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Für den siebenfachen Preis: Dresden will den Leubener Trümmerberg kaufen

Der Trümmerberg in Leuben ist wichtiger Bestandteil der Bundesgartenschau-Bewerbung. Doch die Fläche gehört Dresden gar nicht - und muss nun überteuert gekauft werden.

Von Dirk Hein
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Die Stadt Dresden will den Leubener Trümmerberg kaufen.
Die Stadt Dresden will den Leubener Trümmerberg kaufen. © René Meinig

Dresden. 2033 will die Landeshauptstadt die Bundesgartenschau (Buga) ausrichten. Die Machbarkeitsstudie wurde mittlerweile vorgelegt. Im Dezember soll der Stadtrat den endgültigen Beschluss pro Buga fassen. Zentrales Motto der Bewerbung sind die Trümmerberge der Stadt. Doch der in Leuben gehört Dresden noch nicht einmal. Jetzt will die Stadt diesen teuer kaufen.

Welche Pläne hat Dresden mit der Buga 2033?

Das Leitthema der Bewerbung für die Buga 2033 lautet "Trümmerareale erwachen zu lebendigen Grünräumen". Dafür sollen wichtige Grünflächen in der Nähe der Trümmerhalden entstehen, die noch immer von der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg zeugen. Teil der Bewerbung werden die Trümmerhalde im Südpark, der Trümmerberg in Leuben, der Trümmerberg beim Ostragehege und der Proschhübel am Hechtpark mit dem St. Pauli Friedhof.

So soll der Leubener Trümmerberg als Teil der Buga gestaltet werden.
So soll der Leubener Trümmerberg als Teil der Buga gestaltet werden. © Landeshauptstadt Dresden

Speziell zu Leuben steht in der Machbarkeitsstudie der Stadt: "Auf dem Kernareal Leuben sollen die grüne und blaue Infrastruktur effektiv miteinander verknüpft werden." Hierzu wird der Trümmerberg als "grüne, naturnahe Aussichtsplattform bespielt" und die ehemalige Kiesgrube zugunsten einer sicheren Badestelle renaturiert. Die Buga insgesamt wird Dresden etwa 175 Millionen Euro kosten, 117 Millionen davon sollen Fördergelder sein. In Leuben will die Stadt 24,4 Millionen Euro ausgeben, 17 Millionen Euro könnten gefördert werden.

Welche Grundstücke fehlen der Stadt?

Anfang September hat OB Dirk Hilbert (FDP) eine neue Vorlage in den Rat eingebracht. Für 934.482,50 zuzüglich weiteren 93.448,25 Euro Nebenkosten soll der Stadtrat den Kauf von "Flurstücken in der Gemarkung Dobritz" abnicken. Dahinter verbergen sich knapp 53.500 Quadratmeter Grün- und Freiflächen, teilweise belegt mit Kleingärten. In der Fläche inbegriffen ist auch der Trümmerberg.

Was in der Vorlage fehlt, ist der Verkehrswert der Grundstücke. Dieser wurde jedoch von der Verwaltung in der Sitzung des Stadtbezirksbeirates Leuben genannt. Der berechnete voraussichtliche Verkaufswert der Grundstücke liegt laut Aussagen der Verwaltung bei 150.000 Euro. Dresden will den Eigentümern der Flächen also einen fast siebenfach höheren Betrag zahlen.

Der Ankauf der Flächen soll in der Doppelsitzung im Dezember beschlossen werden. Auf derselben Tagesordnung steht auch der Beschluss für die Buga-Bewerbung.

Wie bewertet Dresden den Ankauf?

Kurz gesagt: Dresden braucht die Grundstücke und will sie unbedingt kaufen. "Die von der kommunalen Bewertungsstelle gefertigte und nur zur verwaltungsinternen Arbeit bestimmte Wertermittlung referenziert lediglich den Wert des Grund und Bodens im bestehenden Zustand", sagt Stadtsprecherin Diana Petters. Der Wert bilde daher "die Grundlage für Ankaufsverhandlungen". Der Kaufpreis reflektiere darüber hinaus einen langjährigen Verhandlungsprozess und die seit 2017 vorliegende Entwicklungsabsicht seitens der Landeshauptstadt Dresden.

Seit 2017 verfolge Dresden das Ziel, den Trümmerberg begehbar zu machen. "Dieser bietet aufgrund seiner Topografie unterschiedliche Blickwinkel auf die umliegenden Stadt- und Landschaftsräume." Das Areal soll im Zusammenhang mit der Buga "zu einem stadtbedeutsamen, attraktiven Naherholungsbereich samt neuer Wege für die Bevölkerung" entwickelt werden. OB Hilbert hatte in diesem Zusammenhang immer wieder betont, das nur durch die Buga solche schwierigen und mit hohen Kosten verbundenen Großprojekte gestemmt werden können: "Es ist die zentrale Entwicklungschance für Dresden für die nächste zehn Jahre. Ich kann nur dafür werben, sie zu ergreifen."

Welche Reaktionen gibt es?

Im beratenden Stadtbezirksbeirat Leuben floppte der Plan der Stadt dennoch. Mit fünf Ja-Stimmen bei sieben Ablehnungen und einer Enthaltung lehnte der Beirat ab. Ende November wird im Bauausschuss darüber beraten, bevor schlussendlich der Stadtrat abstimmt.

Widerstand gegen die Pläne kommt von der AfD. "Wir unterstützen die Bewerbung der Landeshauptstadt zur Buga. Sich aber in einer so frühen Phase der Konzeptentwicklung bereits derart erpressen zu lassen und das siebenfache des eigentlichen Grundstückswertes zu bezahlen, halten wir gegenüber dem Steuerzahler für unverantwortlich", sagt Fraktionschef Thomas Ladzinski.

Stadtrat Tilo Wirtz (Linke): "In Folge der Buga-Bewerbung wollen Grundstückseigentümer nun Reibach machen." Wirtz sieht die Gefahr, dass unter dem Trümmerberg schwer zu entsorgende Altlasten liegen, die dann mit öffentlichen Geldern beseitigt werden müssen. Der Linke-Rat bemängelt zudem einen weiteren Trend: "Es werden durch die Buga Dinge teuer in Dresden. Es fängt bei den Grundstücken an und geht über die Kosten für den Bau weiter. Das muss man sich leisten wollen."

Gab es schon ähnliche Fälle?

Hin und wieder kommt es vor, dass die Stadt mehr ausgibt, weil sie Grundstücke unbedingt benötigt. Passiert ist dies am Ferdinandplatz. Für den Neubau des Verwaltungszentrums, das jetzt Stadtforum heißt, gab es eine kleine Fläche in privatem Besitz. Die 350 Quadratmeter in bester Innenstadtlage waren laut Gutachten rund 650.000 Euro wert. Bezahlt hat die Stadt 2018 etwas mehr als zwei Millionen Euro.

Im vergangenen Dezember wurde die Erstellung einer Machbarkeitsstudie für die Buga-Bewerbung bereits einmal mit dem Ankauf überteuerter Grundstücke verknüpft. Es ging damals um mehrere kleine Grundstücke in Dobritz, Laubegast und Leuben, insgesamt um rund 14 Hektar, was ungefähr 20 Fußballplätzen entspricht. Die Flächen liegen verteilt rund um den Kiessee Leuben.

Der Trümmerberg und die Kiesseen in Leuben sind wichtiger Bestandteil der Buga-Bewerbung.
Der Trümmerberg und die Kiesseen in Leuben sind wichtiger Bestandteil der Buga-Bewerbung. © Landeshauptstadt Dresden

Der Verkehrswert dafür lag bei 1,4 Millionen Euro. Gekauft hat Dresden für fünf Millionen Euro. Schon damals stimmten viele Räte unter hohem Druck und nur ungern zu.