SZ + Dresden
Merken

Gaming in der Corona-Auszeit

Weil sie auf Arbeit gerade nicht gebraucht wird, nutzt die Dresdnerin Marie Wiedenbeck die Zeit für Videospiele - und lässt sich dabei zuschauen.

Von Henry Berndt
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Spiele-Sessions von Marie Wiedenbeck ziehen regelmäßig ihre Fans an.
Die Spiele-Sessions von Marie Wiedenbeck ziehen regelmäßig ihre Fans an. © Sven Ellger

Dresden. Eigentlich müsste sie gerade für ihre Abschlussprüfung pauken. Für den 28. April war der Termin angesetzt - bevor Corona kam. Nun wurde die Prüfung zunächst um zwei Monate verschoben, und damit auch ihr angepeilter Abschluss als Einzelhandelskauffrau. 

Natürlich nervt das Marie Wiedenbeck, zumal auch der Videospiele-Laden, in dem sie normalerweise arbeitet, bis auf Weiteres geschlossen bleiben muss. Doch die 25-Jährige weiß sich zu beschäftigen und diese Zwangs-Auszeit zu nutzen. "In den letzten Monaten hatte ich viel zu wenig Zeit für mein Hobby", sagt sie. "Jetzt kann ich dort gerade wieder voll angreifen."

Marie ist Gamerin, eine Spielerin also. Sie selbst nennt sich aber lieber Streamerin, da sie nicht einfach nur vor dem Computer sitzt und zockt wie Tausende andere, sondern sich und ihr Spiel dabei live im Internet überträgt. Seit fünf Jahren sendet die 25-Jährige über ihren unaussprechlichen Kanal "xMeowlinax" beim Streaming-Videoportal Twitch und hat sich dort mit der Zeit eine größere Fangemeinde aufgebaut.

Das heißt: Sie spielt Videospiele und plaudert dabei - und andere schauen ihr dabei zu.  Die nahe liegende Frage ist: Warum spielen die anderen nicht stattdessen lieber selbst? "Ich denke, dass viele schon alles durchgespielt haben", sagt Marie. "Vielleicht haben sie auch schon alle Serien geschaut und finden das ganz lustig, was ich hier mache."

In Corona-Zeiten ist Marie auf der Online-Plattform Twitch. jeden Tag live zu sehen.
In Corona-Zeiten ist Marie auf der Online-Plattform Twitch. jeden Tag live zu sehen. © Screenshot Twitch

Die meisten Kinder der 90er (und älter) dürften sich bei diesem Gedanken ziemlich alt fühlen. Für viele Jüngere aber hört sich das ziemlich cool an. Zu Maries Favoriten gehören Horrorspiele und Spiele, in denen sie den Verlauf selbst beeinflussen kann. Mit den typischen Ego-Shootern kann sie dagegen nichts anfangen.

Mit ihren langen, rot gefärbten Haaren - ihr Markenzeichen - ist sie zunächst groß im Bild zu sehen. Hinter ihr flackert ein (digitales) Lagerfeuer. Der Zuschauer soll sich ja wohlfühlen. Manchmal sind auch ihre Katzen oder ihr Hund zu sehen. Nach einer ausgiebigen Begrüßung mit leichter sächsischer Note wird ihr Bild kleiner und man kann stattdessen live verfolgen, wie sie sich im Spiel schlägt. Dabei kommentiert Marie mit Vorliebe ihre Erfolge und Fehler, lacht, kreischt und quiekt, wenn es sein muss.

Mehr zum Coronavirus:

Über das Coronavirus informieren wir Sie laufend aktuell in unserem Newsblog.

"Das ist alles authentisch", betont sie, "aber natürlich will ich damit auch unterhalten. Den Zuschauer kostet das grundsätzlich nichts, aber es ist jederzeit herzlich eingeladen, ihr eine kleine "Aufmerksamkeit" zu übermitteln. 

Computerspiele faszinieren Marie schon, seit sie sechs Jahre alt ist. Bevor sie ihren eigenen PC bekam, schaute sie oft ihren Brüdern über die Schulter. Inzwischen ist sie längst selbst Profi und möchte ihre digitalen Welten nicht mehr missen. Eine normale Session vor dem Computer dauert zwischen fünf und sechs Stunden. Durchaus möglich sind aber auch mal zwölf oder gar 24 Stunden. "Das ging dann aber wirklich an die Substanz", sagt sie. "Für so was bin ich einfach zu alt." 

Jetzt, in der Corona-Auszeit, spielt sie meist eine Runde über den Mittag und dann abends nochmal ab 21 Uhr bis in den Morgen hinein. Neben dem Spaß an der Sache kann Marie mit ihrem Einsatz am PC sogar Gutes tun.

Dabei nutzt sie ihre Bekanntheit in der Szene, um Spenden für andere und ein paar Karma-Punkte für sich selbst zu sammeln. Im vergangenen Jahr erspielte sie bei einer Session stolze 700 Euro für ein Tierheim.

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter "Dresden kompakt" und erhalten Sie alle Nachrichten aus der Stadt jeden Abend direkt in Ihr Postfach.

Mehr Nachrichten aus Dresden lesen Sie hier.