Dresden
Merken

Weshalb Dresdens neuer Wirtschaftsbürgermeister nie den Striezelmarkt eröffnen wird

Im August tritt Jan Pratzka die Stelle des Wirtschaftsbürgermeisters in Dresden an. Dann ist er auch für Digitalisierung, Sicherheit und Personal zuständig - und den Striezelmarkt. Was er in den nächsten sieben Jahren vorhat.

Von Andreas Weller
 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Jan Pratzka ist der neue Wirtschaftsbürgermeister von Dresden, der auch für Digitalisierung, Personal und Sicherheit verantwortlich ist.
Jan Pratzka ist der neue Wirtschaftsbürgermeister von Dresden, der auch für Digitalisierung, Personal und Sicherheit verantwortlich ist. © René Meinig

Dresden. Jan Pratzka (CDU) wurde zu Dresdens neuen Wirtschaftbürgermeister gewählt, nachdem sein Parteifreund und Stadtrat Steffen Kaden im Bürgermeisterstreit beim Stadtrat erst abgeblitzt war und daraufhin auf die Bewerbung verzichtete. Ab August nimmt Pratzka, der bisherige Chef der Arbeitsagentur Dresden, sein Amt im Dresdner Rathaus auf. In seinen Bereich fällt auch der Striezelmarkt. Im Interview mit Sächsische.de erklärt der Familienvater, was er vorhat und warum er Dresdens größten Weihnachtsmarkt wohl nie eröffnen darf.

Herr Pratzka, weshalb haben Sie sich als Bürgermeister beworben?

Ich bin seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik aktiv, unter anderem im Stadtbezirksbeirat Klotzsche. Wir haben spannende Zeiten, können Zukunft gestalten und ich möchte meine Erfahrungen zum Wohl meiner Heimatstadt Dresden einbringen. Unser Jüngster hat gerade Abitur gemacht. Die Kinder sind selbstständig und gehen ihren Weg. Mit 51 Jahren ist es dann richtig zu sagen, man kann was Neues beginnen.

Vorab gab es den Dresdner Bürgermeisterstreit, in dem Ihr Parteifreund Steffen Kaden nicht gewählt wurde. Hat Sie das nicht abgeschreckt?

Ich habe das mit Bedauern wahrgenommen. In der Folge bin ich gefragt worden und hatte zuvor aber schon im Blick, dass es eine Option für mich wäre. Der Geschäftsbereich Wirtschaft, Digitales, Personal und Sicherheit vereint wichtige Zukunftsthemen für unsere Stadt. Mein Motto ist: "Suche der Stadt Bestes." Wenn man etwas mitbringt, trägt man auch Verantwortung und deshalb habe ich mich beworben.

Die Wirtschaft in Dresden ist gut aufgestellt, wie wollen Sie das weiter verbessern?

Wir sind gut aufgestellt und auch ein Magnet für Beschäftigte, die aus dem Umland kommen. Die Herausforderung ist die Fachkräftesicherung, beispielsweise für den Infineon-Ausbau und das Handwerk. Das ist ein Wettbewerb um die besten Köpfe und das kann nicht die Stadt alleine schaffen. Deshalb ist die Fachkräfteallianz aus Arbeitsagentur, Jobcenter, Gewerkschaften, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, Stadtliga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, Universität und Hochschulen, den Berufsschulen und der städtischen Wirtschaftsförderung so wichtig. Dieses Netzwerk will ich weiter pflegen und ausbauen.

Wie wichtig sind dafür ausländische Fachkräfte?

Enorm wichtig. Wir haben in Dresden gut 280.000 Beschäftigte und zum Dezember 2022 einen Zuwachs von mehr als 3.700 Personen gegenüber dem Vorjahr, davon 2.863 Ausländer, sie machen etwa 75 Prozent des Zuwachses aus. Das ist eine große Chance und wir müssen die neuen gesetzlichen Möglichkeiten nutzen, Menschen, die in Dresden sind, eine gute Ausbildung zu ermöglichen und deutschen und internationalen Fachkräften eine Perspektive hier zu bieten.

Nur mit regionalen Arbeitskräften werden wir die Stellen in Dresden künftig nicht besetzt bekommen. Wir haben rund 96.000 Einpendler – das sind ein Drittel der Arbeitskräfte in Dresden - im Umland sinkt aber die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter perspektivisch um 15 Prozent. Es wird eine gigantische Herausforderung, die Stellen zu besetzen. Wir müssen gute Leute finden und verdeutlichen, dass sie hier willkommen sind – Deutsche und Ausländer. Dazu benötigen wir auch die entsprechende Infrastruktur und Wohnungen.

Wie schädlich ist es da, dass Dresden als Stadt mit einem rechten Problem wahrgenommen wird?

Ich würde es positiv formulieren: Wir stehen im Wettbewerb mit der ganzen Welt – interessante Arbeitsmöglichkeiten gibt es weltweit – und es braucht eine Kultur, dass sich die Menschen bei uns willkommen fühlen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass persönliche Begegnungen dabei helfen. Trotzdem ist das natürlich ein Problem und wir müssen das im Blick haben.

Fachkräfte bedeutet aber auch Rathauspersonal.

Klar, das ist ebenfalls ein Zukunftsthema. Wir haben auf allen Ebenen Fachkräftebedarf und benötigen gute Leute für die Verwaltung. Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen und sichern.

Wie wollen Sie das schaffen?

In dem ich mich dort einbringe, wo mit den Maßnahmen zum Organisationsentwicklungskonzept der Landeshauptstadt schon gute Prozesse begonnen wurden. Es gibt ja ein Konzept zur Personalentwicklung. Es wurden bereits Amtsleiterpositionen mit eigenen Personen besetzt. Die Arbeitsagentur, bei der ich vorher war, hat diesbezüglich gute Aufstiegsmöglichkeiten. Es ist auch der richtige Weg für die Stadtverwaltung, gute Leute zu fördern.

Aber auch das Thema Digitalisierung ist da wichtig. Heißt das, Sie wollen, wie von der FDP gefordert, Personal abbauen?

Nein, aber wir können die Bedarfe künftig nicht mehr ausschließlich mit Menschen alleine abdecken. Es geht um Digitalisierung, wo es möglich ist. Ich möchte endlich die digitale Akte in der Stadtverwaltung flächendeckend einführen. Dann kann alles, wo es rechtlich möglich ist, vom Antrag bis zum Bescheid, digital ablaufen. Das ist für die Bürgerinnen und Bürger gut, weil Anträge und Nachfragen ohne Termine online gestellt werden können und es bei Bedarf mehr Zeit für persönliche Beratungen gibt, und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil sie flexibler arbeiten können, zum Beispiel im Homeoffice. Außerdem benötigen Papierakten viel Platz, bis hin zu hohen Traglasten für die Decken.

Wann soll die E-Akte im Rathaus umgesetzt werden?

So schnell wie möglich. Aber das braucht Vorlauf und ist keine Sache, die von heute auf morgen erfolgen kann.

Ist das Thema Sicherheit in Zeiten von Krisen und Krieg eine Herausforderung?

Was den Brand- und Katastrophenschutz anbelangt, ist Dresden gut aufgestellt. Da hat mein Vorgänger Detlef Sittel mir solide Voraussetzungen geschaffen, auf denen ich aufbauen kann. Dresden hat den Vorteil, dass für diesen Bereich kontinuierlich Technik erneuert und angeschafft wurde. Diesen Weg müssen wir weiter verfolgen und anstehende Baumaßnahmen, wie bei der Freiwilligen Feuerwehr, kontinuierlich realisieren und gleichzeitig die Krisenvorsorge mehr in den Fokus rücken. Bei den Krisenstabstrukturen werde ich mich einarbeiten. Auch das sind die Themen der Zukunft: Was passiert bei einem Blackout? Wie ist die Notwasserversorgung? Bisher hatten wir damit wenig Berührung, aber der Krieg in der Ukraine zeigt, wie wichtig das Feld ist.

Was sind Sie für ein Typ Mensch?

Ich bin interessiert, offen und gern im direkten Austausch. Ich habe Freude daran, Zukunft zu gestalten und das geht nur gemeinsam. Das gilt nicht nur für die Ämter in meinem Bereich, sondern auch für das Team der Bürgermeister mit dem Oberbürgermeister. Wichtig ist, dass wir als Verwaltung mit einer Stimme sprechen, zum Wohl der Stadt.

Sie sind auch für den Striezelmarkt – eine Lieblingsveranstaltung von Herrn Hilbert - zuständig. Würden Sie den gerne mal als Vertreter eröffnen?

Der Striezelmarkt ist der wohl schönste Weihnachtsmarkt Deutschlands und man muss ihn hegen und pflegen. Ich hatte in der Arbeitsagentur auch bereits damit zu tun, wir haben mit der Wirtschaftsförderung der Stadt eine Jobbörse gemeinsam mit Händlern veranstaltet, damit sie Personal für den Markt finden. Das war erfolgreich und wird auf jeden Fall wiederholt. Aber die Eröffnung des Striezelmarktes bleibt Sache des Oberbürgermeisters, diese Frage stellt sich also nicht.