Görlitzer Brandhaus-Mieter brauchen viel Geduld

Das Treppenhaus der Bismarckstraße 27 gleicht einem Hindernisparcours. Überall stehen Gerüste – auf den Treppenstufen und vor den Wohnungseingangstüren, vom Parterre bis nach ganz oben. Die Mieter dürfen jederzeit in ihre Wohnungen, aber auf dem Weg dahin brauchen sie ein bisschen Geschick, um sich durch all die Stangen hindurchzuschlängeln.

„Das Gerüst steht, weil das ganze Treppenhaus gereinigt und anschließend gemalert werden muss“, berichtet Gert Haberland von Plandata Immobilien. Er ist der Hausverwalter für die Bismarckstraße 27. Eine Woche vor Weihnachten hatte es im Keller gebrannt. Ein unbekannter Täter hatte nachts in zwei verschiedenen Kellerabteilen abgestellten Hausrat angezündet. Der Brand blieb auf den Keller beschränkt, bis auf eine leichte Rauchgasvergiftung ist zum Glück niemandem etwas passiert. Doch der giftige Ruß drang durch Ritzen in sämtliche Wohnungen ein und setzte sich überall ab. Die Mieter sind nach dem Brand in Ferienwohnungen untergekommen. Dort leben sie bis heute.
Zeitplan hängt von Firmen ab
Wie lange noch? Haberland kann das nicht sagen: „Es hängt davon ab, wie schnell die Firmen jetzt vorankommen.“ Eine Mieterin habe ihn neulich gefragt, ob sie Ostern wieder in der Wohnung verbringen können wird. „Ich weiß es nicht, aber ich würde es gut finden, wenn wir bis Ostern fertig wären“, sagt Haberland. Was ihn aber freut: Sämtliche Mieter sind ziemlich entspannt, keiner drängelt oder wirkt gestresst. Alle haben sich aus ihren Wohnungen geholt, was sie brauchten.
Die wichtigsten Arbeiten im Haus seien nach dem Brand recht schnell erledigt worden, berichtet der Verwalter. Eine Elektroheizung wurde als Mietheizung im Keller installiert. Sie sorgt seither dafür, dass im gesamten Haus nichts einfriert. „Die bisherige Gasheizung war erst vier oder fünf Jahre alt“, sagt Haberland. Beim Brand habe sie zu viel Hitze abbekommen, sodass sie nun ersetzt werden muss. Zudem wurden schnell Not- und Baustrom gelegt und sämtliche Wohnungstüren, die in der Brandnacht aufgebrochen werden mussten, repariert. „Alle sind wieder verschließbar“, berichtet Haberland.
Verzögerungen aus mehreren Gründen
Damit war das Wichtigste erledigt. Manches andere hat sich zeitlich hingezogen: Wegen Weihnachten und dem Jahreswechsel, wegen Wintereinbrüchen, teils aber auch wegen Corona. Aus letzterem Grund würden viele Versicherungen aktuell keine Gutachter rausschicken, erklärt der Verwalter. Letztlich habe dann ein neutraler Gutachter die Schäden aufgenommen. Trotzdem ist Haberland mit der Versicherung zufrieden: „Es ging schon noch relativ schnell.“ Von der Wohngebäudeversicherung habe er die Freigabe erhalten, sie kommt für die Schäden am Haus auf.
Auch in den Wohnungen wird alles neu gemalert. Beim Inventar der Mieter sieht es anders aus. Einige haben keine Hausratversicherung, sie bleiben auf ihren Schäden sitzen. „Wer eine Versicherung hat, der hat es mit dieser geklärt“, so der Verwalter. Ursprünglich hieß es mal, dass sämtliches Inventar aus allen Wohnungen abgeholt und gereinigt werden muss. Das passiert nun doch nicht: „Der Geruch ist nicht so schlimm wie ursprünglich gedacht.“

Das Unternehmen Polygonvatro hat vorige Woche losgelegt. Das ist eine Firma, die auf Instandsetzungen nach Brand- und Wasserschäden spezialisiert ist. Sie hat mehr als 70 Niederlassungen in Deutschland, darunter eine in Dresden. „Der Gerüstbau im Treppenhaus hat zwei Tage gedauert“, so Haberland. Am Montag haben die Arbeiter dann den Keller leergeräumt, seit Dienstag sind sie dabei, dort sämtlichen Putz abzustemmen. „Anders ist der Geruch nicht rauszukriegen“, sagt er.
Im Rest des Hauses ist das zum Glück nicht nötig. Dort werden die Wände gereinigt und anschließend gemalert. Die Arbeiter fangen ganz unten an und arbeiten sich dann immer weiter nach oben voran, inklusive der Wohnungen. „Drei oder vier Wohnungstüren werden getauscht“, sagt der Verwalter. Bei alledem sind die Leute von Polygonvatro nicht allein im Haus. Auch hiesige Firmen sind eingebunden, etwa eine Sanitär- und eine Elektrofirma. Im Keller müssen alle Leitungen erneuert werden, weiter oben zum Glück nicht.

Im Haus lebten vor dem Brand 27 Menschen, zudem gab es im Erdgeschoss die Physiotherapie Balance. Die ist seit 11. Januar vorübergehend im Haus Konsulplatz 4/5 untergekommen und dort auch unter ihrer gewohnten Telefonnummer erreichbar. „Sie kann zurückkehren, sobald im Keller sämtliche Technik wieder läuft“, sagt Haberland. Auch hier kann er leider noch keinen Termin nennen.
Die Polizei sucht derweil weiter nach dem Brandstifter. Ein konkretes Ergebnis gibt es aber offenbar noch nicht. „Aus ermittlungstaktischen Gründen können wir zu dem laufenden Verfahren keine weiteren Auskünfte geben“, sagt Sprecherin Franziska Schulenburg: „Die Ermittlungen dauern an.“ Haberland hat derweil gehört, dass Hausbewohner von der Polizei befragt wurden. Auffällig ist, dass es keinerlei Einbruchsspuren gibt, sodass zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Bewohner das nächtliche Feuer gelegt hat.