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Weitere Elbquerung in Dresden: Naturschutz kontra Verkehrswende im Ostragehege

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Dresden will eine Elbquerung von Pieschen ins Ostragehege verhindern. Dabei würde die vor allem für Radfahrer eine bessere Verbindung ins Zentrum ermöglichen.

Von Kay Haufe
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Jenny Förster (l.) und Louise Hummel-Schröter vom BUND Dresden wollen eine neue Elbquerung zugunsten der Natur im Ostragehege verhindern.
Jenny Förster (l.) und Louise Hummel-Schröter vom BUND Dresden wollen eine neue Elbquerung zugunsten der Natur im Ostragehege verhindern. © René Meinig

Dresden. Es ist eine idyllische Landschaft, die sich hinter der Pieschener Allee bis zum Fluss erstreckt. Leise fließt die Elbe vorbei, die gerade wenig Wasser führt und so ihre Kiesstrände freigelegt hat. Einzelne große Bäume säumen das Ufer, dahinter blühen auf den Elbwiesen Sauerampfer, Wilde Möhre und andere Stauden. Genau hier würde sich auch eine Fährverbindung anbieten oder etwas weiter entfernt eine Brücke, um Pieschen und das Ostragehege besser miteinander zu verbinden. Seit Jahren wird im Stadtrat darüber diskutiert, ohne dass es bisher zu einem abschließenden Ergebnis gekommen ist.

Gegen beide Ideen, die Vorteile vor allem für Fußgänger, Radfahrer und möglicherweise auch ÖPNV-Nutzer bei einer Brücke mit Straßenbahn mit sich bringen würden, gibt es inzwischen erheblichen Widerstand vonseiten der lokalen Gruppe des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) in Dresden. Im Mai hat sie die Petition "Natur bewahren. Ostrawiesen schonen. Ruhe genießen" gegen eine wie auch immer geartete Elbquerung gestartet und macht nun erneut auf Probleme aufmerksam, die aus ihrer Sicht entstehen würden.

Geschützte Arten wären von Elbquerung in Dresden bedroht

Egal, ob Fähre oder Brücke, sagt Jenny Förster von der Arbeitsgruppe Naturschutz des BUND, beides wäre mit einem Eingriff in die Natur verbunden. Es müssten in die bestehenden Wiesen Fähranleger oder sogar Brückenrampen gebaut werden. Im Anschluss würden neue asphaltierte Wege oder Straßen durchs Ostragehege entstehen.

Doch das und die damit verbundenen erhöhten Besucherzahlen würden den Lebensraum zahlreicher geschützter Arten bedrohen. Förster hat sich intensiv mit der Naturausstattung des Gebietes befasst. Allein fünf Schutzgebiete gibt es auf der Ostrahalbinsel, darunter die Flächennaturdenkmale Pieschener Allee oder die Glatthaferwiesen. Der Bereich zwischen Flügelweg- und Marienbrücke ist ein rund 4,5 Kilometer langer Biotopverbund.

Auf den Elbwiesen, die durch Schafe beweidet werden, wächst zum Beispiel die Kleine Wiesenraute, eine Art, die stark gefährdet ist. Die größeren Bestände dieser Pflanze sind eine Besonderheit in Dresden. Auch das Zittergras ist hier zu finden, genau wie die Ackerwitwenblume, die mit ihrem Pollen Nahrung für die seltene Knautien-Sandbiene bietet. Zudem leben Feldhasen und Neuntöter hier. Die Vögel brüten in ruhigen Gebüschgruppen. "Das würde sich wahrscheinlich ändern, wenn hier mehr Verkehr ist und mehr Menschen unterwegs sind", sagt Förster.

So könnte eine neue Elbbrücke in Pieschen aussehen, sie wurde von Studenten der TU Dresden entworfen.
So könnte eine neue Elbbrücke in Pieschen aussehen, sie wurde von Studenten der TU Dresden entworfen. © TU Dresden

Was passiert, wenn der Besucherdruck zunimmt, hat der Wachtelkönig gezeigt. Der Vogel wurde Anfang der 1990er-Jahre noch im Ostragehege nachgewiesen, heute ist er längst verschwunden. Er gilt in Deutschland mittlerweile als vom Aussterben bedroht. Immerhin ist der Eremit noch in den alten Linden an der Pieschener Allee zu finden. Der kleine, lackschwarze Käfer ist streng geschützt und lebt in Baumhöhlen, die bereits von Pilzen befallen sind, in sogenannten Mulmhöhlen.

"Heute bietet das Ostragehege eine große natürlich Vielfalt, die unter einer Brücke oder Fähre leiden würde", ist Förster überzeugt.

Radwege besser ausbauen

Bisher hält sich die Unterstützung für die BUND-Petition allerdings in Grenzen. Seit Mai haben 762 Menschen (Stand 5. Juli, 14 Uhr) unterschrieben, eine eher geringe Zahl. "Hier treffen tatsächlich Verkehrswende und Naturschutz aufeinander und es ist die Frage, wie man eine gute Lösung findet", sagt Louise Hummel-Schröter vom Vorstand des BUND Dresden.

Statt einer Brücke oder Fähre schlägt Jenny Förster den Ausbau der Radwege auf der Leipziger Straße und auf der Marienbrücke vor. Auch größere P&R-Plätze an den Stadträndern wären geeignet, dass mehr Besucher mit Bahnen ins Messegelände kommen. "Wir möchten auf jeden Fall für die Natur im Ostragehege sensibilisieren."

Dafür hat der Dresdner BUND Leitsätze für die Entwicklung des Gebietes aufgestellt. Klar, dass keine neue Elbquerung darin eine Hauptrolle spielt. Dafür aber Infotafeln im Gebiet, um die schützenswerte Natur zu erklären, oder die bessere "Besucherlenkung", um Rückzugsorte für Tiere zu ermöglichen.

Stadtrat entscheidet erst noch

Nach den jahrelangen Diskussionen ohne Ergebnis hat SPD-Stadtrat Stefan Engel im April einen Antrag in den Stadtrat eingebracht mit dem Ziel, die Fährverbindung vorrangig voranzutreiben. Nicht, ohne die Brückenpläne ganz außer Acht zu lassen. Bisher wurde der aber vertagt, sodass er erst nach der Sommerpause behandelt werden wird.

Die Dresdner Verkehrsbetriebe hatten sich bisher ablehnend zu einem Fährbetrieb zwischen Pieschen und dem Ostragehege geäußert. Die Nachfrage sei mit prognostizierten 600 Fahrgästen pro Tag zu gering und sie damit nicht wirtschaftlich zu betreiben.