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„Corona kam für uns zum ungünstigsten Zeitpunkt“

Die Restaurants „Jakobs Söhne“ und „Neiß“ von Sarah und Enrico Merker in Görlitz sind aktuell zu. Doch wie geht es hier weiter?

Von Ingo Kramer
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Sarah und Enrico Merker stehen im „Neiß“ auf der Weberstraße. Aktuell ist das Restaurant allerdings geschlossen.
Sarah und Enrico Merker stehen im „Neiß“ auf der Weberstraße. Aktuell ist das Restaurant allerdings geschlossen. © Nikolai Schmidt

Wer derzeit neugierig durch die Scheiben lugt, sieht ein bisschen Krempel herumstehen. Aber der ließe sich schnell wegräumen und dann sähe es wieder einladend aus in den Restaurants „Jakobs Söhne“ auf der unteren Jakobstraße und „Neiß“ auf der Weberstraße in Görlitz. Doch an den Türen weisen keine Schilder auf eine geplante Wiedereröffnung hin. Auch drinnen rührt sich nichts.

„Corona kam für uns zum ungünstigsten Zeitpunkt überhaupt“, sagt Enrico Merker, dessen Frau Sarah beide Restaurants betreibt und der bei ihr angestellt ist. Kurz vor der Pandemie hatten sie kräftig investiert, hatten aus dem früheren Café Kugel das „Neiß“ gemacht, ein richtiges Speiserestaurant mit Abendkarte, das nach dem ersten Lockdown im Sommer 2020 eröffnete und den Laden auf wirtschaftlich solidere Füße stellen sollte: „Nur Kaffee und Kuchen anzubieten, ist in einem so großen Lokal in der Altstadt schwierig.“

Mitarbeiterzahl vor Kurzem verdoppelt

Die Mitarbeiterzahl verdoppelte sich in dieser Zeit auf zehn plus zwei Lehrlinge. Und dann kam der November 2020 – und mit ihm der zweite Lockdown, sieben Monate lang: „Wir standen mit Mehrkosten da, aber haben plötzlich nichts mehr verdient.“ Im „Jakobs Söhne“ versuchten sie es im November/Dezember noch mit Außer-Haus-Verkauf, doch das rechnete sich nicht und so ließen sie es ab Januar bleiben.

Die staatlichen Unterstützungen orientierten sich an den Vorjahresumsätzen. Für Gastronomen, die seit Jahren kontinuierlich arbeiten, war das hilfreich. Nicht aber für die Merkers: „Im Vorjahr waren wir noch viel kleiner, hatten geringere Umsätze und weniger Mitarbeiter.“ Entsprechend wenig Geld gab es nun vom Staat. Enrico Merker nennt es ein „Taschengeld“. Hinzu kam zu allem Übel, dass das Kurzarbeitergeld sehr spät floss, teilweise erst im April. Und dass dieses zwar für die Angestellten gewährt wurde, nicht aber für die Inhaberin. Letzteres ist überall so, aber das macht es für das Paar auch nicht besser.

Die Folge: „Wir mussten nach und nach das Personal entlassen“, sagt der 38-Jährige. Die beiden Lehrlinge waren die Ersten. Sie hatten ihre Ausbildung erst im September angefangen. Drei Monate später war für sie Schluss: „Da war absehbar, dass der Lockdown wohl noch eine Weile dauern würde.“ Spitzenkoch Tom Hockauf war schon im Sommer von sich aus weggegangen, die anderen Köche und Kellner mussten teils zum Jahreswechsel, teils im Februar gehen. „Jetzt sind wir nur noch zu dritt“, sagt Enrico Merker. Neben ihm und seiner 35-jährigen Frau ist nur ein Hilfskoch geblieben.

Genau das aber ist jetzt das große Problem: „Wir können aktuell nicht aufmachen, weil wir keine Leute haben.“ Vor allem bräuchte es gute Köche: „Meine Frau und ich sind keine Köche.“ Doch je länger der Lockdown dauerte, umso vorsichtiger wurden die beiden – und suchten erst einmal noch kein neues Personal: „Wir wussten ja nicht, ab wann wir es wirklich brauchen würden.“ Dass die Inzidenzen jetzt plötzlich so schnell sinken und die Lockerungen in hohem Tempo kommen, hat die Merkers sehr überrascht: „Wir dachten, vor Juli brauchen wir keine Leute.“

Es braucht drei bis vier Leute

Nun also dürften sie öffnen, aber haben kein Personal. Stattdessen müssen sie neue Mitarbeiter suchen. Die meisten von denen, die sie entlassen mussten, haben inzwischen neue Stellen gefunden, vermutet Enrico Merker: „Einer oder zwei wären bereit, wieder anzufangen.“ Doch das reicht nicht: Drei oder vier Leute braucht es, um starten zu können. Vor allem deshalb ist die Zukunft momentan völlig offen. Die Merkers können derzeit nicht sagen, ob sie künftig noch beide Lokale selbst betreiben werden oder vielleicht nur noch eins oder gar keins mehr. Das hängt sehr vom Erfolg der Personalsuche ab – und von Gesprächen, die sie momentan führen. Auch das künftige Konzept ist noch nicht klar – also zum Beispiel die Frage, ob das „Neiß“ wieder zum Café wird oder ein Restaurant mit Abendkarte bleibt. Enrico Merker würde sich eher Letzteres wünschen.

Und er gibt sich optimistisch: „Wenn alles gut geht, sind wir im Juli wieder am Start.“ So oder so glaubt er nicht, dass auch nur eins von beiden Restaurants dauerhaft geschlossen bleiben wird: „Dafür sind sie viel zu schön“, sagt er – und verweist zum Beispiel auf den gemütlichen Innenhof auf der Weberstraße. „Die Frage ist eigentlich nur, wann sie wieder öffnen und wer dann hinter der Theke steht“, sagt er.

Wer als Koch oder Kellner bei den Merkers anfangen will, kann sich unter [email protected] melden.