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Bürgermeister gesucht. Qualifikation nebensächlich.

Die Kolumne "Meine Stadt" beschäftigt sich aus ganz persönlicher Sicht mit Themen aus dem Dresdner Alltag. Heute: Im Rathaus wird wieder gestritten. Dabei hat die Stadt Besseres verdient als dortiges Sommertheater, findet SZ-Redakteurin Katrin Saft.

Von Katrin Saft
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Dresden hat Anderes verdient als Postengefeilsche im Rathaus, findet Katrin Saft.
Dresden hat Anderes verdient als Postengefeilsche im Rathaus, findet Katrin Saft. © René Meinig

Haben Sie auch Lust auf einen neuen Job, der Ihnen mehr Macht und Geld verspricht? Dann bewerben Sie sich doch einfach mal – als Geschäftsführer(in) von Bosch, Globalfoundries oder von Ardenne. Wie? Sie fürchten, dass Sie den Job nicht bekommen, weil Ihnen schlicht das Fachwissen fehlt? Keine Sorge, Letzteres ist für Spitzenposten in Dresden kein Muss mehr. Diesen Eindruck zumindest vermittelt das Sommertheater, das seit Tagen im Rathaus spielt. Die spannende Quizfrage dabei: Wer darf die fünf frei werdenden Bürgermeister-Posten besetzen?

Der Unterhaltungswert ist reif fürs Reality-TV: Es geht um ein Geheimpapier, einen angeblichen „Möchtegern-Diktator“, um Menschen, die geopfert werden sollen und um jede Menge Statisten. Wenn dabei nur nicht so ernste Dinge wie Dresdens Zukunft auf dem Spiel stünden. Die Stadträte, so die Theorie, sollen in diesem Spiel den Willen der Dresdner umsetzen. Doch in der Praxis scheinen sie da etwas missverstanden zu haben: Dass sie die Bürgermeister vorschlagen und wählen dürfen, heißt nicht, dass sie die Posten unter sich aufteilen sollen. Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel ist inzwischen der einzige Nicht-ehemalige-Stadtrat an der Stadtspitze. Und der soll jetzt auch noch weg. Der faule Deal, den CDU, Grüne, Linke und SPD schon vor sieben Jahren geschlossen haben, soll nun fortleben. Stimmst Du meinem Lieblingskandidaten zu, hebe ich für deinen die Hand – egal, ob er was auf dem Kasten hat oder nicht. Und das soll Volkes Wille sein?

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Meiner zumindest ist es nicht. Denn warum ist Wahlkriterium Nummer eins nicht Fachkompetenz – so wie in jedem Unternehmen? Warum wird nicht über Geleistetes und zu Leistendes debattiert? Und wo bleibt der Blick über den Spielfeldrand? Dresden hat es verdient, dass bundesweit unter den Besten gesucht wird, die die Stadt durch die mit Sicherheit schwierigen nächsten Jahre führen können. Das richtige Parteibuch zu haben, ist für eine Bürgermeister-Bewerbung einfach zu wenig.

Dass der Oberbürgermeister selbst mitspielen will, wenn es darum geht, mit welchen Führungspersönlichkeiten er seine Wahlziele umsetzt, hat wenig Diktatorisches. Und dass er dabei seine Widersacherin im Wahlkampf nicht an der Seite haben möchte, ist auch überraschungsfrei. Wenn sich Eva Jähnigen treu bleiben würde, müsste sie freiwillig das Spielfeld räumen. Denn unter Dirk Hilbert, so hat sie im Wahlkampf argumentiert, konnte sie nicht viel für Dresden und die Umwelt erreichen. Warum sollte das künftig anders sein?

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Dirk Hilbert wurde oft vorgeworfen, dass er zu blass und zu wenig durchsetzungsstark sei. Nun hat er klare Ziele vorgelegt, für die er die Zustimmung aller politischen Mitspieler erbittet. Das mag so kurz vor knapp aus dem Sommerurlaub heraus gegen die Spielregeln gewesen sein. Eine Einigung hätte aber zwei Vorteile: Es wäre endlich nicht mehr möglich, mitten im Spiel die Richtung zu wechseln, wenn es politische Machtverschiebungen gibt. Denn die haben oft nur Stillstand gebracht. Und zweitens könnte Hilbert am Spielende konkret am Erfolg gemessen werden. Gemeinsam mit kompetenten Spitzenspielern im Team gäbe es dann nicht nur einen, sondern viele Gewinner: alle Dresdner!

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