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Streik in Dresden: Diese Kitas und Horte sind zu

Am Dienstag rufen die Gewerkschaften zum Streik in Kitas und Horten auf. Diese Einrichtungen werden komplett bestreikt.

Von Nora Domschke & Julia Vollmer & Juliane Just
 5 Min.
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Rund 400 Erzieher sind am Dienstagmorgen ans Dresdner Elbufer gekommen, um für bessere Arbeitsbedingungen zu streiken.
Rund 400 Erzieher sind am Dienstagmorgen ans Dresdner Elbufer gekommen, um für bessere Arbeitsbedingungen zu streiken. © SZ/Julia Vollmer

Dresden. Bange Frage am Dienstagmorgen: öffnet meine Kita oder mein Hort oder sind die Kinder zuhause? Mit dieser Frage begann für viele Dresdner Eltern der Dienstag. Ab 6 Uhr morgens veröffentlichte die Stadt die Liste, welche Kitas und Horte öffneten.

Denn die Gewerkschaft Verdi sowie der Sächsische Erzieherverband hatten zu einem ganztägigen Warnstreik in den kommunalen Kitas und Horten in Dresden auf. Eine kleine gute Nachricht: Wer sein Kind nicht in die Kita schicken kann, kann mit ihm am Dienstag für ein Eintrittsgeld von einem Euro in den Zoo gehen.

In diesem Artikel:

  • Welche Einrichtungen streikten mit?
  • Was sagten die Eltern?
  • Warum wurde gestreikt und wo?
  • Wie ist die Situation für die Dresdner Erzieher?

Welche Einrichtungen streikten mit?

Laut Website der Stadt waren rund 30 Kitas und Horte komplett zu. Darunter unter anderem die Kita Spenerstraße 37 und Kita Spitzwegstraße 55 sowie der Hort der 120. Grundschule. Viele Kitas und Horte wurden nur zum Teil bestreikt, können also Kinder aufnehmen. Andere waren ohne Einschränkungen offen.

Was sagten die Eltern?

Für Eltern konnte keine Notbetreuung zur Verfügung gestellt werden, so die Stadt. Stattdessen öffneten die Einrichtungen, sobald pädagogische Fachkräfte zum Dienst erscheinen. Es konnten maximal so viele Kinder betreut werden, wie nach Personalschlüssel zulässig sind.

In den sozialen Netzwerken machen Eltern ihrem Ärger über den Zeitpunkt des Streiks Luft. "Eine Zumutung. Erst sind die Kitas ewig im eingeschränkten Regelbetrieb mit strikt getrennten Gruppen und beschränkten Öffnungszeiten. Und dann pünktlich mit der Wiederaufnahme des halbwegs normalen Betriebs wird gestreikt. Absolut unverständlich [...] Manchmal möchte ich echt schreien", schreibt etwa Romy Linke.

Sorge bereiteten den Eltern vor allem die fehlende Planbarkeit. "Grundsätzlich möchte ich, dass Erzieher gut bezahlt werden, aber wenn ich am Streiktag erst 6 Uhr erfahre, ob mein Kind in die Kita kann oder nicht , dann stresst mich das sehr", so eine Mama.

Eine Betreuung in anderen Kitas war wegen der Corona-Pandemie nicht möglich. "Da wir aus rechtlichen Gründen keine verbindlichen Ermittlungen zur Streikteilnahme durchführen dürfen, können wir leider nicht im Vorfeld mitteilen, welche Kindertageseinrichtungen ganz oder teilweise geöffnet bzw. streikbedingt geschlossen sein werden", schreibt Sabine Bibas, Leiterin des Eigenbetriebs "Kindertageseinrichtungen" an die Eltern. Dennoch versuche der Eigenbetrieb aus freiwillig eingehenden Informationen eine Übersicht der voraussichtlich geöffneten beziehungsweise voraussichtlich teilgeöffneten Kindertageseinrichtungen zu erstellen.

Wenn die Kita den kompletten Tag nicht öffnen kann, bekommen die Eltern automatisch innerhalb einer Frist von drei Monaten 1/20 ihres Elternbeitrages für den Streiktag zurückerstattet, so die Stadt.

Warum wird gestreikt und wo?

In der Kritik stehen schon länger die sogenannten flexiblen oder kapazitätsorientierten Arbeitsverträge, die der Eigenbetrieb Kita mit einigen Erziehern abschließt. Mit den 32-Stunden-plus-x-Verträgen wird eine Mindestarbeitszeit von 32 Wochenstunden vereinbart. Sollte der Eigenbetrieb mehr Bedarf haben, werden die Erzieher auch darüber hinaus eingesetzt – einen Anspruch darauf haben sie aber nicht. Was wiederum bedeutet, dass die finanzielle Sicherheit durch ein regelmäßiges Einkommen in einer bestimmten Höhe nicht gegeben.

Seit 9 Uhr fand am Dienstag die Streikkundgebung am Neustädter Elbufer zwischen Augustus- und Carolabrücke auf dem Elberadweg. Rund 400 Erzieher waren dem Streikaufruf gefolgt und an sonnige Elbufer gekommen.

Daniel Herold aus dem Verdi-Bezirk Dresden rechnete zunächst mit etwa 300 Erziehern, die sich am Arbeitskampf beteiligen. Auch er bestätigt: Die Erzieher würde für mehr Anerkennung der Arbeit, mehr Geld und gegen die sogenannten Flex-Verträge auf die Straße gehen. Als Einstiegsgehalt bekommt ein Erzieher aktuell zwischen 2.400 und 2.800 Euro brutto, so Herold.

Daniela Kocksch, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi Sachsen, kritisiert die bisherigen Ergebnisse. "Wir sind nicht zufrieden mit den ersten Verhandlungen mit den Arbeitgebern." Koksch bestätigt, dass rund 30 Einrichtungen in Dresden komplett geschlossen sind, über 100 befinden sich im eingeschränkten Betrieb.

Auf die Frage, ob der Streik zu diesem Zeitpunkt nötig ist - also jetzt, wo Kitas und Horte den normalen Regelbetrieb nach den Einschränkungen in der Coronazeit gerade wieder aufnehmen - hat Paul Schmidt, Landesbezirksfachbereichsleiter bei Verdi, eine klare Antwort. "Ja es muss sein. Die Arbeitgeber sind nicht verhandlungsbereit. Wir fordern eine bezahlte Vor- und Nachbereitung. Und wir brauchen Entlastung." Mit den Kindern, die nun aus der Ukraine nach Deutschland fliehen, kämen wieder neue Herausforderungen auf die Erzieher zu, ergänzt Schmidt.

Wie ist die Situation für die Dresdner Erzieher?

Aktuell sind 3.411 pädagogische Fach- und Führungskräfte beim Eigenbetrieb "Kindertageseinrichtungen" beschäftigt. Davon sind 474 aus verschiedenen Gründen nicht aktiv tätig, weil sie etwa in Mutterschutz oder Elternzeit sind. "Kumuliert über alle 174 Einrichtungen sind derzeit etwa 40 Vollzeitstellen nicht besetzt", so Bibas auf SZ-Anfrage.

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