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Dresden soll wieder O-Busse bekommen

Fahren künftig wieder Busse an Oberleitungen durch Dresden? Es gibt bereits Streckenvorschläge. Und was die Busse können müssen, ist auch schon klar.

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So sehen die aktuellen O-Busse der polnischen Firma Solaris aus Polen aus. Vier Bustypen dieser Firma sind derzeit in Dresden im Einsatz, darunter ein reiner Elektrobus als Testfahrzeug.
So sehen die aktuellen O-Busse der polnischen Firma Solaris aus Polen aus. Vier Bustypen dieser Firma sind derzeit in Dresden im Einsatz, darunter ein reiner Elektrobus als Testfahrzeug. © PR/Solaris

Dresden. Zurück in die Vergangenheit soll es gehen - mit dem Bus. Was es in Dresden schon einmal gab, soll es künftig wieder geben - O-Busse. Dafür setzt sich die Stadtratsfraktion Die Linke ein. Busse, die ihren Strom von einer Oberleitung bekommen, sogenannte O-Busse, könnten in der Landeshauptstadt helfen, die Verkehrswende voranbringen, sagen die Politiker.

Ihren Vorschlag unterbreitet die Fraktion jetzt dem Dresdner Stadtrat. Die Hoffnung: Stimmt der Rat für den Antrag, soll in Dresden die Wiedereinführung solcher Busse zumindest geprüft werden. Jens Matthis, der die Fraktion im Verkehrsausschuss vertritt, sagt: "O-Busse könnten künftig auf den 60er-Linien fahren." Dazu gehört die Linie 61, die zwischen Löbtau und dem Fernsehturm oder Weißig fährt. Früher war das eine O-Bus-Linie.

O-Busse statt neuer Straßenbahnstrecken?

"Das soll langfristige Perspektiven eröffnen", erklärt Matthis den Antrag. Demnach soll der Oberbürgermeister in Zusammenarbeit mit den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) prüfen, welche Vor- und Nachteile solche Busse hätten, ob man sie zum Beispiel anstelle herkömmlicher Fahrzeuge einsetzen oder dafür auf den Bau neuer Straßenbahnstrecken verzichten sollte. Dabei stellt Matthis nicht die Stadtbahntrassen infrage, die jetzt geplant werden oder die noch kommen sollen, also zum Beispiel zwischen Löbtau und Strehlen und zwischen der Johannstadt und Plauen. Er denkt weiter - an eine Zeit, in der komplett neue Busstrecken eingerichtet werden oder in der über weitere Stadtbahntrassen nachgedacht wird.

Und die Busse sollen denen, die es in Dresden schon einmal gab, weit voraus sein. Denn es geht nicht nur um einen elektrischen Antrieb und Strom aus dann neuen Oberleitungen. Die Fraktion denkt bei ihrem Antrag an Hybrid-Oberleitungsbusse. Die sollen nicht nur Stromabnehmer, sondern auch Batterien haben. So etwas planen derzeit zum Beispiel Marburg und Berlin, so Matthis.

Die Busse fahren dann nur auf bestimmten Strecken mit Strom aus der Oberleitung, gleichzeitig werden die Batterien aufgeladen für Abschnitte, auf denen es keine Oberleitung gibt. "Das können besonders lange Strecken sein oder solche, auf denen die Busse langsam fahren", sagt Matthis. Jedenfalls solche, auf denen sie "lange dranhängen" an der Oberleitung. Dort, wo die Oberleitungen wegen komplizierter Kurven oder anderer Einschränkungen besonders teuer sind, könnten die Busse dann den Batteriestrom verbrauchen.

Oberleitungen auch im historischen Zentrum?

Das betrifft dann auch Strecken, auf denen die Stadtplaner gegen neue Oberleitungen sind, weil sie den Anblick stören - etwa vor historischen Bauten. Und die Antragssteller wissen auch: Ein O-Bus wird sich nicht auf jeder Strecke rechnen. Es müssten schon Verbindungen sein, auf denen sich die Investition in die zusätzliche Stromversorgung für die Busse auch lohnt.

Letztlich zählt für die Fraktion aber vor allem das Klima-Argument. Zwar seien Dieselbusse bis 2025 das kostengünstigste System, zitiert Matthis aus einer Studie, die das Bundesverkehrsministerium 2015 in Auftrag gegeben hatte. Sie würden jedoch kaum einen Beitrag zu Klimaschutz- und Energiezielen leisten. Solche Hybrid-O-Busse, wie sie die Fraktion gern möchte, würden den Kohlendioxid-Ausstoß im Vergleich zu Dieselbussen um 40 Prozent senken und 60 Prozent weniger Energie benötigen.

DVB: O-Busse keine Alternative für gefragte Strecken

Matthis kennt die Pläne der Verkehrsbetriebe gut, schließlich ist er Mitglied im Aufsichtsrat des Unternehmens. Deshalb weiß er auch, dass es dort derzeit keine O-Bus-Pläne gibt. DVB-Sprecher Falk Lösch sagt: "O-Busse haben als umweltfreundliche Verkehrsmittel durchaus ihre Berechtigung. Vor allem für kleine und mittlere Städte ohne U- oder Stadtbahnnetz." Als Beispiel nennt er die brandenburgische Stadt Eberswalde, wo die Barnimer Busgesellschaft zwei O-Bus-Linien betreibt. Allerdings fahren dort keine Busse, die auch Batterien haben, die also ohne Oberleitungen auskommen.

In Dresden sei das Stadtbahnnetz "das Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs", sagt Lösch. Zweidrittel aller Fahrgäste würden mit den Straßenbahnen fahren. Und ein weiteres Argument: "Die vorhandene Stromversorgung der Bahn kann nicht gleichzeitig für einen O-Bus genutzt werden – es müsste eine komplett neue Infrastruktur mit Fahrleitungsnetz gebaut werden."

Das ist Geschichte in Dresden. Ein O-Bus mit Anhänger fährt vom Schillerplatz in Richtung Körnerplatz. Hier befindet er sich auf der Zufahrt zum Blauen Wunder.
Das ist Geschichte in Dresden. Ein O-Bus mit Anhänger fährt vom Schillerplatz in Richtung Körnerplatz. Hier befindet er sich auf der Zufahrt zum Blauen Wunder. © Archiv Dresdner Verkehrsbetriebe

Zusätzlich halten die DVB solche Busse für "keine Alternative für stark nachgefragte Linien wie die 61". Dort könne nur "ein leistungsfähiges Stadtbahnsystem mit ausreichender Kapazität Abhilfe schaffen". Unter anderem aus diesen Gründen setzen die DVB bei Bussen auf "fahrleitungsfreie Elektromobilität", also auf reine Batteriebusse. 20 will das Unternehmen anschaffen, sie sollen nachts im Betriebshof und tagsüber an Endstationen per ausklappbarem Stromabnehmer geladen werden.

Warum wurde der O-Bus-Betrieb in Dresden eingestellt?

Dresden hatte einst zwei O-Bus-Linien. Besonders bekannt ist noch die Linie von Löbtau nach Bühlau. Schon damals war das die Linie 61. Sie wurde mit Skoda-Bussen und Anhängern betrieben. Zum letzten Mal fuhren auf einem Teil der Strecke im November 1975 O-Busse, dann wurde der Betrieb komplett eingestellt. "Das Material wurde überbeansprucht, es gab keine Ersatzteile und die Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge war auch nicht ausreichend", sagt Lösch. Danach fuhren dann vor allem Ikarus-Gelenkbusse auf der Strecke, gelegentlich auch normale Busse aus dem Ikarus-Werk in Ungarn.