourself', weniger Kommerz und Fressbude." FDP-Stadtrat Holger Zastrow fordert eine ehrliche Diskussion der Neustädter, an deren Ende das "offizielle Aus der BRN stehen kann und deren Überführung in eine zeitgemäße 'Bunte Republik'." Auch Grünen-Stadtrat Torsten Schulze wünscht sich mehr Kommunikation zwischen Anwohnern und Stadt.