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Lingnerschloss Dresden in der Insolvenz - Was wird aus den Hochzeitsterminen?

Nach der Insolvenz des Lingnerschloss-Vereins sollte das Dresdner Schloss durch die Stadt weiterbetrieben werden. Doch jetzt entscheidet der Insolvenzverwalter über die Arbeit in den kommenden Monaten.

Von Kay Haufe & Andreas Weller
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Ziel der Stadt Dresden ist es, das Lingnerschloss für die Dresdner weiter offenzuhalten. Der zuständige Verein musste Insolvenz anmelden.
Ziel der Stadt Dresden ist es, das Lingnerschloss für die Dresdner weiter offenzuhalten. Der zuständige Verein musste Insolvenz anmelden. © Sven Ellger

Dresden. Ende Januar hat der Förderverein Lingnerschloss seinen Betrieb eingestellt, nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Alle Bemühungen, die Finanzierung des Vereins auf eine neue Grundlage zu stellen, seien ergebnislos verlaufen, hatte der bestellte Insolvenzverwalter Lucas Flöther aus der Kanzlei "Flöther und Wissing" mitgeteilt. Noch bis Ende März wolle der Verein die bereits geplanten Veranstaltungen in einer Notbesetzung durchführen, weil ein Großteil der Fördervereinsmitglieder seine Kündigung erhalten habe.

Aber wie geht es danach zum Beispiel mit den Hochzeiten weiter, die im Lingnerschloss regelmäßig nachgefragt werden? Es muss Personal geben, das die Räumlichkeiten aufschließt, herrichtet und säubert. In diesem Jahr hätte es eigentlich 55 Termine für Eheschließungen gegeben, die das städtische Standesamt mit dem Lingnerschloss-Verein abgestimmt hatte. Konkret wären dies elf Sonnabende mit je fünf Terminen gewesen.

Bis zum 21. Februar 2024 waren davon bereits 31 Termine gebucht. Vorsorglich sind nun aber wegen der Insolvenz 24 Termine gesperrt worden. Ob am Ende aber alle 31 gebuchten Hochzeitstermine aufgrund der Unsicherheit auch wirklich wahrgenommen würden, wisse die Stadt nicht. Sie schreibt vorsorglich, dass "noch" 31 Termine vergeben seien.

Volksbank lehnt Insolvenzplan für Lingnerschloss ab

An diesem Mittwoch ist Rechtsanwalt Alexander Hartig von "Flöther und Wissing" gemeinsam mit Gläubigervertretern wieder mit der Stadtverwaltung im Gespräch. Diese ist der Ansprechpartner für die Insolvenzverwalter, denn nachdem der Verein in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, wollte der Verein das Schloss an die Stadt zurückgeben. Diese hatte dem Verein das Schloss in Erbbaupacht übertragen. Zunächst war die Rede davon, dass die Stadt im Gegenzug die Schulden des Vereins übernimmt.

Später entschied sie sich jedoch, den sogenannten Heimfall geltend zu machen. Das bedeutet, die Stadt bekommt das Schloss, übernimmt aber nicht die Schulden. Das Ergebnis: Der Verein musste Insolvenz anmelden.

Ob es aber zum "Heimfall" kommt, ist unklar. Nach Angaben der Stadt ist der Grund dafür, dass der Hauptgläubiger Volksbank den Weg über einen einvernehmlichen Insolvenzplan abgelehnt hatte.

Die Stadt hatte Ende Januar mitgeteilt, dass sie weiterhin Gespräche mit dem Insolvenzverwalter und den Gläubigern führen wird, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen und zeitlich nicht absehbare Rechtsstreitigkeiten zu verhindern. Doch die Unstimmigkeiten haben bereits Folgen für das Schloss. Denn über dessen Zukunft entscheidet nicht wie geplant die Stadt, sondern der Insolvenzverwalter. "Die Stadt ist zwar Eigentümer der Immobilie und des Grundstücks, durch den Erbbaupachtvertrag haben wir aber keine Verfügungsgewalt darüber", hatte OB Hilberts Direktor Kai Schulz gesagt.

Ein Betrieb des Schlosses durch die Stadt oder eine ihrer Tochterunternehmen sei nicht möglich. Hinzu komme, dass der Bundesgerichtshof (BGH) in einem anderen Fall vor wenigen Tagen ein Urteil gefällt habe, dass Heimfall ohne Entschädigung nur in extremen Ausnahmefällen rechtlich möglich sei. Dieses Urteil will die Stadt extern rechtlich bewerten lassen. Die Übernahme des laufenden Betriebes sei nur mit einem entsprechenden Stadtratsbeschluss möglich.

Konstruktive Gespräche zwischen Stadt und Förderverein

Durch dieses Urteil des BGHs erhofft sich auch Rechtsanwalt Alexander Hartig eine gute Ausgangsposition für den Förderverein. Man wolle jetzt herausfinden, ob die Stadt einen Abgeltungsbetrag zahlen wird. Zwar stünde im Erbbaupachtvertrag "entschädigungslose Rückgabe", aber man sei bisher in "konstruktiven Gesprächen" mit der Stadt gewesen.

Hartig stellt aber klar, dass eine solche Entschädigungszahlung vom Verein nicht für einen Weiterbetrieb des Schlosses genutzt werden könne, sondern sie würde zur Befriedigung der anerkannten Gläubigerforderungen in die Insolvenzmasse einfließen.

Was die Eheschließungen im Schloss anbelangt, könne man heute nicht sagen, ob sie im August oder September stattfinden können. "Wir wissen ja gar nicht, was künftig entschieden wird", sagt Hartig.

Auswirkungen der unklaren Situation im Lingnerschloss haben die Betreiber des Restaurants "Lingnerterrassen" kurz nach der Insolvenz des Vereins gespürt. "Wir hatten einige Absagen von großen und lange geplanten Feierlichkeiten", sagt Betriebsleiter Thomas Berger. Inzwischen habe es sich aber herumgesprochen, dass der Betrieb des Restaurants nichts mit der Insolvenz zu tun hat. Denn Pachtverträge laufen nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens grundsätzlich weiter.

Ziel: Schloss für Bürgerschaft weiter offenhalten

Dresdens Verwaltungsspitze verfolge weiterhin das Ziel, das Lingnerschloss für die Dresdner Bürgerschaft dauerhaft offenzuhalten und auch das bürgerschaftliche Engagement zu erhalten. Dazu bedürfe es aber einer vom Stadtrat legitimierten, sicheren rechtlichen Grundlage und einer gesicherten Perspektive. Das beauftragte Gutachten und die Gespräche mit dem Insolvenzverwalter sollen dazu führen, dieses Ziel zu erreichen.

"Dank der zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer ist das Lingnerschloss wieder ein Schmuckstück für Dresden geworden und das Erbe von Karl August Lingner erhalten geblieben", so OB Dirk Hilbert. "Leider war der Verein nicht in der Lage, das Schloss unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betreiben. Dennoch wollen wir das Ehrenamt für das Schloss auch zukünftig erhalten. In welcher Form dies geschehen kann, muss in den kommenden Wochen mit allen Beteiligten diskutiert werden."