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Wie barrierefrei sind Dresdens Restaurants?

Kopfsteinpflaster, Stufen, enge Toiletten: Menschen im Rollstuhl haben es nicht immer leicht in Dresden. Wo sich etwas ändert - und wo nicht.

Von Connor Endt
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"Würde mir wünschen, dass mehr Restaurants Rampen bauen": Anneliese Beyer, Ulrike Jaeschke und Inhaberin Ina Giuffrida (v.l.n.r.) vor dem "Delizia" in Dresden.
"Würde mir wünschen, dass mehr Restaurants Rampen bauen": Anneliese Beyer, Ulrike Jaeschke und Inhaberin Ina Giuffrida (v.l.n.r.) vor dem "Delizia" in Dresden. © René Meinig

Dresden. Anneliese Beyer lächelt, als sie die Rampe zum italienischen Restaurant "Delizia" am Weißen Hirsch hochgefahren wird. Beyer ist 91 Jahre alt, sitzt im Rollstuhl und ist deshalb auf die Hilfe ihrer Tochter Ulrike Jaeschke angewiesen.

"Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Restaurants Rampen am Eingang bauen", sagt Beyer. Das "Delizia" ist ein Positiv-Beispiel: Im Frühjahr sind die Betreiber Ina und Vito Giuffrida in ihre neuen Räumlichkeiten auf der Bautzner Landstraße eingezogen. Bei dem Umzug haben die beiden Gastronomen gleich eine Rampe für Rollstuhlfahrer und eine behindertengerechte Toilette eingerichtet. "Wir haben viele Stammgäste mit Rollstuhl", sagt Ina Giuffrida. "Deswegen haben wir beim Umzug gar nicht lange überlegt. Wir wollen, dass alle unsere Gäste zu uns kommen können."

"Menschen mit Behinderung werden häufig ausgeschlossen"

An vielen anderen Ecken in Dresden ist es für Ulrike Jaeschke hingegen schwierig, ein Restaurant zu finden, das sie mit ihrer Mutter besuchen kann. "Oft ist der Eingang nicht ebenerdig oder die Eingangstüren zu schmal, um mit einem Rollstuhl durch die Tür zu kommen", sagt sie.

Für ihre Familie bedeuten Restaurantbesuche häufig, dass sie mit ihrem Mann erst alle Strecken abfahren muss, um zu sehen, ob sie mit ihrer Mutter zum Restaurant kommt und sie sich dort dann auch bewegen kann. "Menschen mit Behinderung und deren Angehörige werden häufig durch fehlende Angebote ausgeschlossen. Das finde ich schade", sagt sie.

Meiste barrierefreie Angebote in der Altstadt

Joachim Müller kennt die angesprochenen Probleme gut. Der 67-Jährige, selbst Rollstuhlfahrer, ist Mitglied im Verband der Körperbehinderten der Stadt Dresden. Seit der Verein vor gut 30 Jahren gegründet wurde, besucht Müller die Restaurants der Stadt und prüft sie auf ihre barrierefreien Angebote. Barrierefrei ist ein Restaurant erst, so Müller, wenn man als betroffene Person ohne Stufen in die Gaststätte kommt und diese auch über eine barrierefreie Toilette verfügt.

"In der Altstadt gibt es die meisten barrierefreien Angebote", sagt er. Gerade um den Neumarkt und den Postplatz seien in den vergangenen Jahren viele neue Restaurants entstanden, bei denen die Planer die Barrierefreiheit berücksichtigt hätten.

"Dann sieht es aber auch schon mau aus", sagt Müller. "In Pieschen, Striesen oder der Friedrichstadt gibt es nur wenige behindertengerechte Angebote. Und wenn ich über den Stadtrand hinausfahre, könnte ich gar keine Restaurants mehr nennen, die infrage kommen."

Dresdens Themenstadtplan bietet einen Überblick, welche Gaststätten barrierefrei (grün), mit geringen Einschränkungen (orange) oder gar nicht bzw. mit großen Einschränkungen (rot) besucht werden können.
Dresdens Themenstadtplan bietet einen Überblick, welche Gaststätten barrierefrei (grün), mit geringen Einschränkungen (orange) oder gar nicht bzw. mit großen Einschränkungen (rot) besucht werden können. © Screenshot Themenstadtplan Lande

Seine Eindrücke decken sich mit den Daten, die die Stadt zur Verfügung stellt. Ein sogenannter Themenstadtplan ist online verfügbar. Dort lassen sich barrierefreie Orte, wie Behörden, Schulen und Kultur- und Sporteinrichtungen anzeigen. Auch dort sind außerhalb der Alt- und Neustadt kaum Gaststätten verzeichnet, die barrierefreie Toiletten anbieten.

Hinzu kommt: Nur weil es die meisten barrierefreien Orte in der Dresdner Altstadt gibt, bedeutet dies noch lange nicht, dass Menschen mit Behinderung dort auch unbeschwert ankommen. "Die historischen Gemäuer, das Kopfsteinpflaster und die zahlreichen Stufen erschweren die Barrierefreiheit zusätzlich", sagt Manuela Scharf, Beauftragte für Menschen mit Behinderungen und Senioren.

Gaststätten könnten Umbauten fördern lassen - tun das aber meistens nicht

Restaurantbetreiber, Gastronomen und zahlreiche andere Betreiber können sich bei ihrem Weg zu mehr Barrierefreiheit finanziell unterstützen lassen. Seit 2014 stellt das Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt mit dem Programm "Lieblingsplätze für alle" jedes Jahr Fördermittel zur Verfügung.

Bis zu 25.000 Euro stehen für Projekte zur Verfügung. Nach einer positiven Bewertung durch das Amt für Stadtplanung und Mobilität muss der Beirat für Menschen mit Behinderungen dem Projektantrag zustimmen. Der Dresdner Zoo hat über die "Lieblingsplätze" beispielsweise ausleihbare Rollstühle für seine Besucher angeschafft.

Doch wie viele Gaststätten greifen auf dieses Angebot zurück? Joachim Müller zieht eine ernüchternde Bilanz: "Bei den Anträgen sind ganz wenig Gaststätten dabei. Die machen vielleicht 3 bis 5 Prozent der Anträge aus", sagt er. Schuld daran sei die schwierige finanzielle Lage der Gastronomie in Dresden. "Viele Gaststätten arbeiten am finanziellen Limit. Da hat Barrierefreiheit wahrscheinlich nicht die allerhöchste Priorität."