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Löwe zum Videobeweis: Das ist doch Wahnsinn

Der Dynamo-Profi wird gefoult, es gibt Elfmeter - und dann doch nicht. Nach dem 0:0 beim FC St. Pauli spricht er nicht nur über die strittige Szene. Mit Einzelkritik.

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Das ist eine eigentliche Aufgabe; Chris Löwe grätscht gegen St. Paulis Sturmriesen Henk Veerman. Doch kurz vor Schluss wird er im gegnerischen Strafraum gefoult - oder etwa nicht?
Das ist eine eigentliche Aufgabe; Chris Löwe grätscht gegen St. Paulis Sturmriesen Henk Veerman. Doch kurz vor Schluss wird er im gegnerischen Strafraum gefoult - oder etwa nicht? © Eibner-Pressefoto

Hamburg. Es ist der Aufreger des Spiels - und wie schon eine Woche zuvor hadert Dynamo mit dem Video-Assistenten. Beim 0:0 gegen den FC St. Pauli in Hamburg ist es kein Tor, sondern ein Elfmeter. Schiedsrichter Daniel Schlager zeigt auf den Punkt, doch aus dem Kölner Keller meldet sich Günter Perl, 50 Jahre, ein erfahrener Unparteiischer, aber inzwischen nicht mehr auf dem Platz aktiv.

So viel steht fest: Genau wie beim aberkannten Tor von Patrick Schmidt beim 2:3 gegen Darmstadt eine Woche zuvor - dagegen hat Dynamo Protest eingelegt - ist es keine klare Fehlentscheidung. Trotzdem korrigiert sich der Unparteiische nach Ansicht der Fernsehbilder. Statt Strafstoß für die Dresdner gibt es die Gelbe Karte für Chris Löwe.  Angeblich eine Schwalbe, sozusagen die Vortäuschung einer Straftat. Der Linksverteidiger hatte die Grätsche von St. Paulis Luca Zander zu Boden gegangen. 

Löwe versteht die Fußball-Welt nicht mehr. Hinterher sagt er, was er über die Szene denkt und wie er das Unentschieden einordnet.

Chris Löwe, muss Dynamo mit dem Punkt auf St. Pauli zufrieden sein?

Nach der ersten Halbzeit war ich mit dem Punkt zufrieden. Wir brauchen nicht drumherum zu reden, da müssen wir uns bei Kevin Broll bedanken, dass es 0:0 steht. In der zweiten Halbzeit spielen wir es aber besser, lassen wenig zu. Dann bekommen wir noch einen Elfmeter für uns, der das Spiel kurz vor Schluss in unsere Richtung gelenkt hätte.

Den Strafstoß gab es nach Videobeweis nicht. War es denn einer?

Ich gehe in den Strafraum und sehe dass er grätscht. Natürlich bin ich nicht doof, ich spiele schon ein paar Jahre Fußball und weiß, was dann kommt. Er berührt mich, gibt das auch selbst noch zu , als ein Mitspieler ihn fragt.

Haben Sie mit Luca Zander selbst gesprochen?

Ich habe ihm gesagt: Natürlich berührst du mich nicht sehr, aber du berührst mich und das muss im Strafraum bei diesem Tempo reichen. Entschuldigung, ich muss wirklich lachen. Denn dann bekomme ich sogar noch eine Gelbe Karte für eine Schwalbe. Dafür muss ich wahrscheinlich noch etwas in die Mannschaftskasse zahlen. Das ist einfach lächerlich.

Der Videobeweis war also wieder nicht Dynamos Freund ...

Was heißt: nicht unser Freund? Ich habe das doch jetzt schon oft genug gesagt. Warum können wir nicht einfach Fußball spielen, wie es die letzten 150 Jahre war? Ich diskutiere am Ende lieber über eine falsche Schiedsrichter-Entscheidung, als dass der aus Köln sich einschaltet und seinen Senf dazu gibt. Der schaut sich die Szene 150-Mal vor und zurück an, hat 100 Blickwinkel auf die Situation und gibt mir am Ende eine Gelbe Karte. Das ist doch Wahnsinn, der Schiedsrichter muss doch einen Grund gehabt haben, warum er den Elfmeter erst gibt. Das auseinander zu pflücken, das ist ja Wahnsinn!

Ist der Punkt trotzdem was wert?

Ich denke doch. Wir haben bereits drei Punkte auf den Relegationsplatz gut gemacht. Wir sind mit sieben Punkten Rückstand gestartet, hatten vor dem Spieltag vier und haben jetzt bei St. Pauli einen weiteren Zähler geholt. Es ist klar, dass es bis zum letzten Spieltag geht. Deswegen nehmen wir jeden Punkt mit. Ich hätte heute und vorige Woche auch lieber gewonnen. Uns ist auch klar, dass wir auch mal zwei Spiele nacheinander gewinnen müssen. Dafür haben wir aber auch noch zwölf Spiele Zeit. Die anderen rennen auch nicht weg. Wir kommen darauf aufbauen, haben am Samstag wieder eine wichtiges Spiel gegen Bochum.

Wenn Sie ein erstes Zwischenfazit der Aufholjagd ziehen müssten, wie fällt das aus?

Für mich ist es positiv, auf die ersten vier Spiele können wir aufbauen. Wir wissen alle, dass wir vergangene Woche durch den Videobeweis beklaut ​wurden. Das wäre noch mal mindestens ein Punkt mehr gewesen, wir hatten ja auch noch eine Viertelstunde Zeit. Da kann man vielleicht noch gewinnen. Vielleicht werden die kleinen Dinge dann mal für uns entschieden.

Nach dem Schlusspfiff gab es Übergriffe von Dynamo-Fans. Wie kommentieren Sie das?

Wir kommen zum Fußball, wollen Spaß haben. So etwas gehört nicht dazu. Schade, dass es passiert ist.

Das Gespräch notierte Jens Maßlich.

Das Dynamo-Zeugnis: Glatte Eins für Broll, sonst schwach

Ex-Dynamo Rico Benatelli (r.) bringt in dieser Szene zwar den Ball an Dynamos Torwart Kevin Broll  vorbei, doch beim anschließenden Schuss von Viktor Gyökeres steht Verteidiger Linus Wahlqvist im Weg. Es ist eine von acht guten Chancen für St. Pauli allei
Ex-Dynamo Rico Benatelli (r.) bringt in dieser Szene zwar den Ball an Dynamos Torwart Kevin Broll  vorbei, doch beim anschließenden Schuss von Viktor Gyökeres steht Verteidiger Linus Wahlqvist im Weg. Es ist eine von acht guten Chancen für St. Pauli allei © nordphoto

Kevin Broll: Pariert mehrfach sehenswert und hält Dynamo überhaupt erst im Spiel. Mit Abstand der Beste. Note: 1

Linus Wahlqvist: Kann an seine gute Leistung der Vorwoche nicht anknüpfen. Viel kommt über seine rechte Abwehrseite, weswegen Kreuzer ihn ersetzt. Note: 5

Florian Ballas: Der Abwehrchef hat zwar Veermann weitestgehend im Griff, seine Viererkette aber nicht immer. Note: 4

Jannis Nikolaou: Deutlich stabiler als in der Vorwoche, steigert sich vor allem im zweiten Durchgang. Note: 4

Chris Löwe: Nutzt seine Chance als Hamalainen-Ersatz nicht. Vor allem Miyaichi ist viel zu schnell für ihn. Note: 5

Ondrej Petrak: Er soll für Sicherheit sorgen, offenbart aber einige Schwächen in der Abstimmung mit seinen Nebenleuten. Note: 5

Josef Husbauer: Ist weder im defensiven noch im offensiven Mittelfeld Ton angebend. Er ist blass, aber auch ohne große Fehler. Note: 4

Sascha Horvath: Sein schwächster Auftritt seit der Winterpause, weswegen Klingenburg ihn zur Pause ersetzt. Note: 4

Baris Atik: Er kann als Ersatz für den gelbgesperrten Ebert keinerlei Akzente setzen. Note: 5

Marco Terrazzino: Fällt bis auf einen katastrophalen Fehlpass, der folgenlos bleibt, nicht auf. Schwächste Saisonleistung bisher. Note: 4

Patrick Schmidt: Ist fast ausschließlich als Ballverteiler gefragt und wird dabei fast immer allein gelassen. Note: 4

René Klingenburg: Kommt zur Pause und kassiert seine sechste Gelbe Karte. Sonst bleibt er unauffällig. Note: 4

Niklas Kreuzer: Darf ab der 67. Minute seine ersten Minuten seit der Winterpause ran, ist aber auch nicht mehr am Spiel beteiligt. Note: 4

Brian Hamalainen: ohne Note. (jm)

SZ-Noten: 1 = überragend; 2 = stark; 3 = solide; 4 = mangelhaft; 5 = enttäuschend; 6 = indiskutabel

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