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Urteil: Haft für Dynamo-Hooligans für Angriffe auf Pressefotografen

Fast zwei Jahre ist es her, dass es nach einem Spiel von Dynamo Dresden schwere Ausschreitungen und Angriffe auf Pressefotografen gab. Nun ist das Urteil gefällt: Zwei Hooligans müssen ins Gefängnis.

Von Alexander Schneider
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Bei den Krawallen hunderter Fußballchaoten im Mai 2021 vor dem Dynamo-Stadion wurden neben mehr als 180 Polizisten auch mehrere Journalisten verletzt. Zwei Angeklagte, die Fotografen niedergeprügelt haben, müssen nun ins Gefängnis.
Bei den Krawallen hunderter Fußballchaoten im Mai 2021 vor dem Dynamo-Stadion wurden neben mehr als 180 Polizisten auch mehrere Journalisten verletzt. Zwei Angeklagte, die Fotografen niedergeprügelt haben, müssen nun ins Gefängnis. © Sebastian Kahnert/dpa

Dresden. Kein Geständnis, keine Reue, keine Entschuldigung – also auch keine Bewährung. Der Dresdner Gastronom Conrad H. (48) und Oliver A. (39), gelernter Kellner und derzeit Umschüler zum Verwaltungsfachwirt, haben sich nach Überzeugung des Amtsgerichts Dresden an den Dynamo-Krawallen im Mai 2021 beteiligt und mehrere Pressefotografen angegriffen.

Der Richter verurteilte beide am Donnerstag unter anderem wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung zu unbedingten Haftstrafen. Conrad H. muss für 22 Monate, Oliver A. für 15 Monate ins Gefängnis.

Mit seinem Urteil folgte der Richter dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Die Angeklagten hatten sich bis zuletzt nicht zu den Vorwürfen geäußert. A. war noch vor Ort von der Polizei festgestellt worden, H. konnte einige Wochen später ermittelt werden.

Aufstieg von Dynamo Dresden wurde gefeiert - und zwar brutal

Der 48-Jährige hatte nun am zweiten Prozesstag lediglich gesagt, er sei dort gewesen, um den Aufstieg Dynamo Dresdens in die zweite Bundesliga zu feiern, sei aber "nur hin und her gelaufen". Er habe gehofft, in Dresden würde sich die Mannschaft in einem Bus den Fans präsentieren, wie zuvor in Rostock. Die Verteidiger hatten Freisprüche für alle Vorwürfe gefordert und kündigten nach dem Schuldspruch an, die Urteile anzufechten.

Trotz pandemiebedingten Verbotes hatten sich am 16. Mai 2021 Tausende Dynamo-Schlachtenbummler vor dem Stadion an der Lennéstraße versammelt, um den Aufstieg zu feiern, der an jenem Sonntag gegen Türkgücü München perfekt gemacht werden sollte. Die Polizei ließ die Massen gewähren, obwohl erst tags zuvor bereits eine politische Demonstration, die versammlungsrechtlich höher gewertet wird als ein Fußballspiel, ebenfalls wegen der Corona-Infektionsgefahr untersagt worden war.

Der Alkohol floss in Strömen

Nun floss auch der Alkohol vor dem Stadion und im Großen Garten in Strömen. Dann kam es noch während des Spiels zu ersten Angriffen von Fußball-Chaoten. Inzwischen ist bekannt, dass die Gewalteskalation, zu der sich Hunderte hinreißen ließen, von einer kleineren Gruppe um gewaltbereite Anhänger der Dresdner Ultras geplant worden sein soll.

Die Krawalle hielten bis zum Abend an, die Polizei musste Wasserwerfer einsetzen, um die Lage halbwegs in den Griff bekommen zu können. Mehr als 180 Polizisten wurden zum Teil schwer verletzt, auch mehrere Fotografen. Laut Anklage waren C. und A. Teil der Menschenmenge, die dort stundenlang randaliert und Polizisten angegriffen hatte – und zwar in vorderster Reihe.

Polizisten werden als "Feiglinge" und "Volksverräter" beschimpft

Conrad H. habe die Uniformierten als "Feiglinge" und "Volksverräter" beschimpft und die Stimmung angeheizt. Oliver A. habe einen Rauchkörper gezündet und die Beamten als "scheiß Staatsdiener" und "Schweine" beleidigt.

Gemeinsam seien sie dann auch auf Journalisten losgegangen, denen sie verboten, Fotos und Videoaufnahmen zu machen. Ein 44-jähriger Reporter wurde geschüttelt, dann seien die Angeklagten auf zwei 17-Jährige losgegangen. Einer wurde getreten und geschlagen, sodass er mehrfach das Bewusstsein verlor und in eine Klinik eingeliefert werden musste.

Der zweite Jugendliche wurde gegen ein Polizeiauto gestoßen und ebenfalls verletzt. Die Geschädigten wurden bereits am ersten Prozesstag Mitte März ausgesagt, wie sie die Angriffe erlebt haben.

Staatsanwalt kritisiert "ständige Bagatellisierungen"

Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer unerwartet klar gesagt, er sei die "ständigen Bagatellisierungen leid", wann immer die Gewalt aus dem Ruder laufe. "Bedauerlicherweise ist Dynamo Dresden kein Verein", zu dem Eltern mit ihren Kindern einfach hingehen könnten, egal ob die Mannschaft gewinnt oder verliert. Die Angeklagten seien während der gesamten Zeit der Ausschreitungen dabei gewesen und wüssten, was das passiert ist.

Die Beweislage sei klar gewesen, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung, die Landfriedensbrüche hätten die Angeklagten vor laufender Kamera begangen. Bei den Angriffen auf die Fotografen war es weniger einfach, da die Geschädigten selbst die Schläger nicht wiedererkannten. Das könne man ihnen auch nicht vorwerfen, sondern sei "eine ganz normale Sache, typisch". Ein Zivilpolizist - er wurde zuvor als Zeuge vernommen - hatte die Angriffe aus 30 Metern Entfernung beobachtet und die Angeklagten erkannt. Das sei ein professioneller Beobachter.

Aus allen Zeugenangaben, neben den Geschädigten und weiteren Fotografen auch ein Fan-Sozialarbeiter, ergebe sich für das Gericht klar, dass die beiden Deutschen gemeinsam gehandelt hatten, als sie auf die Fotografen losgingen. Wobei H. intensiver zugelangt habe als A., was dessen höhere Strafe erkläre.

Der Richter sprach von einem "Angriff ohne Grund, spontan und äußerst brutal". Journalisten, die Krawalle dokumentieren, handelten "im öffentlichen Interesse", sagte der Richter: "Die Bevölkerung würde es nicht verstehen, wenn wir diese Menschen nicht besonders schützen." Die Freiheitsstrafe sei "angemessen und mit Sicherheit nicht zu hoch", man hätte "durchaus auch eine zwei vor dem Komma für möglich halten können". Zudem vermisste der Richter, dass die Angeklagten weder Reue zeigten, noch sich entschuldigten.