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Der Dampfer-Junge, den jeder kannte

Als Kind war Matthias Haufe ein gern gesehener Gast auf allen Elbedampfern. Wie er die Krise heute verfolgt.

Von Henry Berndt
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Niemand hielt in den 90er-Jahren so stolz die Wimpelketten wie Matthias Haufe (Mitte).
Niemand hielt in den 90er-Jahren so stolz die Wimpelketten wie Matthias Haufe (Mitte). © privat

Dresden. Eigentlich hätte er Dampfer-Kapitän werden müssen. Wer, wenn nicht er? Jeder, der in den 90er-Jahren etwas enger mit der Sächsischen Dampfschiffahrt verbunden war, kannte auch Matthias, den Dampfer-Jungen.

Matthias Haufe stammt aus Pirna und war schon als Achtjähriger davon fasziniert, wie sich die die Dampfschiffe majestätisch die Elbe entlang schoben. "1994 nahmen mich meine Großeltern mit auf eine Fahrt mit der 'Kurort Rathen' von Pirna nach Rathen", erinnert er sich. "Auf dem Spazierweg zurück nach Wehlen schaute ich gebannt dem vorbeiziehenden Dampfer nach." 

Das Gefühl, das er in diesem Moment empfand, sollte ihn nie wieder loslassen. Bald begann er, die Dampfer zu fotografieren, recherchierte ihre Geschichte, sammelte alte Postkarten. Ob "Pillnitz", "Stadt Wehlen", "Meissen" oder "Leipzig" - bald kannte er sie alle.

Er kannte sie alle: Hier posiert Matthias 1998 stolz auf der "Rathen".
Er kannte sie alle: Hier posiert Matthias 1998 stolz auf der "Rathen". © privat

Eines Tages stand er gerade wieder am Anleger in Pirna, um zu schauen, wie die "Meissen" anlegt. "Da ich nicht unentdeckt blieb, fragte mich der damalige Steuermann , ob ich mal mitfahren möchte." Natürlich wollte er das.

1998 brachte eine Lokalzeitung eines seiner Bilder auf ihrer Titelseite und schrieb dazu einen Beitrag über den Jungen, der inzwischen bekannt sei wie ein "bunter Hund". Wenig später drehte auf der "Disney Club" von RTL mit Matthias Haufe und sendete einen dreieinhalbminütigen Beitrag. "Ein Wahnsinnserlebnis."

Bald durfte Matthias auf allen Schiffe mitfahren, mit putzen und in Pirna anleinen. Er lernte Schiffsknoten, durfte bei den Flottenparaden Fotos von den entgegenkommenden Schiffen machen und habe unter Brücken die Wimpel zwischen Schornstein und Heckflagge gehalten, damit sich das Seil nicht verheddert. "Ich war im Winter ständig auf der Schiffswerft in Laubegast um das aktuelle Geschehen um die Instandhaltung der Schiffe mit zu erleben", erinnert er sich.

Auch die Verschrottung der beiden dieselelektrischen Radschiffe "Gräfin Cosel" und "August der Starke" 1997 und 1998 sowie der Dampfer "Schmilka" und "Junger Pionier" 2001 habe er schmerzvoll miterlebt und später die Dampfer im Ruderboot des Pirnaer Rudervereins aus nächster Nähe bestaunt.

Inzwischen haben ihn Ausbildung und Beruf von der Elbe weggezogen. Doch die Faszination für die Dampfschiffahrt hat er sich bis heute bewahrt.
Inzwischen haben ihn Ausbildung und Beruf von der Elbe weggezogen. Doch die Faszination für die Dampfschiffahrt hat er sich bis heute bewahrt. © privat

Was Matthias Haufe nicht wurde, war Kapitän. Ausbildung und Beruf zogen ihn weg aus Pirna und Dresden. Heute lebe er in Würzburg und arbeitet im Bereich der Abwasserbeseitigung. 

Dampfschiffe sind dennoch seine Leidenschaft geblieben, ob an der Elbe, am Lago Maggiore, an Seen in Bayern oder in der Schweiz.

"Ich hoffe inständig, dass eine Lösung zum Fortbestand der Dampfschifffahrt auf der schönen Elbe gefunden werden kann", sagt Matthias Haufe. "Nicht nur, weil es ein extrem prägendes Ereignis war, sondern auch weil die Schiffe ein Kulturgut von unwiderbringlichem Wert sind."

Haben auch Sie Erinnerungen an Dampfschifffahrten auf der Elbe, die Sie nie vergessen werden? Berichten Sie uns von Ihren witzigen, traurigen oder berührenden Erlebnissen und schicken Sie uns die Geschichten per E-Mail an [email protected] oder per Post an Sächsische Zeitung, Stadtredaktion, Ostra-Allee 20 in 01067 Dresden.


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