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Dresdner Bäcker: "Man merkt, dass die Kunden jetzt bewusster kaufen"

Die Preisexplosion bei Rohstoffen wie Mehl und Öl trifft auch die Dresdner Bäcker. Das Kaufverhalten der Kunden ändert sich deshalb. Doch das finden die Bäcker gar nicht so schlecht.

Von Juliane Just
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300 Mal geschenktes Handwerk: Zahlreiche Dresdner Bäcker haben zum Tag des deutschen Brotes frische Laibe in der Innenstadt verteilt.
300 Mal geschenktes Handwerk: Zahlreiche Dresdner Bäcker haben zum Tag des deutschen Brotes frische Laibe in der Innenstadt verteilt. ©  Christian Juppe

Dresden. "Von ihrem Bäcker um die Ecke", sagt René Krause und übergibt einer älteren Dame lächelnd ein Brot. In seinem schneeweißen Gewand der Bäcker-Innung und mit einem riesigen Korb voller Brote in der Hand macht der Leubener Bäcker am Mittwoch Werbung für sein Handwerk. Mit im Boot sind zahlreiche namhafte Dresdner Bäcker, die frische Laibe in der Innenstadt verteilen. Damit wollen sie den Tag des deutschen Brotes am 18. Mai feiern.

Der Deutsche und sein Brot - eine besondere Beziehung. Der Stellenwert des Brotes ist derart hoch, dass es in Deutschland sogar als Weltkulturerbe eingetragen ist. Über 3.200 eingetragene Sorten gibt es. "Die Kunden wissen handgemachtes Brot zu schätzen", ist sich René Krause sicher und zeigt ins Café am Ring, dessen Inhaber er ist. Dort tummeln sich die Kunden, ein Brot nach dem anderen geht über die Theke. Es ist und bleibt der Verkaufsschlager schlechthin.

Doch die Explosionen bei Kraft- und Rohstoffen sowie Energiepreisen, hervorgerufen durch den Krieg in der Ukraine, sorgt auch bei den Dresdner Bäckern mitunter für Stirnrunzeln. "Beim Mehlpreis sind wir beispielsweise bei einer Verteuerung von 75 bis 100 Prozent", verdeutlicht René Krause. Damit hat sich der Preis binnen kurzer Zeit verdoppelt. Für alle neun Läden der Bäckerei wird eine Mehlmenge verbacken, die theoretisch für 55.000 Brötchen reichen würde.

Kunden nehmen teurere Brötchen in Kauf

Die Betriebe müssen sich der Preisentwicklung fügen. Dass das die Kunden zwangsläufig trifft und die Backwaren damit teurer werden, lässt sich nicht vermeiden. Doch die Abnehmer seien nicht verärgert. "Alles wird gerade teurer. Ich denke, wir haben einen sehr guten Kontakt zu den Kunden und ein Gefühl dafür, was sie akzeptieren", sagt Ralf Ullrich. Er betreibt eine Schaubäckerei an der Schandauer Straße in Striesen.

Durch die erhöhten Preise bemerken die Bäcker ein verändertes Kaufverhalten bei den Kunden. "Man merkt, dass die Kunden jetzt bewusster kaufen", sagt Ullrich. Bewusstes Einkaufen heißt: Nahm der Kunde noch vor Monaten noch drei Brötchen mehr mit, kalkuliert er nun, was davon er wirklich verbraucht.

Obwohl die Kunden damit auch weniger kaufen, zeigen sich die Bäcker durchaus zufrieden mit dieser Entwicklung. "So schmeißen die Kunden die Backwaren nicht weg, sondern konsumieren sie auch bewusst", betont der Bäcker. Auch das sei eine Wertschätzung des Handwerks.

Viele der Betriebe würden die Preissteigerungen nicht in vollem Umfang an die Abnehmer weitergeben. "Ich denke, wir Handwerksbäckereien sind flexibel und individuell genug, um die Verteuerung aufzufangen", sagt Tino Gierig. Er ist Brotsommelier und Geschäftsführer des Dresdner Backhauses mit Hauptsitz an der Augsburger Straße nahe der Uniklinik.

Ist der Einkauf beim Bäcker bald Luxus?

Geht es nach ihm, soll das Einkaufen beim Bäcker auch künftig kein Luxus werden - jeder soll sich Brot und Brötchen leisten können. Damit das so bleibt, macht er in den sechs Geschäften des Dresdner Backhauses Abstriche. "Wir verzichten beispielsweise auf einzelne Produkte und bieten dafür andere Produkte in größerer Stückzahl an", beschreibt er. Getreu dem Motto: Weniger ist manchmal mehr.

Doch die Reduzierung der Backwaren in der Theke ist für die Bäcker nicht in Größenordnungen möglich, denn "der Kunde setzt eine gewisse Produktpalette voraus", betont Gierig. Schließlich seien Industriebackwaren bei Bäckereiketten oder Supermärkten weiter große Konkurrenten für die Traditionsbäcker.

Auch Verpackungen und Kartonagen seien erheblich teurer geworden - das werde zur Stollensaison wichtig. "Das sind viele Themenbereiche, die wir noch in Angriff nehmen müssen", so Gierig. Um 15 Prozent wurden die Preise im Dresdner Backhaus im März angehoben. Er rechne damit, dass eine weitere Preissteigerung in diesem Jahr nicht zu umgehen sei.

Die hungrigen Abnehmer nehmen solche Abstriche bisher in Kauf. "Die Brotkultur ist beim Deutschen einfach verankert", betont Ralf Ullrich. Das sei auch das, was die Dresdner Bäcker antreibe. Die Kunden, da sind sich alle einig, können und wollen nicht ohne Brot leben - und das ist auch gut so.