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Neuer Mieter: Im Dresdner Lilienstein-Hotel öffnet ein E-Sport-Leistungszentrum

David Schramm lebt vom E-Sport, also leistungsorientiert gespielten Computerspielen. In einem Hotel an der Dresdner Prager Straße baut er Sachsens größtes E-Sportzentrum auf.

Von Dirk Hein
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David Schramm (r.) baut Dresdens erstes E-Sportzentrum auf. Unterstützung kommt von Hai Bui aus der Dresdner FDP.
David Schramm (r.) baut Dresdens erstes E-Sportzentrum auf. Unterstützung kommt von Hai Bui aus der Dresdner FDP. © Matthias Rietschel

Dresden. David Schramm steht im Keller des einstigen Interhotels "Lilienstein" auf der Prager Straße, dort wo mittlerweile ein Holiday Inn Express geöffnet hat, und sprüht vor Begeisterung und Überzeugungskraft. Wo sich aktuell noch Kartons neben Technik und alten Möbel sammeln, soll möglichst noch im Sommer ein E-Sport-Café und ein Leistungscamp für E-Sportler öffnen.

Ein erstes E-Sportzentrum an der Prager Straße

Wer will, kommt vorbei, kann Essen und Trinken bestellen, sich stundenweise eine Konsole mieten und am Computer spielen - allein oder zusammen mit Freunden und anderen Teams, verbunden über das Internet. Auf 300 Quadratmetern Fläche werden Konsolen, Computer und Monitore aufgebaut und von den Wänden hängen, es gibt Sitzbereiche und Rückzugsräume.

Weiter hinten in den Räumen ist ein eigener Eventbereich geplant. "Hier können Podiumsdiskussionen stattfinden, wir werden Livestreams ins Internet übertragen. Wir können Public-Viewing von Game-Events, zum Beispiel von Weltmeisterschaften, veranstalten", sagt David Schramm. Ein eigener Eingangsbereich entsteht, das Logo "Forty Four" für Bar und Leistungszentrum wird gleich groß neben dem Hotel-Logo angebracht werden.

Urplötzlich öffnet sich eine Welt, von der viele zwar ahnen, dass sie existiert. Von deren genauen Dimensionen dürften die meisten aber nur eine vage Vorstellung haben. Weltweit setzt die digitale Spieleindustrie laut des Instituts der Deutschen Wirtschaft jährlich rund 200 Milliarden Euro um - etwa das Siebenfache dessen, was Kinos 2022 einnahmen. Allein in Deutschland sei der Markt fast zehn Milliarden Euro schwer. Wie selbstverständlich haben Bundesligavereine eigene Profikader aufgebaut, die am Computer Fußball spielen. Auch Dynamo Dresden beschäftigt sich mittlerweile mit dem Thema E-Fußball. Die Stars der Szene sind weltweite Berühmtheiten.

Im ehemaligen "Lilienstein" an der Prager Straße entsteht die E-Sportbar und das Zentrum für Sport am Computer.
Im ehemaligen "Lilienstein" an der Prager Straße entsteht die E-Sportbar und das Zentrum für Sport am Computer. © Matthias Rietschel
Einige Räume des weiter auch als Hotel genutzten Gebäudes werden umgebaut.
Einige Räume des weiter auch als Hotel genutzten Gebäudes werden umgebaut. © Matthias Rietschel
Alexander und David Schramm planen den "Gaming & E-Sport Hub".
Alexander und David Schramm planen den "Gaming & E-Sport Hub". © Matthias Rietschel

"Gaming war schon immer meine Leidenschaft"

Für David Schramm, 34 Jahre alt und von Beruf eigentlich Fachkraft für Lagerlogistik, begann der Einstieg in diese Gamer-Welt mit sechs Jahren. "Gaming war schon immer meine Leidenschaft, es ging los mit einem Gameboy, dem alten grauen Kasten." Später kam der erste eigene PC. Dann wurden Computer über LAN-Kabel zusammengeschaltet - "und ich habe zusammen mit Freunden schöne Wochenenden verbracht". Erneut kurze Zeit später verlagerte sich das Spiel ins Internet. Sogenannte Clans, also E-Sport-Mannschaften, gründeten sich.

David Schramm war mit dabei, 2012 stieg er bei "404 Multigaming" ein, wurde Co-Leader und später Clan-Leader. 2018 wurde aus dem Clan ein eingetragener Verein - und David Schramm zum Präsidenten. "Bei der Gründung waren wir acht Mitglieder, mittlerweile sind wir über 150 und damit größter Gaming- und E-Sport-Verein in Sachsen." Jedes Mitglied zahlt fünf Euro im Monat Vereinsbeitrag. Man sieht sich "als fester Bestandteil der Deutschen E-Sport-Szene", will ein "optimales Umfeld für Athleten und Partner" schaffen.

Der Verein ist integriert in den Dresdner Hochschulsport, bietet E-Sportkurse über das Sportangebot der TU Dresden an - und eröffnete 2020 die erste E-Sportbar in der Dresdner Neustadt. Das Konzept kam an, überlebte die Wirren der Corona-Zeit dennoch nicht wirklich.

Plötzlich Teil einer Milliardeninvestition

Dann geschah erneut etwas Unglaubliches. "Wir hatten das große Glück, dass mit Henri Wilmes der Investitionschef eines großen Firmenverbundes gesehen hat, was wir geleistet haben. Die investieren gerade eine Milliarde Euro und wir wurden gefragt, ob wir mit in eines ihrer Hotels kommen wollen", sagt David Schramm. Tatsächlich investiert die LRO Hospitality vor allem in angeschlagene Hotels, um die neu zu positionieren und wieder schlagkräftig zu machen.

In Dresden hat die Kette aus dem alten Lilienstein-Hotel das Holiday Inn Express gemacht, was vor allem junge Menschen ansprechen soll. "Die haben das Thema Gaming für sich entdeckt", strahlt David Schramm. Vorerst kostenlos darf Schramm, der das Projekt zusammen mit seinem jüngeren Bruder Alexander vorantreibt, die Räume nutzen. "Heute werden die letzten Verträge unterschrieben, in etwa zwei Wochen soll der Umbau beginnen", sagt der 34-Jährige. Wahrscheinlich im Spätsommer soll alles fertig sein. Dieses "alles" umfasst dabei nicht nur die knapp 300 Quadratmeter im Keller, sondern perspektivisch eine komplette weitere Etage im Hotel.

Ein Bootcamp und Kommentatoren-Plätze für Live-Events

Hier wird vorerst ein "Bootcamp" eingerichtet. Wer will, kann sich einen perfekt ausgestatteten Raum mit sechs PCs mieten, um mit Freunden am Computer zu zocken, vor allem aber, um sich professionell auf Wettkämpfe vorzubereiten. Das Ziel des Vereins: "Wer aus Asien oder Amerika nach Berlin kommt, um hier ein Turnier zu spielen, wird zukünftig in Dresden übernachten und sich hier vorbereiten."

Der Verein will auf der Etage ein eigenes Studio einrichten, um Wettbewerbe im Internet übertragen zu können. Spezielle Kommentatoren-Plätze sind geplant. Die Technik wird so ausgelegt, das Events zum Beispiel in Kinosälen stattfinden können, im Studio bearbeitet und ohne Verzögerungen ins Internet übertragen werden können.

Das alles ist nicht ohne leistungsfähiges Internet möglich. "Der Anschluss wird ausgebaut, da sind wir dran, es finden richtige Umbaumaßnahmen statt". Finanziert wird der Umbau zum größten Teil über Sponsoren, die noch nicht genannt werden sollen. Auch ein Gesundheitspartner ist an Bord.

David Schramm und sein Bruder wollen zudem als Personalvermittler agieren. Viele Technik-Konzerne brauchen dringend Nachwuchs. Der Kontakt zu technikaffinen jungen E-Sportlern ist dabei Gold wert. Beide haben aus ihrem Hobby mittlerweile ihren Beruf gemacht, leben als Multiunternehmer vom Aufbau des E-Sports in Dresden.

Unterstützung aus der Politik

Mittlerweile steht auch die Unterstützung durch die Politik. "Wir streben die Einrichtung eines E-Sport-Zentrums in Dresden an, um lokale Talente zu finden", wurde im Wahlprogramm der Dresdner FDP verankert. Hinter diesem Antrag steht Hai Bui. Seit zwei Jahren hält der Dresdner Kommunalpolitiker den Kontakt zwischen der FDP auf Bundesebene und dem Dresdner E-Sport.

Im Bund kämpfen die Liberalen dafür, dass E-Sport als regulärer Sport anerkannt wird und den Vereinen damit eine Gemeinnützigkeit zugesprochen werden kann. Das ist zum Beispiel wichtig beim Erhalt von Spenden.

"Dresden ist nicht nur eine Stadt des Barocks, sondern auch des E-Sports", sagt Hai Bui und musste dafür zumindest bei älteren Parteimitgliedern etwas Überzeugungsarbeit leisten. "Im Grunde sind es kleine Start-ups, die zum Kultur- und Sportleben dazugehören und genau das Recht auf Förderung haben, wie andere Vereine", sagt Hai Bui.

Unterstützung, die David Schramm gern annimmt. "Obwohl Sponsoren bereitstehen, müssen wir viel Pionierarbeit leisten. Dresden und Sachsen drohen beim Thema E-Sport den Anschluss zu verlieren."