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Motorradfahrer wehren sich gegen Falschmeldung

Ein Hitler-Imitator sorgte unlängst auf Schloss Augustusburg für Aufsehen. Auch wenn im Internet anderes behauptet wird: Der MC Görlitz hat damit nichts zu tun.

Von Ingo Kramer
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Falko Herbig ist beim MC Görlitz aktiv.
Falko Herbig ist beim MC Görlitz aktiv. © nikolaischmidt.de

Sogar die Bild-Zeitung hat schon bei Wilfried Demuth angerufen. Doch sie war bei dem Mann vom Motorsportclub Görlitz e.V. (MC Görlitz) an der falschen Adresse. „Wir sind nicht der Veranstalter des Wintertreffens der Motorradfahrer am 11. Januar auf Schloss Augustusburg gewesen“, sagt Demuth.

Genau das nämlich war im Internet beim Kurznachrichtendienst Twitter behauptet worden. An sich wäre das ja noch nicht mal problematisch gewesen – wenn es nicht bei dem Treffen einen hässlichen Vorfall gegeben hätte: Dort tauchte ein Hitler-Imitator im Beiwagen eines Motorrades auf. So wurden im Internet schnell Anschuldigungen laut, wie der MC Görlitz so etwas auf seinem Fest tolerieren könnte.

Dieses Foto mit dem Hitler-Imitator im Beiwagen sorgte beim Kurznachrichtendienst Twitter für viel Aufregung.
Dieses Foto mit dem Hitler-Imitator im Beiwagen sorgte beim Kurznachrichtendienst Twitter für viel Aufregung. © twitter

Die Wahrheit sieht anders aus: Veranstalter des Treffens war Schloss Augustusburg selbst. Der MC Görlitz hat lediglich eine Winterzielfahrt organisiert, die bei dem Treffen endete. „Der Hitler-Imitator war bei dieser Zielfahrt nicht dabei“, stellt Demuth klar: „Wir haben ihn auch auf Schloss Augustusburg nicht gesehen.“ Das könne daran liegen, dass die Görlitzer am Sonnabend schon recht zeitig wieder abgereist sind. „Vielleicht kam der Imitator erst, als wir schon weg waren“, überlegt Demuth.

Verein bietet Selbstdarstellern keine Plattform

Er selbst ist im Internet weniger aktiv. Darum kümmert sich beim MC Görlitz in erster Linie Falko Herbig. Der war nun dem ganzen Wirbel ausgesetzt – und hat sich bei Facebook gegen die Falschmeldung zur Wehr gesetzt. „Der MC Görlitz steht in keinem Zusammenhang mit der Meldung“, schreibt Herbig auf Facebook: „Wir sind ein Motorsportclub, der keinem Selbstdarsteller auf seiner Jagd nach Aufmerksamkeit je eine Plattform geboten hat und auch nie bieten wird.“ Die Fahrt nach Augustusburg sei das Ziel gewesen und nicht Tumult und Klamauk vor Publikum.

„Als ich das bei Facebook veröffentlicht habe, gab's dort gleich wieder Tumult, da haben die sich bei Facebook alle beharkt“, sagt Herbig im Gespräch mit der SZ. Er habe das dann noch ein- oder zweimal kommentiert und den Leuten mitgeteilt, dass die Görlitzer damit nichts zu tun haben. „Das verstehende Lesen ist leider nicht jedem gegeben“, sagt Herbig mit bissigem Unterton.

Er selbst ist gar nicht in Augustusburg dabei gewesen. Und er sei auch sonst nirgendwo persönlich auf das Ganze angesprochen worden: „Das hat sich alles nur im Internet abgespielt.“ Denjenigen, der die Falschmeldung bei Twitter veröffentlicht hat, kenne er nicht: „Ich habe ihn gesucht, bin aber nicht zum Ziel gekommen.“ Der Mann habe offenbar flüchtig zwei Dinge kombiniert, die aber tatsächlich nichts miteinander zu tun haben.“

Verein hat Zielfahrt vor 20 Jahren wiederbelebt

Die von den Görlitzern organisierte Zielfahrt gab es zu DDR-Zeiten schon einmal. Nach der Wende schlief sie ein, doch vor rund 20 Jahren entschlossen sich die Görlitzer, die Tradition wiederzubeleben. Es ist eine offene Veranstaltung, zu der sich jeder anmelden kann: „Wir hatten schon Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet dabei“, sagt Herbig. Im Prinzip ist es eine Art Sternfahrt: Jeder kann starten, wo er will. Meist sind es zehn bis 20 Teilnehmer pro Jahr, diesmal waren es zwölf.

„Es könnten gern mehr sein“, sagt Herbig. Die Starter erhalten am Vorabend ein fünfbuchstabiges Codewort – und müssen dann zur Zielfahrt nacheinander fünf Orte anfahren, deren Namen mit den fünf Buchstaben beginnen – und zwar in der richtigen Reihenfolge. Zum Beweis, dass sie da waren, müssen sie in jedem Ort etwas kaufen und den Kassenbon mitbringen. Sieger ist der, der in den acht Stunden des Wettbewerbes die meisten Kilometer zurückgelegt hat – und der tatsächlich fünf Kassenbons vorlegen kann und pünktlich am Ziel ist.

Leute, die sich nur darstellen wollen, haben an diesen Zielfahrten noch nie teilgenommen. „Wir bieten denen keine Plattform – egal, ob nun als Hitler, Einhorn oder Mickey Maus verkleidet“, sagt Herbig. Aber wer nur auf Show aus sei, werde ohnehin zu keinem Sportverein gehen.

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