Der Görlitzer Autor Lukas Rietzschel hat sich für ein Verbot der in Teilen rechtsextremen AfD ausgesprochen. In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung begründet er seine Ansicht vor den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen im nächsten Jahr so: "Eine Demokratie, die sich nicht gegen Akteure wehrt, die ihre Auflösung planen, ist mindestens naiv." Es gehe längst nicht mehr darum, mit Ideen und Konzepten zu überzeugen, "sondern darum, unsere freiheitliche Grundordnung aufrechtzuerhalten".
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Rietzschel diagnostiziert im Osten Deutschlands eine Krise der Demokratie, die sich in geringem Engagement in Parteien, Gewerkschaften oder Kirchen zeige. Er äußert zugleich Verständnis für diese Entwicklung, weil der Bundestag beispielsweise nicht mehr die Gesellschaft in ihrer Vielfalt repräsentiere und auch der Einfluss von Verfassungsgerichten, Zentralbanken, Expertenräten und Lobbygruppen noch nie so hoch gewesen sei wie derzeit. Deswegen seien Reformen nötig, um "mehr Demokratie zu wagen". Damit knüpft er an den Slogan der SPD in der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt an.
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Neben dem Schutz der Demokratie durch ein Verbot der AfD und aller ihrer möglichen Nachfolgeparteien, schlägt Rietzschel vor, die Sitze in Kommunalparlamenten wie Stadträten oder Kreistagen per Losverfahren zu vergeben. Es sei jedem zumutbar, sich für vier Jahre für die Gesellschaft zu engagieren. Und für viele sei es auch ein Gewinn. Zugleich sollte transparent gemacht werden, inwiefern Expertenräte und Lobbygruppen zu den Entscheidungen beitrugen.
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Rietzschel, der selbst Mitglied der SPD ist, gibt sich zwar gewiss, dass die Demokratie kurzfristig bei Wahlen verteidigt werden kann. Insofern sieht er nicht, dass die AfD weder in Regierungsverantwortung kommt noch eine absolute Mehrheit bei Wahlen erreichen wird. Aber der Kampf für die Demokratie führe zu "kuriosen Parteienbündnissen und Parteivorsitzende in Erklärungsnot". Deswegen sei es langfristig besser, das demokratische System zu reformieren.
Lukas Rietzschel stammt aus Räckelwitz bei Kamenz und lebt seit einigen Jahren in Görlitz. Eine große Leserschaft fand sein Debütwerk "Mit der Faust in die Welt schlagen" 2018. In seinen Büchern beschreibt er seelische Verletzungen und Brüche, mit denen der politische Wandel seit 1990 in der Oberlausitz verbunden war und die seiner Ansicht nach noch heute in der Nachwendegesellschaft nachwirken.
Anfang des Jahres weilte der 29-Jährige als Stipendiat in Kalifornien, über den Aufenthalt schrieb er regelmäßig in der SZ. Im vergangenen Jahr erhielt er den Sächsischen Literaturpreis und stellte erstmals auch seine Malerei in Görlitz aus. Im Januar wird das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz/Zittau sein Schauspiel "Das beispielhafte Leben des Samuel W." uraufführen.