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Weder "Hüttenzauber" noch "Winterdorf": Wie Dresden Weihnachten am Postplatz vergeigt

Dresden will Weihnachtshauptstadt sein. Zum zweiten Mal in Folge steht aber der Markt am Postplatz auf der Kippe. Gibt es noch eine Chance?

Von Dirk Hein
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Bangt erneut um seinen "Hüttenzauber" auf dem Postplatz: Betreiber Nico Thierbach.
Bangt erneut um seinen "Hüttenzauber" auf dem Postplatz: Betreiber Nico Thierbach. © Sven Ellger

Dresden. Eigentlich hätte längst klar sein müssen, wer für die nächsten vier Jahren den Weihnachtsmarkt am Postplatz betreiben darf. Doch das Rathaus stellte fest: Der "Hüttenzauber", der seit zehn Jahren im Advent den Platz bespielen darf, erfüllt offiziell seit 2022 nicht mehr die Qualitätskriterien der Stadt. Eine Prüfung des Rechtsamts hat nun aber ergeben: Auch das Sieger-Angebot eines anderen Bewerbers ist nicht zulässig. Jetzt wird hektisch nach einem Ausweg gesucht.

Warum die Stadt den "Hüttenzauber" ablehnt

Bereits 2022 wollte Dresden den weihnachtlichen "Hüttenzauber" vom Postplatz verbannen. Das Angebot mit Après-Ski, Feuerschalen und Musik erfülle die Mindestanforderungen an einem Markt nicht. Bemängelt wurde unter anderem das Sicherheits- und das Abfallkonzept.

Vor allem FDP-Stadtrat Robert Malorny kämpft seither für den Markt, kritisiert die Bewertungsmaßstäbe als sehr subjektiv und will den etablierten Markt erhalten. 2022 gelang dies. Weil es keinen anderen Bieter gab, beschloss der Rat nach massivem Druck, den Vertrag mit "Hüttenzauber"-Betreiber Nico Thierbach um ein Jahr zu verlängern.

2023 ist der "Hüttenzauber" nun, aus ähnlichen Gründen, erneut durchs Raster gefallen. Aktuell gibt es zwar einen zweiten Bewerber, der laut Stadt in der Bewertung deutlich vorn liegt. Das Konzept sieht ein nordisches Winterdorf mit Spezialitäten aus den skandinavischen Ländern vor.

Weil es jedoch möglicherweise Unstimmigkeiten im Vergabeverfahren gegeben hat, zog die Stadt die Beschlussvorlage Ende Juni zurück, verhinderte so eine Entscheidung des Stadtrates. Stattdessen prüfte das Rathaus die Rechtmäßigkeit der bisherigen Arbeit der Verwaltung.

Was das Rechtsamt überprüft hat

Mittlerweile ist klar: Das Rechtsamt der Stadt sieht im bisherigen Verfahren erhebliche Mängel. Demnach kann auch an den Erstplatzierten nicht vergeben werden. Hintergrund ist ein Streit um die Höhe der Zelte des satt des "Hüttenzaubers" nun geplanten "Winterdorfes". Diese dürfen laut Vorgaben der Stadt sechs Meter hoch sein oder diese Höhe nur minimal überschreiten. Die geplanten Marktaufbauten des Erstplatzierten sollen jedoch deutlich höher sein.

Dresden hat jetzt also die Situation, das der bisherige Weihnachtsmarkt weiterhin nicht ausreichend viele Kriterien der Stadt erfüllt, das alternative Angebot aber aus formalen Gründen scheitert. Erneut hat die Politik daher im zuständigen Ausschuss für Wirtschaftsförderung keine Entscheidung treffen können, die Verwaltung informierte nur zum Stand der Ausschreibung und wies auf das sehr wahrscheinliche Scheitern hin.

Möglich ist jetzt, dass die Stadt zügig einen neuen Betreiber sucht - entweder mit dem gleichen oder einem veränderten Anforderungsprofil. Dennoch kann auch so kaum vor September ein neuer Beschluss stattfinden. Weil dann die Zeit extrem knapp wird, ist es fraglich, ob und wie viele Angebote eingehen.

Deutliche Kritik aus dem Rat

FDP-Stadtrat Robert Malorny kritisiert die Verwaltung deutlich. "Es liegt einiges im Argen in der Abteilung Kommunale Märkte." Der neue Wirtschaftsbürgermeister müsse genau hinschauen, was dort für Aktivitäten entgegen dem Willen des Rates laufen. "Es braucht jetzt eine pragmatische Lösung - eine gute Zusammenarbeit zwischen den Ämtern der Stadt und dem Rat", so Malorny.

"Ein solches Vorgehen der Verwaltung habe ich noch nie erlebt", sagt Stadträtin Kristin Sturm (SPD). Es seit bedenklich, wenn die Verwaltung Konzepte bewerte, die angelegten Kriterien aber unklar sind. "Wenn wir den Weihnachtsmarkt am Postplatz neu ausschreiben müssen, dann nur mit klaren Vorgaben, was wir uns dort wünschen. Wir dürfen das nicht mehr der Verwaltung überlassen."

Der Postplatz solle dabei nicht in Konkurrenz zum Weihnachtmarkt auf dem Neumarkt treten. "Eine günstige Wurst, Glühwein und auch etwas Party, diese Mischung hat auf dem Postplatz bisher gut funktioniert und kann dort weiter erfolgreich sein."

Anders sieht dies Stadtrat Torsten Schulze (Grüne). "Vor reichlich zehn Jahren war der Platz kaum bebaut, es gab weder das Hotel noch die hochwertigen Wohnungen in der Nähe. Auf dem Postplatz soll ein sich dem anpassender weihnachtlicher Markt stattfinden, das hat der Hüttenzauber nie erfüllt." So weiterzumachen wie bisher sei das falsche Signal. "Es gibt Lärmbeschwerden. Wir brauchen etwas anders als Ballermann am Postplatz zur Weihnachtszeit."

Eine Entscheidung Anfang August

Wie es konkret weitergeht, lässt die Stadt offen. Formal werden mit Blick auf ein laufendes Verfahren aus dem Rathaus keine Fragen zu der Ausschreibung beantwortet. Sehr wahrscheinlich wird jedoch nächste Woche eine Entscheidung fallen, ob die Stadt einen letzten Versuch unternimmt, Weihnachten am Postplatz doch noch zu ermöglichen.