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Kamenzer Geburtenstation: "Aktuell erleben wir einen fühlbaren Aufschwung!"

Bundesweit ist die Geburtenrate rückläufig. Im Kamenzer Krankenhaus St. Johannes kamen 2024 aber schon etwas mehr Kinder zur Welt als im Vorjahreszeitraum. Womit die Station punktet und was neu ist.

Von Ina Förster
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Jasmin Kluge aus Bischofswerda wählte zum zweiten Mal das Kamenzer Krankenhaus für die Geburt aus. Die kleine Tarja wurde am 18. März per Kaiserschnitt geholt. Stationsschwester Daniela Nicolaus und Chefarzt Dr. Pavel Rubeš freuen sich mit der Mutter.
Jasmin Kluge aus Bischofswerda wählte zum zweiten Mal das Kamenzer Krankenhaus für die Geburt aus. Die kleine Tarja wurde am 18. März per Kaiserschnitt geholt. Stationsschwester Daniela Nicolaus und Chefarzt Dr. Pavel Rubeš freuen sich mit der Mutter. © Matthias Schumann

Kamenz. Tarja verschläft den kompletten Termin mit der Presse. Die neue Erdenbürgerin wurde am 18. März 2024 im Kamenzer Krankenhaus geboren und liegt nun mit Mama Jasmin Kluge auf der Station St. Margareta. Wohl behütet. Gut umsorgt. Und sichtlich zufrieden. Das neue, hochmoderne Beistellbettchen wirkt im Vier-Personen-Zimmer zwar ein bisschen verloren. Aber die junge Mutter ist froh, dass sie so viel Privatsphäre bekommt. Gerade nach ihrem zweiten geplanten Kaiserschnitt.

An diesem Dienstag Mitte März sieht es nicht gerade nach allzu viel Trubel auf Station aus. Nur ein weiteres Baby wurde gerade geboren. Gabriel, der noch ganz rosig in seinem Bettchen liegt. Selig schlummert er in seinem neuen Schlafsack mit der Aufschrift St. Johannes Krankenhaus. "Den gibt es seit diesem Jahr als Geschenk von uns zur Geburt mit nach Hause", erzählt Daniela Nicolaus, die seit 15 Jahren auf der Station arbeitet, seit 2018 als leitende Schwester.

2023 gab es im Kamenzer Krankenhaus 349 Geburten

Sie kennt alle Abläufe, hat ihre Augen überall und in den zurückliegenden Jahren alle Hochs und Tiefs hautnah miterlebt. Dass die Krankenhäuser mit Geburtsstationen in Bautzen, Hoyerswerda und Kamenz aktuell mit schwindenden Zahlen zu kämpfen haben, sei kein Geheimnis. Auch im St. Johannes sank die Zahl der Geburten innerhalb der vergangenen fünf Jahre von 544 auf 349 im Jahr 2023.

Und doch schaut das 15-köpfige Team von St. Margareta gerade optimistisch in die Zukunft. "Aktuell erleben wir einen kleinen fühlbaren Aufschwung", sagt Daniela Nicolaus. Mit über 80 geborenen Kindern bis zum 21. März 2024 liege man schon jetzt leicht über dem Vorjahreswert. Ein Hoffnungsschimmer?

Geburtenknick der 1990er-Jahre macht sich bemerkbar

"Man hat leider einen flächendeckenden Rückgang der Geburtszahlen in allen Krankenhäusern zu verzeichnen", sagt Chefarzt Dr. Pavel Rubeš, der die Geburtenklinik und Gynäkologieabteilung am Krankenhaus St. Johannes seit Anfang 2023 leitet. "Ich bin aus Sebnitz gewechselt, da die dortige Station geschlossen wurde", sagt er. Dies sei kein Einzelfall gewesen in den letzten Jahren. Ende 2017 etwa wurde die Frauenklinik in Bischofswerda nach 20 Jahren dichtgemacht.

Davon profitierte das Kamenzer Krankenhaus zwar anschließend vorübergehend. Doch während und nach der Corona-Krise brachen die Geburtenzahlen ein. Krisen würden den Kinderwunsch nicht gerade ankurbeln. Dies sei ein Fakt, der nicht von der Hand zu weisen sei. "Aber wir erleben jetzt gerade auch eine demografische Abwärtsentwicklung. Denn die Generation, die aktuell mit etwa 30 Jahren prädestiniert wäre, Eltern zu werden, stammt selbst aus schwachen Geburtenjahrgängen", so Rubeš. Anfang der 1990er-Jahre gab es deutschlandweit einen Geburtenknick.

Chefarzt Pavel Rubeš und Assistenzärztin Jeannette Wolfram, die seit Kurzem das Team auf der Geburtenstation im Kamenzer Krankenhaus verstärkt.
Chefarzt Pavel Rubeš und Assistenzärztin Jeannette Wolfram, die seit Kurzem das Team auf der Geburtenstation im Kamenzer Krankenhaus verstärkt. © Matthias Schumann

Trotz aller Negativ-Statistik ist man auf der Kamenzer Geburtsstation aber auf jede Situation vorbereitet. Vor allem natürlich auf die Frauen, die ihr Kind hier gebären möchten. Es gibt zehn Betten. In geburtenstarken Zeiten können vier weitere Betten belegt werden. Zur Station zählen zudem zwei Kreißsäle, zwei Überwachungsräume für die erste Phase der Geburt und ein Raum mit einer Geburtswanne für Wassergeburten.

An diesem Dienstag sind noch zwei werdende Mütter auf Station, die einer baldigen Geburt entgegenblicken. Eine läuft gerade über den langen Krankenhauskorridor. Chefarzt Pavel Rubeš nickt aufmunternd herüber. An seiner Seite Assistenzärztin Jeannette Wolfram, die seit Kurzem das Team verstärkt.

Blick in den Kreißsaal der Geburtenstation im Kamenzer Krankenhaus.
Blick in den Kreißsaal der Geburtenstation im Kamenzer Krankenhaus. © Matthias Schumann

Nachwuchssorgen bei den Mitarbeitern habe man aktuell nicht, sagt die Standortleiterin des Krankenhauses, Alexandra Jung. Auf der Station Margareta - die gynäkologische Abteilung inbegriffen - arbeiten zehn Ärzte, 13 Hebammen und zwei Kinderkrankenschwestern. "Dass alle Hebammen fest angestellt sind, ist ein zusätzliches Glück und gibt Sicherheit", meint der Chefarzt. Es sei wie eine "Oase in der Wüste". Andere Krankenhäuser würden generell mit Beleghebammen arbeiten.

In Kamenz hat gerade eine neue Hebamme ausgelernt, und auch Krankenpfleger werden ausgebildet. Zudem startet eine junge Frau im Haus demnächst in die Praxis ihres Hebammenstudiums. "Wir konnten nicht alle Nachfragen bedienen", sagt der Chefarzt.

Seit er in Kamenz ist, habe er viel Positives erlebt. Dass er zum Beispiel erfahrene Kollegen wie Dr. Sebastian Schurk und sogar auch wieder den früheren Chefarzt Dr. Rainer Kluge an seiner Seite habe, mache ihn stolz. Rubeš lobt vor allem die Empathie und Sympathie, die sein Team mitbringe.

Kaiserschnitte bei weniger als 20 Prozent aller Geburten

Die kleine Tarja schlummert immer noch friedlich im Beistellbettchen. "Das ist unsere neueste Errungenschaft", sagt Daniela Nicolaus. Es könne direkt ans Bett der Mutter angepasst werden und sei auch schräg verstellbar, damit die Babys sicher gelagert werden können - vor allem für kleine Spucker nach dem Stillen sei das goldwert.

Jasmin Kluge kommt aus Bischofswerda und wählte bereits zum zweiten Mal die Kamenzer Geburtenstation aus. "Unsere große Tochter Leonie kam auch schon hier zur Welt, und wir waren 2020 sehr zufrieden. Hier passt alles bestens. Und für meinen zweiten geplanten Kaiserschnitt wollte ich in guten Händen sein", sagt die 26-Jährige. Aus gesundheitlichen Gründen sei ihr leider keine natürliche Geburt vergönnt.

Diesmal konnte auch Papa Jeffrey dabei sein, das hatte beim ersten Mal nicht geklappt, da es kurz vorher Komplikationen bei der Mutter gab. "Kaiserschnitte nehmen deutlich unter 20 Prozent aller Geburten hier in Kamenz ein", erklärt Pavel Rubeš. Doch wenn es nötig werde, sei man gut vorbereitet.

Werdende Eltern planen Geburt akribischer als früher

Werdende Eltern seien heute im Durchschnitt älter und würden die Geburt ihres Kindes immer akribischer planen. "Das hat sich wirklich stark verändert über die Jahre. Unsere Eltern-Infoabende sind immer restlos ausgebucht. Sie finden am ersten Mittwoch des Monats statt. Man sollte sich dringend vorher anmelden", rät Daniela Nicolaus. Die meisten gingen danach mit den Worten: "Dann sehen wir uns ja bald." An den Abenden kann man mit Hebammen und Ärzten sprechen und bekommt die gesamte Station vorgestellt. Die Stationschefin bietet auch Stillkurse an.

Was die kinderärztliche Versorgung der Neugeborenen anbelangt, arbeitet das Kamenzer Krankenhaus seit Anfang 2024 eng mit dem in Dresden-Neustadt zusammen. Der vorher zuständige, niedergelassene Kinderarzt aus Hoyerswerda ging in den Ruhestand. Eine eigene Kinderstation in Kamenz sei nach wie vor illusorisch und nicht geplant.