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Stadt Dresden übernimmt das Lingnerschloss - Förderverein muss Insolvenz anmelden

Geplant war zunächst, dass das Erbbaurecht vom Förderverein Lingnerschloss zurück an die Stadt Dresden geht und diese die Schulden des Vereins übernimmt. Nun hat die Stadt die Notbremse gezogen.

Von Kay Haufe
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Der Förderverein hat rund 15 Millionen Euro an Spenden und Fördermitteln zur Sanierung des Hauses eingeworben.
Der Förderverein hat rund 15 Millionen Euro an Spenden und Fördermitteln zur Sanierung des Hauses eingeworben. © Sven Ellger

Dresden. Es war ein schwerer Schritt für den Förderverein Lingnerschloss: Nach 20 Jahren wollte er die Rückgabe des seit 2003 bestehenden Erbbaurechts gegen die Übernahme der bestehenden Verbindlichkeiten durch die Stadt beantragen. Nötig wurde dies, weil der Verein seit Monaten nicht mehr in der Lage war, seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Stadt und der Hausbank in vollem Umfang nachzukommen.

Die Stadt ist nun allerdings einen anderen Weg gegangen. Statt der Rückübertragung des Erbbaurechts übt sie ihr Heimfallrecht aus. "Nach intensiven Bemühungen um eine für alle Seiten rechtlich sichere und wirtschaftlich tragfähige Lösung hat sich in der Gesamtabwägung letztlich gezeigt, dass die Ausübung des sogenannten Heimfalls – dem gesetzlich und vertraglich verankerten Recht der Grundstückseigentümerin auf Rückübertragung des Erbbaurechts – die rechtlich und wirtschaftlich vernünftigere Handlungsoption darstellt", schreibt Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne).

Keine Entschädigung für den Verein

Konkret bedeutet dies, dass die Stadt entgegen dem Stadtratsbeschluss "Rückübertragung des Erbbaurechts und Betreibung des Lingnerschlosses" vom Juli dieses Jahres keine 700.000 Euro an den Verein zahlt. Die einvernehmlich zu vereinbarende Rückübertragung wurde durch den Stadtrat unter anderem an die Voraussetzung geknüpft, dass der Landeshauptstadt gegenüber der einseitigen Ausübung des Heimfallrechtes kein wirtschaftlicher Nachteil entsteht.

"In der Gesamtabwägung dieses Prüfauftrages ist der nunmehr ausgeübte Heimfall des Erbbaurechtes sowohl aus wirtschaftlicher wie auch aus rechtlicher Sicht angezeigt", schreibt Kühn. Damit werde auch dem Stadtratsbeschluss entsprochen. Die Zahlung eines Entgeltes an den Förderverein Lingnerschloss sei nicht mehr gegenständlich.

Für den Förderverein ist dies ein herber Schlag. Er war bisher davon ausgegangen, dass es eine Vereinbarung mit der Stadt zur Rückgabe des Erbbaurechts gegen die Übernahme der bestehenden Verbindlichkeiten geben werde. "Die Stadt betonte von Anfang an, dass das ehrenamtliche Engagement des Vereins hoch bewertet wird und auch künftig fortgeführt werden soll. Trotz Übernahme des Gebäudemanagements durch eine städtische Betreibergesellschaft sollte der Verein auch weiterhin Spenden für die Vollendung der Bausanierung einwerben und die kulturelle Arbeit im Lingnerschloss fortsetzen", heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins vom Dienstag.

Große Hoffnung bestand nach dem Stadtratsbeschluss vom Juli, nach dem ein Betrag in Höhe von insgesamt 700.000 Euro zur Ablösung der Ansprüche der Hausbank bereitgestellt werden sollte. Laut Ines Eschler vom Vereinsvorstand kam es anschließend zu ersten Gesprächen über die Eckpunkte eines entsprechenden Kooperationsvertrages. Am 24. August dieses Jahres beschloss eine Mitgliederversammlung des Vereins, dem genauen Wortlaut des Stadtratsbeschlusses zuzustimmen.

Doch nun habe Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) der Vereinsleitung am 10. November mitgeteilt, dass der favorisierte Weg verlassen und das Heimfallrecht ausgeübt werden soll. Im gleichen Zusammenhang seien die offenen Verbindlichkeiten des Vereins aus rückständigem Erbbauzins fällig gestellt worden. "Unter diesen Umständen sieht sich der Vorstand nach rechtlicher Beratung vom heutigen Tag veranlasst, ein Insolvenzverfahren einzuleiten", so Eschler. An Spekulationen über Ursachen und Hintergründe dieses Sinnenwandels bei der Stadt wolle sich der Vorstand nicht beteiligen.

Neue Perspektive im Schlösserkonzept

Die Perspektive des Lingnerschlosses wird im derzeit von der Stadtverwaltung erarbeiteten Schlösserkonzept, das auch die Schlösser Albrechtsberg und Schönfeld in den Blick nehmen wird, untersucht und dem Stadtrat voraussichtlich im kommenden Jahr vorgelegt.

Die Landeshauptstadt schätze und würdige die geleistete Arbeit des Fördervereins ausdrücklich und bedanke sich für das ehrenamtliche Wirken aller Vereinsmitglieder in den vergangenen 20 Jahren, heißt es in einer Pressemitteilung. Nach Übergang des Lingnerschlosses auf die Stadt wird das Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung die übergangsweise Betreibung des Objektes neu beauftragen, damit sichergestellt werden kann, dass bereits geplante Veranstaltungen wie Hochzeiten, Feiern oder Ähnliches wie geplant stattfinden können. Dies hatte auch der Verein zugesagt.

Der Förderverein hatte sich seit seiner Gründung im September 2002 für die Sanierung und Erhaltung des Schlosses als lebendiges Denkmal mit zeitgemäßem Nutzungsanspruch engagiert. Dafür warb er rund 15 Millionen Euro an Spenden und Fördermitteln ein. Zuletzt hatte es intern große Unstimmigkeiten im Vereinsvorstand gegeben. Mitstreiter der ersten Stunde waren ausgetreten.