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Einstimmiger Beschluss: Das plant Dresden am Ullersdorfer Platz

Seit Jahren wird in Dresden über Umbau und Sanierung des Ullersdorfer Platzes gestritten. Jetzt stand im Rat ein Kompromiss zur Abstimmung. Wie entschieden wurde.

Von Dirk Hein
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Am Ullersdorfer Platz in Dresden muss dringend gebaut werden. Dafür wurden jetzt die Weichen gestellt.
Am Ullersdorfer Platz in Dresden muss dringend gebaut werden. Dafür wurden jetzt die Weichen gestellt. © Marion Doering

Dresden. Rund 17.600 Fahrzeuge rollen täglich stadtein- und stadtauswärts über den Ullersdorfer Platz, nutzen die Ullersdorfer und Quohrener Straße. Doch die Gesamtsituation vor Ort ist kaum noch tragbar. Es fehlen sichere Radwege, Fußgängerüberwege und klare Ampelregelungen. Über Jahre wurde gestritten. Nachdem Ende 2023 die Überlegungen der Stadt zu Umbau und Sanierung des Platzes im Hochland abgelehnt wurden, stand sogar ein Stopp der Planungen zur Debatte. Was dazu jetzt im Rat diskutiert und entschieden wurde.

So sieht der Plan für den Ullersdorfer Platz aus

Im Mai 2023 lag nach Jahren des Wartens endlich der Vorschlag der Verwaltung auf dem Tisch. Künftig soll ein großer Pavillon aus Holz das Gesicht des Ullersdorfer Platzes prägen, dessen Dach den Haltestellenbereich überspannt. Der gesamte Platz wird mit Ampeln gesichert, auch zur Quohrener Straße. Die Straßenbahngleise sollen stattdessen verschwinden, die Gleisschleife wird verlagert und soll am Taubenberg östlich der Rossendorfer Straße auf einem Feld neu entstehen.

Die Bahnen würden rechts hineinfahren und gegen den Uhrzeigersinn wieder auf die Bautzner Landstraße einbiegen. Im Inneren der Schleife baut Dresden einen P+R-Parkplatz als Parkhaus. Aktuelle Kostenschätzung: 56,4 Millionen Euro.

Doch es gibt Widerstand. Eine Bürgerinitiative mit Ex-Oberbürgermeister Herbert Wagner (CDU) an der Spitze kämpft insbesondere gegen die Lage der neuen Wendeschleife. Wagner war gestern zur Abstimmung im Rat anwesend.

Ein weiterer Kritikpunkt: Durch die neue Gleisschleife am Taubenberg könnte eine Vorfestlegung erfolgen. Ein Weiterführen der Linie 11 bis Weißig, so die Sorge am Stadtrand, sei dann fast ausgeschlossen. Zudem wird kritisiert, dass Bäume gefällt und Flächen versiegelt werden.

Ein Kompromiss stand zur Abstimmung

Nach langen Diskussionen einigten sich Politik und Verwaltung im Bauausschuss auf einen Kompromiss. Die Planungen werden in zwei Teile getrennt. Einmal in den Bereich zwischen Grundstraße und Ullersdorfer Platz, und einmal in den Abschnitt Ullersdorfer Platz bis Gleisschleife. Beide Bereiche sollen separat weiter geplant und später einzeln vom Stadtrat beschlossen werden. So könnte mit zwei Geschwindigkeiten geplant und gebaut werden, falls es in einem Bereich zu Verzögerungen kommt.

Im ersten Abschnitt sollen die Eingriffe in Anliegergrundstücke "so weit wie möglich minimiert" werden. Die Stadt hat das bereits zugesichert. Statt echten Radwegen könnten überfahrbare Radschutzstreifen entstehen, die zudem weniger breit wären. Ein Überfahren der Schutzstreifen ist erlaubt, bei echten Radwegen wäre dies verboten.

Zudem soll geprüft werden, ob die Bauhöhe des Parkhauses durch ein offenes Parkdeck auf der zweiten Ebene verringert werden kann. So könnte das Parkhaus weniger mächtig und dadurch weniger störend wirken. Die neue Gleisschleife soll so gebaut werden, dass eine Fortführung der Trasse nach Weißig "unproblematisch möglich ist". Im Ausschuss fand der Plan eine unsichere Zustimmung, entsprechend offen war die Abstimmung im Rat.

"Es wird keine zweite Königsbrücker Straße geben"

Vor der abschließenden Diskussion warb Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) daher im Stadtrat nochmals für den gefundenen Kompromiss. "Die langen Diskussionen haben zu einem guten Ergebnis geführt. Bis gebaut werden kann, ist es noch ein langer Weg, aber durch den jetzt möglichen Beschluss wird der Ullersdorfer Platz nicht zur zweiten Königsbrücker Straße."

Kritik kam dennoch von den Linken. "Die Straße ist immer noch zu breit, uns erwartet eine Versiegelungs- und Baumfällorgie. Alles an dieser Planung frisst Platz", sagte Stadtrat Tilo Wirtz. Das Weiterbauen der Straßenbahn nach Weißig hätte eine echte Verkehrswende einläuten können. "Stattdessen bauen wir ein Parkhaus in die wertvollen Feuchtwiesen am Taubenberg. Es ist ein schwacher Kompromiss."

Grüne und SPD wollten im Rat nochmals nachbessern und forderten richtlinienkonforme echte Radwege statt der geplanten Radschutzstreifen. "Die Stadt muss sich in den Planungen an die vorgegebenen Richtlinien halten. Diesen Schönheitsfehler im bisherigen Votum wollen wir noch ausbessern", sagte Susanne Krause (Grüne).

Warum eine Einigung im Stadtrat zu scheitern drohte

"Der Radschutzstreifen ist ein Kompromiss. Wird jetzt in letzter Sekunde ein Radweg beschlossen, werden wir der Vorlage nicht zustimmen", sagte CDU-Rat Veit Böhm. Aus CDU-Sicht sind die überfahrbaren Radschutzstreifen zwingende Voraussetzung dafür, dass der Autoverkehr weiter genug eigenen Raum bekommt.

Mit Blick auf den auf der Zuschauertribüne sitzenden Ex-OB Herbert Wagner (CDU) sagte Böhm: "Es hat sich kein Weg gefunden, eine Verlängerung der Straßenbahn-Trasse möglich zu machen. Viele Punkte, die in den Ortschaften gefordert wurden, sind nicht umsetzbar."

Kurz vor 22 Uhr am Donnerstagabend folgte dann die Abstimmung. Die Pläne von Grünen und SPD, echte Radwege einzuplanen, fanden keine Mehrheit. "Ich sehe große Fragezeichen, ob Radschutzstreifen überhaupt genehmigungsfähig sind", sagte SPD-Rat Stefan Engel.

Der einstimmige Beschluss überraschte

Nach der teilweise hart geführten Diskussion im Vorfeld überraschte dann die Schlussabstimmung. Einstimmig votierten alle Räte für den Beginn eines aufwendigen Planverfahrens. Frühestens 2031, wahrscheinlich Jahre später, kann gebaut werden. Zudem sind weitere Ratsbeschlüsse notwendig.

Der Grundstein ist jedoch gelegt. Einige Räte stimmten zwar nur zu, um weitere Verzögerungen zu vermeiden. Bürgermeister Kühn sieht im Beschluss dennoch ein Achtungszeichen. "Das einstimmige Votum überrascht. Es zeigt aber, wie konstruktiv die Zusammenarbeit war."