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Das Laden-Wunder der Löbauer Rittergasse

Eine Podologie-Praxis bringt neues Leben in das frühere "Drechselstübl" in der Rittergasse. Nun ist nur noch ein Laden frei. Eine Erfolgsstory mit Bauherren aus Polen.

Von Anja Beutler
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Die Rittergasse in Löbau ist keine große Geschäftsstraße - vielleicht auch gerade deshalb ist sie für Gewerbetreibende anziehend.
Die Rittergasse in Löbau ist keine große Geschäftsstraße - vielleicht auch gerade deshalb ist sie für Gewerbetreibende anziehend. © Matthias Weber/photoweber.de

Sabine Linke hat sich im früheren "Drechselstübl" in der Löbauer Rittergasse 4 inzwischen gut eingerichtet. Die Löbauerin hat sich ganz bewusst entschieden, mit ihrer Podologie-Praxis in diese kleine Gasse hinter dem Löbauer Rathaus zu ziehen. "Ich hatte zuletzt meine Praxis zehn Jahre lang in der Sachsenstraße 4", erklärt Linke. Aber dort seien Zuschnitt und Aufteilung der Räume nicht wirklich ideal für ihre Arbeit gewesen - und so habe sie schon immer die Augen nach etwas Neuem offen gehalten. Das frühere Drechselstübl, in dem Familie Weist bis Mitte 2022 Weihnachtsmänner, Engel und Osterhasen aus dem Erzgebirge verkauft hat, war für ihre Fußpflege-Praxis dann das Richtige. Es sieht nun freilich ganz anders aus: Alles ist frisch saniert und als Laden komplett neu zugeschnitten. Nur die markante Markise über dem Schaufenster, die lange Jahre die Schnitzereien aus dem Erzgebirge vor allzu viel Licht geschützt hat, ist geblieben.

Für die Rittergasse und die vielen Lädchen dort ist der Zuwachs durch die Podologie-Praxis ein Gewinn: Machte die schmale Straße, die an der Rückseite des Amtsgerichts als Sackgasse endet, doch vor einigen Jahren vornehmlich mit Schließungen Schlagzeilen: vom mehr als 30 Jahre bestehenden Handarbeitsladen von Petra Benitz, der 2018 schloss, über ein kurzes Intermezzo der Dampfbar bis zum "Löbauer Reisebüro" von Lars Kohlmann bis eben zum Drechselstübl. In den vergangenen fünf, sechs Jahren ging in einigen Läden das Licht dauerhaft aus. Einzig die Glaserei Klose in der Hausnummer 10 und der Bekleidungsladen "Mailys Shop" auf der gegenüberliegenden Seite blieben von dem Trend unberührt.

Polnischer Bauexperte saniert für Mieter

Dass der Trend nun wieder nach oben zeigt, liegt auch an Pawel Nowak, der mit seiner Familie und seinem Bau-Know-How zuletzt die Podologie-Praxis entsprechend vorrichten ließ. Der Pole hat in Löbau schon so manches Sanierungsobjekt selbst wachgeküsst oder Bekannten dabei geholfen, alte Häuser richtig schmuck zu sanieren. Seit der Wende ist Nowak im Baugeschäft und hat viel in Deutschland gearbeitet, weshalb er für Bekannte, die hier Geld in Immobilien anlegen wollen, eine gute Adresse zu sein scheint.

Nicht nur die podologische Praxis, sondern auch die "Kreative Hytte" von Roxana Wegener in der Rittergasse 6 ist seinem Sanierungseinsatz zu verdanken. "Jetzt hoffe ich noch, dass wir auch für die Nummer 5 einen geeigneten Mieter finden", sagt Nowak. Das Haus liegt vis-a-vis von Linkes Praxis und ist noch nicht fertig saniert. Das will Pawel Nowak auch erst in Angriff nehmen, wenn feststeht, wer hier einziehen wird: "Wir sanieren, wenn wir wissen, was der Mieter hier genau braucht", skizziert er sein Credo. Voraussetzung ist dann aber, dass sich der Mieter für mehr als ein Jahr bindet. Fünf Jahre strebt Nowak an, das sei überschaubar, findet er. Aber selbst das ist für einige Interessenten zu risikoreich.

Bei Wohnungen in der Rittergasse und anderswo in Löbau sei das hingegen kein Problem: "Die Wohnungen in den Häusern, die wir gemacht haben, sind gut vermietet", sagt der Bauprofi nicht ohne Stolz. Dabei setzen er und seine Investoren zum einen auf denkmalgerechte, aber auch durchaus auf exklusive, besondere Angebote. In einem Haus in der Rittergasse gebe es beispielsweise eine 150 Quadratmeter große Maisonnette-Wohnung. "Die ist besonders schön, mit Kamin", schwärmt er, "und sie ist vermietet." Bald werden auch das Eckhaus Rittergasse/Sporgasse weitere Mieter einziehen können: "Die Fassade ist fertig, in der ersten Etage wird noch gearbeitet", erklärt Nowak.

Neuer Schwung für Altstadtgassen

Gelder für die denkmalschutzgerechte Sanierung - die Rittergasse ist ja Stadtsanierungsgebiet - habe er für die jüngsten Vorhaben nicht beantragt: "Wir haben mit der Stadt gesprochen, es wäre eine geringfügige Summe möglich gewesen, aber der bürokratische Aufwand hätte in keinem Verhältnis gestanden", erklärt der Pole. Dennoch setzt er durchaus bewusst auf die Löbauer Altstadt - das hat er bereits bei seinen vorherigen Sanierungsprojekten immer wieder getan. Gerade für Gewerbetreibende sei die Lage toll: Die zentralen Plätze Altmarkt und Neumarkt sind ganz in der Nähe und bieten Parkplätze. Auch an verschiedene Buslinien ist Löbaus Zentrum gut angeschlossen.

Für den festen Kundenstamm von Sabine Linke ist das wichtig. Und für die anderen Neuansiedlungen auch: Denn mit der Eröffnung des Yoga-Studios "Im Moment" 2022 fing der Aufschwung der Rittergasse an. Auch die Fahrschule Ralf Ehrentraut hat hier ihr Büro und wird von dem Yoga-Studio und der "Kreative Hytte" gewissermaßen eingerahmt. Für Sabine Linke ist das ein ganz neues Gefühl: "Eine meiner Nachbarinnen sagte letztens, wir könnten ja mal einen Mädelsabend machen, so viele Frauen, wie wir hier als Unternehmerinnen sind", erzählt sie mit einem Augenzwinkern.