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Streit um Namen des künftigen Rathausplatzes in Dresden

Dresden baut ein neues Rathaus, das Stadtforum. Der neue Platz am Stadtforum braucht aber noch einen Namen. Was für und gegen die Vorschläge spricht.

Von Dirk Hein
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Um den neuen Rathausplatz in Dresden gibt es einen Namenstreit.
Um den neuen Rathausplatz in Dresden gibt es einen Namenstreit. © Stadtverwaltung Dresden

Dresden. Das neue Dresdner Rathaus am Ferdinandplatz, also das Stadtforum, wächst. Im Oktober wurde Richtfest für den 123 Millionen Euro teuren Neubau gefeiert. Nach reichlich Startschwierigkeiten liegen die Bauarbeiten nun im Plan. Das Verwaltungszentrum soll ab 2025 etwa 1.000 Arbeitsplätze für 1.350 Beschäftige der Stadtverwaltung bieten. Doch nun gibt es einen neuen Streit: um den Namen des neuen Rathausplatzes.

Welche Namensvorschläge gibt es?

Bereits im Februar 2022 brachte die FDP einen Antrag ein, wie der neue Rathausplatz zukünftig heißen soll. Der Vorschlag der Liberalen: Gebrüder-Arnhold-Platz. Konkret Bezug genommen werden soll dabei auf Max (1845-1908) und Georg (1859-1926) Arnhold.

Im Oktober (F.) wurde für das neue Stadtforum Richtfest gefeiert.
Im Oktober (F.) wurde für das neue Stadtforum Richtfest gefeiert. © Sven Ellger

Die beiden stehen dabei laut FDP stellvertretend für das Mäzenatentum der Familie Arnhold, welche über Jahrzehnte sehr aktiv als Förderer der Stadt Dresden wirkte - und dies auch heute wieder leistet. Das frühere Bankgebäude der Familie Arnhold stand zudem an der Waisenhausstraße 20 in direkter Nähe zum neuen Rathaus.

Nahezu zeitgleich reichte auch die SPD einen Antrag ein. Darin wurde OB Dirk Hilbert (FDP) beauftragt, "in Abstimmung mit dem Stadtbezirksbeirat Altstadt und der Arbeitsgruppe Straßennamen" ein Benennungskonzept vorzulegen. Dabei sollten vor allem der ehemalige Oberbürgermeister Rudolf Friedrichs und die Familie Arnhold berücksichtigt werden.

Welcher Vorschlag konnte sich bisher durchsetzen?

Für die Namensbenennung neuer Straßen und Plätze sind in Dresden die jeweiligen Stadtbezirksbeiräte zuständig. Dieses "Vorschlagsrecht" wurde zuletzt 2020 so beschlossen. Im März 2023 entschied sich der Beirat in der Altstadt für den Namensvorschlag Rudolf-Friedrichs-Platz.

Aus Sicht der SPD ein guter Vorschlag. "Der Stadtrat hatte bereits 2012 beschlossen, das Andenken an Dr. Rudolf Friedrichs, den ersten Dresdner Oberbürgermeister und ersten sächsischen Ministerpräsidenten nach dem 2. Weltkrieg, angemessen im Stadtbild zu verankern", so Fraktionschefin Dana Frohwieser. Auch über elf Jahre nach diesem Beschluss erinnere noch immer keine Straße an diesen verdienstvollen Bürger der Stadt.

Final beschließen muss die Neubenennung allerdings der Stadtrat. Entsprechend dem Vorschlag aus dem Beirat soll der neue Rathaus-Platz daher Rudolf-Friedrichs-Platz heißen, schlägt auch die Verwaltung in ihrer Vorlage für den Rat vor. Die Linke will an diesem Plan nicht rütteln. Tilo Wirtz: "Das Benennungsrecht liegt beim Stadtbezirksbeirat. Wir sollten darüber keine Diskussion im Rat anfangen."

Wer kritisiert den Vorschlag "Rudolf-Friedrichs-Platz"?

Eine Mehrheit dafür scheint jedoch nicht sicher. Die FDP hat zwar ihren Namensvorschlag seither zurückgestellt, die Fraktion will so eine lange andauernde öffentliche Namensdiskussion und damit "ein unschönes Zeichen gegenüber der Familie Arnhold" vermeiden. Dem Vorschlag Rudolf-Friedrichs-Platz werde seine Fraktion jedoch nicht zustimmen, sagt Stadtrat Holger Hase.

"Ich habe Bauschmerzen damit, so ein wichtiges Gebäude nach Herrn Friedrichs zu benennen. Er war nicht lange als OB im Amt und ist keine prägende Gestalt für die Stadt", so Stadtrat Hase. Bei der Benennung von Straßen solle nicht auf das Parteibuch und auf eine gleich Verteilung zwischen den Parteien, sondern auf die Wichtigkeit der Personen geachtet werden.

Rudolf Friedrichs war nach Kriegsende im Mai 1945 vom sowjetischen Stadtkommandanten zum Oberbürgermeister der Stadt ernannt worden. 1946 wurde er zum Ministerpräsidenten in Sachsen gewählt. Ein Jahr später starb Friedrichs.

Wie steht es um den anderen Namensstreit: die mögliche Lea Grundig-Straße?

Seit Monaten wird in Dresden zudem diskutiert, ob eine Straße in der Stadt nach der Künstlerin Lea Grundig benannt werden soll. Lea Grundig wurde 1906 in Dresden geboren und starb 1977. Unter dem Hitler-Regime wurde sie als Jüdin und Kommunistin verfolgt und inhaftiert. Doch Lea Grundig ist umstritten. Nach der Gründung der DDR stieg sie schnell auf, bis zur Präsidentin des Verbands Bildender Künstler (VBK) der DDR. Sie wurde Mitglied im Zentralkomitee der SED und hat die Kultur-Politik und damit den Umgang der DDR mit Künstlern maßgeblich geprägt. Grundig wird als "SED-Hardlinerin" und "staatstreue Funktionärin" bezeichnet.

Lea Grundig (Mitte) war 1967 als Präsidentin des VBK der DDR zu einer Kunstausstellung in Dresden.
Lea Grundig (Mitte) war 1967 als Präsidentin des VBK der DDR zu einer Kunstausstellung in Dresden. © ADN/Zentralbild (Archiv)

Auch dieser Namensvorschlag, in diesem Fall für eine neue Straße zwischen Käthe-Kollwitz-Ufer und Florian-Geyer-Straße, kommt aus dem zuständigen Stadtbezirksbeirat. Eine Mehrheit im Rat scheint momentan nicht denkbar.

Wann fällt eine Entscheidung?

In beiden Fällen soll der Bauausschuss in seiner ersten Sitzung im neuen Jahr eine Vorentscheidung treffen. Der Beschluss zum Rudolf-Friedrichs-Platz steht dort planmäßig. Die Entscheidung über die Lea-Grundig-Straße wurde bereits mehrfach verschoben. Danach entscheidet abschließend der Rat. Dies ist frühestens Ende Januar möglich.

Möglicherweise wird zumindest die Entscheidung über den Namen für den neuen Rathaus-Platz nochmals verzögert. Jens Genschmar, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/Freien Bürger: "Ich glaube, dass der Rat nicht in der Lage sein wird, sich auf einen Namen zu einigen, alles wird zerredet werden. Es ist ein Platz der Dresdner, daher sollen auch die Dresdner darüber entscheiden." Denkbar sei dies als Bürgerentscheid zur Wahl. "In den nächsten Jahren wird es keine ähnlich wichtige Neubenennung eines Platzes geben."